Haus des Jugendrechts in Bad Cannstatt„Behörden-WG“ erweitert Wirkungsbereich
Stammheim – Jungen Straftätern helfen, damit sie möglichst schnell von der schiefen Bahn wieder auf den richtigen Weg zurückfinden – das ist eines der Hauptziele des Hauses des Jugendrechts in Bad Cannstatt. Gegründet wurde es 1999, seit Anfang vergangenen Jahres sind die Mitarbeiter für den gesamten Gerichtsbezirk Cannstatt zuständig, zu dem unter anderem auch die Bezirke Stammheim, Zuffenhausen und Feuerbach gehören. Aus diesem Grund hatte Stammheims Bezirksvorsteherin Susanne Korge den Leiter der Jugendgerichtshilfe im Haus des Jugendrechts, Donald Bieß, sowie Frederik Finkbeiner, stellvertretender Bereichsleiter des Beratungszentrums Jugend und Familie in Zuffenhausen, und Bettina Mendel von der Jugendhilfe in Strafverfahren eingeladen.
„Im Haus des Jugendrechts an der Krefelder Straße sind Polizei, Jugendamt und Staatsanwaltschaft unter einem Dach“, erklärte Donald Bieß den Politikern, quasi eine Art Behörden-WG. „Einzig das Gericht ist aus Gründen der Unabhängigkeit nach wie vor an der Badstraße ansässig.“ Aber auch die Richter sind eng in die Arbeit im Haus eingebunden. Diese enge Kooperation führe zu einer Beschleunigung von Verfahren. Zudem sei es möglich, wohnortnah und individuell auf die jugendlichen Straftäter einzugehen.
Durch die kurzen Dienstwege, die festen Ansprechpartner und einen regelmäßigen Austausch aller Beteiligten würden die Behörden optimal zusammenarbeiten und rasch auf „normenwidriges Verhalten“ reagieren können – nicht zuvorderst mit dem Strafrecht, sondern auch mit den nötigen Angeboten der Jugendhilfe. Die große Transparenz zwischen den Abteilungen trage ebenso zu einem reibungslosen und optimalen Verlauf bei: „Jeder kennt die Aufgaben und Angebote des anderen“, sagte Bieß. Ein großes Augenmerk werde nicht nur auf die jugendlichen Täter, sondern auch auf die Opfer sowie auf Hilfsangebote für sie gelegt. Eine wichtige Rolle spiele auch die Prävention. Die enge Verzahnung zwischen den Instituten führe auch dazu, dass die erforderlichen Maßnahmen optimal aufeinander abgestimmt werden können. So habe sich die Dauer zwischen Straftat und Urteilsspruch um etwa die Hälfte der Zeit verkürzt. Und diese Zeit werde obendrein besser genutzt: Etwa durch Schadenswiedergutmachung durch den Täter, Suchtberatung oder den Nachweis über Schulbesuche. Dinge, die sich positiv auf die Entwicklung des Täters und damit auch auf den Urteilsspruch auswirken können.
Neu ist seit Anfang 2015, dass die Mitarbeiter für den gesamten Gerichtsbezirk zuständig sind. Zwar befinden sich die zuständigen Beratungszentren und Polizeireviere beziehungsweise -posten vor Ort in den Außenbezirken, dennoch sei durch feste Ansprechpartner und ein regelmäßiges Konferenzwesen eine gute Vernetzung gegeben. „Wir stehen in engem Kontakt und tauschen zeitnah die relevanten Infos aus.“
Generell sei bei den meisten Jugendlichen die Straffälligkeit nur eine Episode in ihrem Leben. Die Zahl der anderen, der sogenannten jugendlichen Intensivtäter sei mit etwa hundert Personen in ganz Stuttgart relativ gering. An erster Stelle der Straftaten bei Jugendlichen stünden laut Bieß das Schwarzfahren, also die Erschleichung von Leistungen, gefolgt von Körperverletzungen, sprich Gewaltdelikten und Sachbeschädigungen. Die Fälle von Jugendkriminalität allerdings seien in Stuttgart und Stammheim rückläufig.
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Immer öfter trenden bei Tiktok gefährliche „Challenges“. Nach der „Blackout Challenge“, durch die schon einige Kinder ums Leben gekommen sind, kursieren nun Videos in Italien, in denen sich Jugendliche selbst verletzen. Die dortige Wettbewerbsbehörde schreitet ein.
Die italienische Wettbewerbsbehörde hat eine Untersuchung gegen die Videoplattform Tiktok wegen einer als gefährlich eingestuften „Challenge“ aufgenommen. Es gehe dabei um die aktuell populäre Mutprobe, die als „Französische Narbe“ bekannt ist, wie die italienische Behörde mitteilte. Junge Tiktok-Nutzer kneifen oder zwicken sich bei diesem Trend so lange ins Gesicht, bis sich blaue Flecken und Narben bilden.
Die Behörde nahm eine Zunahme von Videos wahr, in denen sich Jugendliche selbst verletzen – vornehmlich handelte es sich dabei um ebenjene „Französische Narbe“, hieß es weiter. Tiktok fehle es demnach an „angemessenen Systemen zur Überwachung von Inhalten, die von Dritten veröffentlicht werden“. Außerdem würden die Richtlinien der Plattform, die die Löschung gefährlicher Inhalte vorsehen, in denen etwa zur Selbstverletzung aufgerufen wird, nicht angewandt.
