Stuttgart – Die Früchte der Rose sind die Hagebutten, die Sonne geht in unseren Breiten im Osten auf, und Hühner legen ein Ei am Tag und nicht drei. Diesen Durchschnittswert gaben Kinder im Jugendreport Natur von Rainer Brämer an, Natursoziologe an der Universität Marburg. Das war 2010, doch das Interesse an der Natur ist seither eher noch gesunken. So gibt es immer mehr Kinder, die noch nie im Wald gespielt haben. Kein Wunder, dass viele bei der Befragung vermuteten, der weibliche Hirsch sei das Reh und deren Kind das Kitz – häufig von ihnen auch „Kids“ geschrieben. Für viele Kinder ist die Natur etwas Abstraktes, denn es fehlen Erlebnisse im Freien, an die sie sich lebhaft erinnern und die sie prägen.
Das belegt auch die Kim-Studie 2014, die der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest regelmäßig zum Medienverhalten der Kindergeneration in Deutschland herausbringt. Demnach ersetzen Smartphones zunehmend Naturkontakte und das Interesse an Tieren. Waren bis 2008 noch 75 Prozent der Kinder Kontakte zu (Haus-)Tieren wichtig, so sank die Zahl 2010 auf unter 60 Prozent. Rainer Brämer spricht von „Veränderungen im kindlichen Interessenhorizont“: „Draußen“ verliere an Attraktivität: „Der Gegentrend von der äußeren zur artifiziellen Welt setzt um das Jahr 2010 ein.“ Offensichtlich hielten die sozialen Netzwerke Kinder davon ab, sich noch mit etwas anderem zu beschäftigen, sagt Brämer. Bei seiner Studie „Outdoor im Trend?“ hat er festgestellt, dass die Natureuphorie der Jahrhundertwende auch bei Erwachsenen abgeflaut sei und „sich in die Hochglanzseiten artifizieller Landlust-Magazine verzogen“ habe.
„Jahrzehntelang ist das Thema Naturerlebnis unter dem Gesichtspunkt behandelt worden, dass dabei ein größeres Umweltbewusstsein herauskommen soll. Mehrere Studien belegen jetzt aber, dass wir – da wir selber Naturwesen sind – uns in einer natürlichen Umgebung auch am besten entwickeln“, sagt Brämer: „Das gilt für unsere Stimmung, die körperlichen und die psychischen Zustände und die Entwicklung von Fähigkeiten. “ Natur sei ein Umfeld, in dem sich Emotionen stark entfalteten.
Aber wie einsteigen? „Wandern ist für Kinder wohl eher nicht so das große Stichwort“, meint Brämer. „Wenn man mit Kindern rausgeht, tun sie sich auf ganz eigene Weise um.“ Waldkindergärten seien ein gutes Beispiel dafür. „Kinder beschäftigen sich in der Natur sofort selbst, entwickeln Spiele, übernehmen Rollen, das geht sehr schnell.“ Meistens reiche es deshalb schon, einfach rauszugehen mit den Kindern. Es habe sich auch gezeigt, dass sie in der Natur ein breites Spektrum an Fähigkeiten entwickelten: „Was wir eigentlich für Schule halten, dieses Vorratslernen an abstrakten Programmen, das braucht man in der Natur nicht.“
Möglichkeiten, die Natur zu erleben, gibt es für Kinder und Jugendliche in vielen Varianten. Da sind die Aktionen, Freizeiten und Ferienprogramme der Naturschutzverbände, die Ferienwaldheime der Kirchen und die Angebote von Vereinen, Organisationen und Einrichtungen. „Es gibt vielfältige Gründe, warum es wichtig ist, Kinder an die Natur heranzuführen“, sagt Nico Teerenstra, Geschäftsführer der Naturschutzjugend (Naju) Baden-Württemberg. „Ein ganz simpler: Bewegung an der frischen Luft tut gut. Aber Natur hilft zum Beispiel auch zu verstehen, dass wir ein kleiner Teil eines großen Ganzen sind. Natur ist nie gleich, man kann sie jeden Tag anders erleben, neue Dinge sehen.“
Teerenstra meint auch: „Kinder können dann ein realistisches Naturbild entwickeln, wenn sie Natur selbst erleben. Von diesem grundlegenden Verständnis profitiert die Natur. Wer sie in jungen Jahren kennen- und lieben lernt, geht verantwortungsvoll mit Natur und natürlichen Ressourcen um.“
Jugendfarmen und Aktivspielplätze stehen allen Kindern ohne Mitgliedschaft fast täglich offen. Hans-Jörg Lange, Geschäftsführer beim Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze (BdJA), sieht die Natur als „elementaren Spiel-, Erfahrungs- und Erlebnisraum“. Insbesondere für Stadtkinder bestehe kaum noch die Möglichkeit, den Umgang mit Pflanzen und Tieren zu erleben und zu lernen, weil die Natur immer mehr aus den Städten verdrängt werde. Ein naturarmes Umfeld schränke aber die Entfaltungsmöglichkeiten von Kindern ein. Deshalb seien Abenteuerspielplätze, Jugendfarmen und Kinderbauernhöfe wichtige Ausgleichsräume, in denen Kinder die Anforderungen der technisierten und geregelten Erwachsenenwelt verarbeiten und angestaute Energien ausleben könnten.
