Eine Uni-Mitarbeiterin über Höhen und Tiefen der Gleichberechtigung

Eine Uni-Mitarbeiterin über Höhen und Tiefen der Gleichberechtigung

Es hat meine Kampfeslust geweckt, dass ich das Gefühl bekam, beschissen zu werden“, sagt Evi Poblenz und grinst breit. Sie sitzt an einem von zwei sich gegenüberstehenden, Schreibtischen. Beide sind über und über mit Bergen von Aktenordnern und Unterlagen bedeckt. An den Wänden türmen sich zwei große Aktenschränke. Trotzdem ist in dem winzigen Büro noch Platz für die unzähligen Kübel mit tropischen Farnen und Palmen. Ein süßlicher, pflanzlicher Duft schwebt in der Luft, die von Poblenz’ ruhiger Stimme erfüllt wird. „Ich war geschockt, dass, obwohl es immer schon Gleichberechtigung hieß, Frauen es in bestimmten Studiengängen schwieriger hatten“, sagt die 56-jährige technische Angestellte, die in der Arbeitsgruppe Makromoleküle am Institut für Physik an der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin arbeitet. Immer wieder ist sie in ihrem Berufsleben auf das Thema der Gleichberechtigung gestoßen. Jahrelang hat sie deshalb ehrenamtlich als Frauenbeauftragte am Institut gearbeitet.

Sie wollte Kriminalistik studieren

Eigentlich wollte Poblenz Kriminalistik studieren, damals noch in der DDR. „Da wurde mir gesagt, dass sich für die nächsten zwei Jahre keine Frauen bewerben brauchen. Das hat mich damals ziemlich verunsichert“, berichtet sie empört. Ihre goldblonden Haare umrahmen das runde Gesicht, dessen klare Augen sich fest auf ihr Gegenüber richten. Sie wollte dann über den Umweg eines Studiums der Werkstoffwissenschaften doch noch ihren Traumberuf anstreben. Die Frauenquote unter den Studienanfängern in den Ingenieurwissenschaften lag damals laut einer Studie des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit bei etwa 8 Prozent. „Diese Arroganz, Frauen hätten keine Ahnung von Technik, dieses unterschwellige Anzweifeln der Kompetenz hat sich schon bemerkbar gemacht hat.“ Nach ihrem Abschluss ist Poblenz über die Absolventenvermittlung der DDR an das Institut für Physik der HU gekommen. Nach der Wende hat sie in der Arbeitsgruppe der Physik von Makromolekülen eine unbefristete Stelle bekommen, was in der Forschung durchaus eine Rarität ist. „Es ist nie langweilig, weil man hier diesen Überlapp zwischen Physik, Chemie und Biologie hat. Man ist immer am Zahn der Zeit.“

Komplexere Experimente für Schülerinnen

Vor 17 Jahren wurde Poblenz, die zwei Kinder hat, vom damaligen Institutsdirektor gefragt, ob sie nicht Frauenbeauftragte werden wolle, weil sie ja so eine engagierte Frau sei. „Ich habe mich schon immer für Kinder und Frauen auch in meiner Freizeit engagiert.“ Bis 2008 hat sie sich diese Arbeit zeitweise noch mit einer Wissenschaftlerin und einer Doktorandin geteilt. „Das war wirklich eine schwierige Zeit. Wofür wir richtig hart gekämpft haben, wurde teilweise bis ins Lächerliche gezogen.“ Dazu gehörte Poblenz’ Herzensprojekt Club Lise. Es ermöglicht Schülerinnen ab der 10. Klasse, auch komplexere Experimente selbst durchzuführen und Frauen, die Physik studiert haben, an ihrem Arbeitsplatz zu besuchen. „Da soll man nicht nur diesen Nerd im Kopf haben, diese Mädchen mit dicker, fetter Hornbrille, sondern attraktive, hübsche Frauen mit spannender Arbeit von der Bionik bis zur Hirnforschung.“ Dass sie ihre Aufgabe als Frauenbeauftragte so ernst genommen haben, hätte der Institutsleitung dann doch nicht gepasst. „Am liebsten wäre ihnen wohl eine gewesen, die alles einfach nur unterschreibt.“

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