Stindl schwer verletzt beim 1:1 – Borussia macht Boden gut mit „Pyrrhus-Punkt“


Das international verständliche Signal für „Auswechseln!“ kam zu schnell, um noch guter Dinge zu sein. Vor allem kam es von Lars Stindl selbst, während er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden wälzte. Auch die Verteidigung des FC Schalke um Thilo Kehrer, Benjamin Stambouli und Naldo ließ nun von Borussia Mönchengladbachs Kapitän ab, nachdem sie ihm zuvor noch befohlen hatte, wieder aufzustehen. Nein, hier lag keinerlei Theatralik mehr in der Luft, hier war gerade ein großer Traum geplatzt, nämlich der von der Teilnahme an der WM in Russland.

Den schweren Gang an der pöbelnden Schalker Nordkurve vorbei in die Kabine trat Stindl mit Unterstützung der Mannschaftsärzte an, am Sonntagvormittag stützten ihn dann Krücken auf dem Weg in den Borussia-Park. Die Diagnose: Verletzung des Syndesmosebandes im linken Sprunggelenk, Stindl muss operiert werden. „Sich zu diesem Zeitpunkt so schwer zu verletzen, ist sehr hart“, sagte der 29-Jährige.

Was die Verletzung für Stindl bedeutet, ist mit Blick auf die WM klar. Dass die Folgen für Borussias Europapokal-Ambitionen nicht so leicht abzusehen sind, hat auch mit diesem 1:1 beim FC Schalke zu tun, das Trainer Dieter Hecking zurecht als „hochemotionales und intensives Westderby“ bezeichnete. Benötigt Stindl eine für seine Verletzung durchschnittliche Genesungszeit, wäre Ende Juli wieder mit ihm zu rechnen. Entweder kommt Borussia dann gerade aus dem Trainingslager und läutet die heiße Phase der Vorbereitung an – oder es steht das erste von bis zu sechs Qualifikationsspielen für die Europa League an.

Die zahlreichen Geschichten dieser hitzigen Partie auf Schalke sind am besten chronologisch zu erzählen, weil sie größtenteils zusammenhängen. In der 13. Minute sah Nabil Bentaleb nach einer kleinen Handgreiflichkeit gegen Stindl die Rote Karte, der Kapitän machte etwas mehr daraus, als nötig war. Borussia ging in Überzahl nach einem feinen Angriff durch Raffael in Führung, Stindl knickte folgenschwer um, Christoph Kramer bekam den Ball an die Hand und Daniel Caligiuri schoss vom Elfmeterpunkt am Ende der ersten Halbzeit den Ausgleich – zwei Minuten nachdem Schiedsrichter Harm Osmers noch entschlossen signalisiert hatte, weiterzuspielen. Für drei Verwarnungen gegen Gladbach ist in der Aufzählung kaum Platz, aber sie sorgten dafür, dass Kramer, Zakaria und Jannik Vestergaard gegen den SC Freiburg gesperrt fehlen werden.

Minus drei minus eins aus personeller Sicht, aber plus eins plus drei minus eins in der Tabelle – Borussias Rechnung war kompliziert, aber einleuchtend. Da Eintracht Frankfurt beim FC Bayern 1:4 verlor, ist die Mannschaft dem siebten Platz einen Punkt und drei Tore näher gekommen. Gleiches gilt für den sechsten, weil RB Leipzig beim FSV Mainz ein 0:3 kassierte. Zwei Punkte liegt Borussia hinter der möglichen Teilnahme an der Europa-League-Qualifikation, drei hinter dem direkten Ticket – immer vorausgesetzt, Frankfurt gewinnt nicht den DFB-Pokal. Nur der VfB Stuttgart funkte ein wenig dazwischen und ließ Borussia auf den neunten Platz abrutschen. Der Aufsteiger spielt allerdings noch gegen 1899 Hoffenheim und die Bayern.

„Ich kann mit dem Punkt leben“, sagte Hecking, obwohl er selbst zugab, dass Borussia die Überzahl nach der Pause nicht mehr gut ausgespielt habe. „All in“ konnte man allerdings auch nicht gehen, weil noch niemand weiß, wie wertvoll dieser vermeintliche „Pyrrhus-Punkt“ am Saisonende womöglich sein wird. Hecking gratulierte Domenico Tedesco aufrichtig zum so gut wie feststehenden Einzug in die Champions League und beantragte „Schalker Hilfe“ am letzten Spieltag. Dann ist Eintracht Frankfurt in der Arena zu Gast. Es hängt alles mit allem zusammen in dieser Saison. Borussia ist das beste Beispiel dafür, wie selbst- und fremdverschuldete Probleme zu einem schwer zu entwirrenden Geflecht werden. Am Wochenende haben Gladbacher Pessimisten wie Optimisten ausreichend Futter bekommen.

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