Der Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich stellte fest: „Der junge Mensch braucht seinesgleichen, nämlich Tiere und Elementares, Wasser, Dreck, Matsch, Gebüsche, Spielraum. Man kann ihn auch ohne dies alles aufwachsen lassen, mit Stofftieren, Teppichen, auf asphaltierten Straßen und Höfen. Er überlebt es, doch man soll sich dann nicht wundern, wenn er später bestimmte soziale Grundleistungen nicht mehr erlernt.”
Die Psychologin Elke Leger schreibt im Familienhandbuch des bayerischen Staatsinstituts für Frühpädagogik: „Bei seiner Geburt bringt das Kind die Neugier auf seine natürliche Umgebung mit auf die Welt. Es liebt Wasser, Matsch und Modder, Blumen, Stöckchen und Steine, will sich bewegen, klettern, toben. Es liebt die Sonne und den Schnee, spürt gern den kalten Wind auf seinem Körper und weigert sich entschieden, die Jacke anzuziehen, die die fürsorgliche Mutter ihm reicht. Es liebt Tiere, für die es verantwortlich sein darf und mit denen es Zwiesprache halten kann. Es liebt den Wald mit seinen geheimnisvollen Düften nach nassem Laub und Pilzen und den Versteck-Plätzen zwischen tief hängenden Zweigen. Es möchte die Natur spüren, weil es noch eins ist mit ihr. Wie wenig Rücksicht nimmt unsere moderne Welt auf dieses Bedürfnis!“
Martina Walz hat in ihrer Masterthesis zur Abschlussprüfung an der Justus-Liebig-Universität Gießen den offenen Betrieb von Kinder- und Jugendfarmen empirisch analysiert. Demnach sind die Naturerfahrungen der Kinder dort „vielfältig, direkt, ganzheitlich, aktiv und integrativ“. Neben den kindlichen Bedürfnissen würden auch die Grundbedürfnisse „erlebte Autonomie“, „soziales Eingebundensein“ und „Kompetenzerfahrung“ erfüllt. Insbesondere bei Stammkindern der beiden untersuchten Jugendfarmen stellt sie einen gesteigerten verantwortlichen Umgang mit der Natur fest.
Elke Leger meint: „Um einem Kind die Natur nahezubringen, braucht es gar nicht viel: nur genug Raum und Zeit zum Toben und Kräftemessen unter freiem Himmel.“
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Wenn ich Qualität hören will, dann muss ich Schallplatte hören“, sagt Holger Neumann, der Geschäftsführer der Schallplattenfabrik Pallas GmbH aus Diepholz. „Das ist so eine Art, die Musik zu zelebrieren, wie vielleicht ein anderer einen Wein genießt oder eine Zigarre raucht. Dafür muss ich mir Zeit nehmen.“ Ein erstes Gespür für die Renaissance der Vinylplatte hatte Neumann 1996 während der Love Parade in Berlin, wo eine Nachfrage nach Schallplatten aufkam. „Das waren zwar nicht viele in einer hohen Auflage, aber ich persönlich hatte so ein Feeling, dass die Schallplatte nicht tot ist und sich da eventuell was entwickeln könnte.“
Etwa im Jahr 2008 setzte dann der Vinyl-Boom ein; die hohe Nachfrage „hat uns völlig überrollt“, sagt Neumann – zum Vorteil für das Unternehmen, denn man war vorbereitet. Zur Verfügung standen Maschinen und Mitarbeiter mit Erfahrung. Diese waren während der Vinyl-Flaute von der Schallplattenproduktion in den CD-produzierenden Bereich gewechselt. „Viele andere Firmen hatten ihre ganzen Fertigungsgeräte für die Schallplatte vernichtet, einfach verschrottet. Die konnten gar kein Vinyl mehr machen“, erzählt Neumann.
