Gengenbach zelebriert das Adventskalenderhaus

Gengenbach zelebriert das Adventskalenderhaus

Fast jeder, der das Adventskalenderhaus zum ersten Mal besucht, zählt die Fenster und die meisten wundern sich“, schmunzelt Reinhard End. Die beiden Dachgaubenfenster würden oft übersehen, erklärt der pensionierte Lehrer. Wenn man sich von seinem fesselnden Vortrag im Museum Haus Löwenberg löst, erblickt man das Herzstück des Gengenbacher Weihnachtsmarktes: die Fassade des größten Adventskalenderhauses der Welt. Das barocke Kleinstädtchen Gengenbach liegt am Fuße des mittleren Schwarzwalds nahe Offenburg. Auf dem Weihnachtsmarkt zwischen verschachtelt gebauten Fachwerkhäusern naschen Besucher Maronen und bestaunen ein Adventsspektakel. Jeden Winter verwandelt sich das Rathaus in einen gigantischen Adventskalender, gefüllt mit Bildern bekannter Künstler.

Katzen und barocke Pracht

Der 67-jährige Reinhard End, der im ehrenamtlichen Team das Museumsprogramm im Haus Löwenberg gestaltet, hat diese Tradition vor 21 Jahren mitbegründet. Jeden Dezemberabend um 18 Uhr wird bis Heiligabend ein Fenster geöffnet, ein neues Werk enthüllt. Im Kalender 2016, der in dieser Form noch zwei Jahre gezeigt werden wird, befinden sich beispielsweise Kreationen Andy Warhols, die ungewöhnliche Motive seines Frühwerkes zeigten. Damit Warhols Engel und Katzen in den Fenstern ihre Wirkung entfalten, wurden die Hintergründe in Abstimmung mit der Warhol Foundation zusätzlich koloriert und als Fotofolie auf einer Acrylscheibe in den Fenstern angebracht. Diese Leuchtscheiben fügen sich perfekt in die barocke Fassade mit dem blau-goldenen Rankenwerk.

Für alle Fenster gibt es einen Paten, der für die Finanzierung des Bildes zuständig ist. Meist sind dies Gengenbacher Geschäftsleute, die sich darüber im Klaren sind, dass das Kalenderhaus eine Attraktion ist, die täglich mehrere tausend Besucher in die Altstadt zieht. Die Organisation des Kalenders bewältigt ein Team Ehrenamtlicher. Viele Ideen werden erst im Laufe mehrerer Jahre kalenderreif gemacht. Die Warhol-Idee entstand vor zehn Jahren.

Geschäftstüchtiger Künstler

Parallel gibt es eine „Indoor-Ausstellung“ zum jeweiligen Kalenderkünstler. Reinhard End kontaktierte die Warhol-Stiftung in Pittsburgh und fragte Warhol-Besitzer in ganz Deutschland nach Leihgaben. Der in Gengenbach geborene Sammler Frieder Burda öffnete Türen, auch zur gesamten Verlegerfamilie Burda, die ebenfalls von Warhol in zahlreichen Werken dargestellt wurde. Warhol ist als geschickter Geschäftsmann bekannt. Seine Profitorientiertheit führte dazu, dass es von ihm wenige Unikate gibt, da er die meisten seiner Werke in Menge produzieren ließ, um höchstmöglichen Gewinn und Verbreitung zu erzielen. „Dass wir Lizenzen für 24 Bilder brauchten, hätte Andy glücklich gemacht“, lacht End, der mehrmals täglich Besucher durch die Ausstellung führt. Dann geht er zum Sprecherhäuschen auf dem Marktplatz. Zum Glockenschlag 18 Uhr beginnt das Öffnungsritual. Er spricht nach seinen rund 500 Fensteröffnungen mit geübter Stimme in der Audiokabine.

Uriger Marktmeister, Freude und Filme

Hinter der Bühne wuseln Kinder im Alter von fünf bis 16 Jahren umher und bereiten sich auf ihr bevorstehendes Mini-Musical vor. Der 16-jährige Malte Biermann war zehn Jahre lang Darsteller, nun betreut er die Technik: „Hier Verantwortung zu übernehmen und vieles organisieren zu dürfen, macht einfach Spaß.“ Die Zuschauer strahlen beim Anblick der Kinder und des urigen Marktmeisters Bem Steiner auf der Rathausbühne. Viele filmen. Dann folgt der Höhepunkt: Zu Ends Worten schweift ein großer Scheinwerfer über viele schon geöffnete Fenster bis er schließlich auf einem noch geschlossenen ruht. Vor freudigen Gesichtern wird das Bild enthüllt.

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