So richtig freuen konnte sich nach dem Unentschieden gegen den VfL Wolfsburg niemand unterm Bayer-Kreuz. Nicht Torwart Bernd Leno, der mit zwei starken Paraden kurz vor der Pause auffiel – und auch nicht Kevin Volland, der zwar das zwischenzeitliche 2:1 einleitete, allerdings auch eine gute Chance liegenließ, die Partie vorzeitig zu entscheiden. Und am wenigsten Bayer-Coach Heiko Herrlich, der sagte: „Wenn man zweimal in Führung liegt, fühlt sich der Punkt nicht gut an.“
Wie schon am zweiten Spieltag beim 2:2 gegen die TSG Hoffenheim war Leverkusen auch gegen Wolfsburg zum Teil drückend überlegen, zeigte jedoch abermals Schwächen im Abschluss und fing sich vergleichsweise leicht zu verteidigende Tore ein. „Wir haben verpasst, das 2:0 nachzulegen. Es war für mich ein Déjà-vu-Erlebnis“, sagte Herrlich. Er habe die „absolute Geilheit, ein Tor zu machen“ vermisst. In Bayern München (62) und Borussia Dortmund (59) haben sich nur zwei andere Bundesligisten in den ersten acht Partien mehr Chancen als Bayer 04 erspielt. Für ihre 15 Treffer benötige die Herrlich-Elf bislang 43 Möglichkeiten.
„Die Chancen waren wieder da, aber wir haben es vermasselt“, sagte Schlussmann Leno. Die mangelnde Torausbeute zieht sich bereits seit der Vorbereitung wie ein roter Faden durch die Auftritte der Werkself. Doch auch die defensive Instabilität (13 Gegentreffer) gibt Anlass zur Sorge. Der Nationaltorhüter stellte gar „jugendliche Naivität“ bei sich und seinem Team fest.
Angreifer Kevin Volland pflichtete ihm bei und sagte: „Wir sind zu unerfahren, vielleicht sogar zu leichtsinnig.“ Einige Situationen müsse die Werkself „besser im Auge haben“. Volland nimmt jedoch auch sich und Sturmpartner Lucas Alario in die Pflicht. Schließlich sei die Defensivarbeit eine Aufgabe des gesamten Teams. „Vielleicht müssen wir besser absichern und vorne die Bälle länger halten. Wir waren sehr offen und sind in zu viele Konter gelaufen“, sagte der gebürtige Allgäuer. Er sah trotz aller Kritik auch die positiven Aspekte und betonte: „Die Einstellung und das Engagement waren gut. Wenn wir weiter hart arbeiten, werden wir auch wieder unsere Spiele gewinnen.“
Coach Herrlich wirkte da vergleichsweise reserviert. „Wir haben großen Aufwand betrieben, um in Führung zu gehen“, betonte der 45-Jährige. Am Ende müsse die Mannschaft jedoch froh sein, „das Spiel nicht noch durch einen Konter zu verlieren.“ Indirekt kritisierte der Coach auch das Defensivverhalten. Er habe „Nachlässigkeiten im Spiel gegen den Ball“ ausgemacht. Das sei oft Fleißarbeit und hätte wenig mit Technik zu tun. „Fußball ist ein Ergebnissport und wird nicht nach Haltungsnoten entschieden.“
Der Blick auf die Tabelle bereitet aktuell weder den Bayer-Verantwortlichen noch den Spielern großen Spaß. Neun Punkte und Platz zwölf – das ist graues Mittelmaß und entspricht nicht dem Selbstbild des Werksklubs. Herrlich wolle mit seinem Team nun an den Schwächen im Abschluss arbeiten und sich konzentriert auf die Partie in Mönchengladbach vorbereiten (Samstag, 15.30 Uhr). Er sagt: „Hätten wir gewonnen, sähe das Gesamtbild ganz gut aus, aber das haben wir nicht. Jetzt sind wir gefordert, auch auswärts mehr als nur einen Punkt mitzunehmen.“
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