Pallas ist nach Angaben des Geschäftsführers eines von fünf verbliebenen Plattenunternehmen in Europa. Sie produzieren und produzierten für internationale Stars wie Beyoncé, Miley Cyrus, Sam Smith, Metallica und Michael Jackson. Die Platten verkauft die Fabrik nicht direkt, sondern an Auftraggeber wie Sony Music, Universal Music Group und Warner Music Group. Diese haben Labels, in denen die Künstler unter Vertrag sind. Sony Music und die Universal Music Group seien die Hauptkunden und garantierten die Aufträge, sagt Neumann. „Hier sieht es teilweise aus wie im Fort Knox: Tore zu, Kameraüberwachung, Handys müssen abgeschottet werden“, berichtet Neumann. So werde verhindert, dass Topsecret-Aufträge vor ihrem eigentlichen Veröffentlichungsdatum auf den Markt kämen.
Nachfrage in der Pandemie gestiegen
Gerade hat man das 75-jährige Jubiläum gefeiert. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 240 Mitarbeiter. Die Produktion läuft fünf Tage die Woche, jeweils in drei Schichten. Die Kapazitäten der Maschinen ermöglichen die Fertigung von 170.000 Schallplatten in der Woche. Für 2023 schätzt der Geschäftsführer das Gesamtvolumen der Tonträger auf weit über 13 Millionen. 2020 seien es erst rund 5,1 Millionen Tonträger gewesen.
„In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Tonträgern besonders stark gestiegen, denn die Menschen hatten viel Zeit und haben viele Vinylplatten vor allem online gekauft“, berichtet Neumann. Es sei schwierig gewesen, die vielen Aufträge abzuarbeiten. 2023 habe der Umsatz deutlich über 10 Millionen Euro gelegen.
Wie erklärt sich Holger Neumann den Vinyl-Boom trotz steigender Bedeutung von gestreamter Musik? „Das ist zwar alles Musik, aber keine Qualität“, sagt er. „Da die Tonsignale, anders als bei der CD, nicht in Datenpaketen vorliegen, hat die Vinylplatte eine höhere Klangdynamik, und die musikalische Darbietung ist somit dynamischer und gewinnt an Authentizität.“
Nach seiner Erfahrung lassen sich Tonträger besonders auf Konzerten gut verkaufen, wo die Menschen im direkten Kontakt zu der Musik stehen und sie live erleben. Sie bewahrten sich das Musikerlebnis dann auf der Schallplatte. Nach Neumann kaufen besonders zwei Altersgruppen die Schallplatten: Menschen über 50 Jahre und, was ganz verwunderlich sei, viele Jugendliche im Alter zwischen 18 und 32 Jahren.
Der Artikel stammt aus dem F.A.Z.-Schülerprojekt „Jugend und Wirtschaft“
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Bildungsministerin Stark-Watzinger sieht Schulen in der Pflicht, die Jugend für den Ernstfall zu wappnen. Dafür müssten Zivilschutzübungen abgehalten und Lerninhalte angepasst werden. Grundsätzlich brauche es ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“.
Schulen sind aus Sicht von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in der Verantwortung, junge Menschen auf den Kriegsfall vorzubereiten. „Die Gesellschaft muss sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken.“
Die FDP-Politikerin sprach sich dafür aus, Zivilschutzübungen an Schulen abzuhalten. In anderen Ländern wie Großbritannien werde viel natürlicher mit dem Thema umgegangen. „Dort gehören Übungen für den Katastrophenfall an Schulen zum Alltag. Davon können wir lernen“, sagte Stark-Watzinger.
Ministerin regt mehr Offiziersbesuche an
Sie rief die Schulen dazu auf, ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. „Ich halte es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Vorbehalte diesbezüglich könne sie „nicht nachvollziehen“.
Die jungen Menschen müssten die Bedrohungen der Freiheit kennen und mit den Gefahren umgehen können, sagte Stark-Watzinger. Das müsse kein eigenes Schulfach, aber Lerninhalt sein. Die Schulen hätten die Aufgabe, Risiken altersgerecht aufzuzeigen, sagte sie. „Dabei geht es auch darum, Sorgen und Ängsten zu begegnen.“
Eine Rückkehr zur Wehrpflicht lehnt Stark-Watzinger ab. Die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht nannte sie „derzeit verfehlt“. Die Wehrpflicht sei ausgesetzt worden, weil sie verfassungsrechtlich nicht mehr tragbar gewesen sei. Man dürfe jetzt nicht davon ablenken, was gerade wirklich notwendig sei, nämlich die Bundeswehr so auszustatten, dass sie verteidigungsfähig sei.
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Wir übernehmen keine Verantwortung für die Sucht“, stellt Ursula Zeller klar. Jedoch nur scherzweise. Die lebhafte Frau verkauft nicht etwa Suchtmittel, sondern ist Kuratorin der „Zurich James Joyce Foundation“. Mit dieser Stiftung beherbergt die bevölkerungsreichste Stadt der Schweiz eine der größten Forschungsstätten weltweit, die sich dem irischen Schriftsteller James Joyce und allem, was mit ihm in Verbindung steht, widmet. In einem Raum, umgeben von Regalen mit Büchern und Trouvaillen, erzählt die 64-Jährige leidenschaftlich von dem Autor, dem sie seit ihrer Studienzeit verfallen ist. Ihre roten Haare wippen zu ihren Handbewegungen. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen. Es unterstreicht die Begeisterung, die die gebürtige Zürcherin für Joyce und sein Leben und vor allem seine Literatur hegt. Interessierte kämen von weit her, um Joyces Werke zu lesen. Die James Joyce Stiftung in Zürich bietet wöchentliche Lesegruppen an. Sie hätten Personen, die aus Basel oder Bern kämen, um jede Woche eineinhalb Stunden mit einer Lesegruppe in einem von Joyces Werken zu lesen. Doch wie kommt es zu einem solchen Joyce-Interesse in der Schweiz?
Immer an seiner Seite ist Nora
Die James Joyce Foundation befindet sich im zweiten Stock eines alten Riegelhauses mitten in der Altstadt. Durch die kleinen Doppelfenster dringen sachte Windstöße herein. Draußen herrscht graues Wetter. Die Wolken bilden eine dichte, tiefhängende Decke. Spannung liegt in der feuchten Luft. Angespannt muss es auch gewesen sein, als James Joyce durch die Straßen Zürichs schlenderte. Den Ersten Weltkrieg verbrachte der 1882 geborene Schriftsteller in der Schweiz sowie einige Wochen des Zweiten Weltkriegs. Immer an seiner Seite: Nora Barnacle, seine große Liebe. Nora war Joyces größte Inspiration und sein Halt im Leben. „Er hat nichts ohne sie gemacht“, erzählt Zeller. Das Genie Joyce war abhängig von einer „stabilen, geerdeten, selbstbewussten Person, wie es Nora war“. Sie habe eine eigene Meinung gehabt und sei geistig unabhängig gewesen von ihrem Mann. In Joyces bekanntestem Werk „Ulysses“ bildet Nora die Inspiration für die weibliche Hauptfigur Molly Bloom. Sogar sprachlich beeinflusste Nora Joyces literarische Figur. „Interpunktion hat sie nicht gekannt. Nora hat immer ohne Strich, Punkt und Komma geschrieben.“ Dieselbe Sprache ist im letzten Kapitel von „Ulysses“ zu finden, in dem Molly Bloom allein spricht beziehungsweise ihren Gedanken nachhängt.
Wichtige Jahre und enge Freundschaften in der Schweiz
Zusammen verließen Nora und James Joyce Irland, unverheiratet und nur vier Monate, nachdem sie sich kennengelernt hatten. „Das war ein absolutes Tabu“, sagt Zeller, „vor allem in den kleinbürgerlichen Kreisen des katholisch geprägten Irlands, aus denen sie beide stammten.“ Es war ein Aufbruch aus den religiösen und gesellschaftlichen Normen ihres Heimatlandes. Die Norm und die Kirche waren generell nicht Joyces Sache. Künstlerisch sowie in seinem privaten Leben rebellierte er dagegen. So heiratete das Paar auch nicht, als es zwei Kinder bekam. James Joyce erachtete sich selbst als Genie. Mit der festen Überzeugung, von Irland weg zu müssen, um ein erfolgreicher Künstler werden zu können, reiste er mit seiner Geliebten los. Das Ziel: Zürich. Das Paar zog nach seinem ersten Halt in Zürich schnell weiter, nachdem sich eine freie Stelle als Englischlehrperson als Irrtum erwiesen hatte.
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