Tiktok hat viele minderjährige Nutzer – die Plattform habe deswegen eine große Verantwortung zum Schutz dieser Gruppe. Die vor allem bei Kindern und Jugendlichen beliebte Videoplattform, die dem chinesischen Unternehmen Bytedance gehört, werde „in vollem Umfang mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten, um alle Fragen zu unseren Richtlinien und Verfahren zu beantworten“, sagte ein Tiktok-Sprecher.
Mehrere Kinder bei „Blackout Challenge“ gestorben
Bei Tiktok verbreiten sich oft Videos von Mutproben, die gefährlich werden können: Bei der „Blackout Challenge“ etwa ging es darum, die Luft anzuhalten, bis man das Bewusstsein verliert. Erst letztes Jahr kamen dabei mehrere Kinder ums Leben.
Ein achtjähriges Mädchen aus Texas sowie eine Neunjährige aus Wisconsin waren bei dem Würgespiel gestorben. Ebenso der 14-jährige Leon Brown. Er hatte sich selbst vor der Kamera die Luft abgeschnürt, damit er das Bewusstsein verliert. Seine Mutter entschied sich, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, um andere Eltern vor dem lebensgefährlichen Trend zu warnen.
Die EU-Kommission hatte Tiktok zuletzt unter anderem in diesem Zusammenhang mit schweren Konsequenzen bei der Verletzung europäischer Regeln gedroht.
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Radfahren ist meine Passion. Ich denke, das macht dieses Hobby bei mir aus“, stellt Kerstin Brachtendorf stolz fest. Obwohl sie finanziell vom Radfahren lebt, würde sie den Sport nie als ihre Arbeit bezeichnen. Die paralympische Radsportlerin kommt ursprünglich nicht vom Leistungssport. Trotz großer Sportbegeisterung hatte die Heimatverbundene nicht die Möglichkeit, in Ettringen in der Eifel ihr Sporttalent auszuleben. In ihrer Freizeit tanzte sie ursprünglich in der Showtanzgruppe ihres Heimatdorfes. „Erst als ich dann beruflich bei einer Werbeagentur in München gelandet bin, wurde Sport wieder ein Thema für mich“, erzählt die 50-Jährige. Aufgrund der nahen Berge schloss sich Brachtendorf nach Feierabend ihren Kollegen beim Radfahren an und erkannte so ihre Leidenschaft und startete bei den ersten Mountainbike-Marathons.
Das war in ihren Augen nicht fair
2006 lernte sie Michael Teuber, einen ehemaligen Paralympics-Sieger, kennen, der ihr die Teilnahme am Behindertensport empfahl. Zu dieser Zeit war die 1,65 Meter große Frau noch skeptisch: „Klar habe ich seit meiner Geburt einen Klumpfuß, aber als behindert hätte ich mich nie definiert. Daher erschien es in meinen Augen nicht fair, gegen Schwerbehinderte anzutreten.“ Als sie das System von Paralympics verstand und begriff, dass sie in ihrer Klasse nur gegen Sportler gleich schwerer Behinderungen antreten würde, wurde die Motivation größer. „Ich merkte schnell, dass das Niveau sehr hoch war, und erkannte die Ernsthaftigkeit des Sports für Menschen mit Behinderung, was im Endeffekt ausschlaggebend dafür war, dass ich fortfuhr. Aber niemals hätte ich damals gedacht, dass mich eine solche Zukunft mit solch großen Erfolgen erwarten würde.“ 2011 nahm die Wettkämpferin an ihrer ersten Bahn-Weltmeisterschaft in Italien teil und belegte den 5. Platz, seitdem ist sie im Kader der deutschen Nationalmannschaft.
Weltmeisterin in Kanada und Bronze in Tokio
Einen Wendepunkt erlebte Brachtendorf 2012, als sie bei den Paralympics in London eine Medaille verfehlte und durch den Leistungsdruck in ein großes mentales Loch fiel. Dank guter Freunde konnte sie dieses überwinden und änderte ihre Einstellung: „Ich habe mir nicht mehr so viel Druck gemacht und bin dann im Jahr darauf bei der WM in Kanada Weltmeisterin geworden.“ Einen weiteren Höhepunkt in ihrer Karriere erlebte sie 2017 im Einzelzeitfahren, bei dem sie zuvor nie erfolgreich war. Beim Weltcup in Italien überfuhr sie die Ziellinie, ihre Kollegen und Trainer stürmten auf sie zu und gratulierten ihr, sie selbst wusste zunächst nicht, was los war. „Ab diesem Zeitpunkt war das Einzelzeitfahren meine Lieblingsdisziplin, weil man mit sich und seiner Leistung ganz allein ist, ohne taktieren zu müssen. Die Rolle spielt allein der Kampf gegen die Uhr.“ In Tokio gewann sie 2021 die Bronzemedaille endlich auch bei Paralympischen Spielen. Der Weg dorthin war nicht leicht. Nachdem sich erneut starker mentaler Druck aufgebaut hatte und sie wieder Angst bekam, eine Medaille zu verfehlen, musste sie 20 Tage vor dem Abflug ihr Training abbrechen und wurde ins Krankenhaus eingewiesen. Sie musste operiert werden, was ein Sportverbot von mindestens zwei Wochen zur Folge hatte. Ein Elf-Stunden-Flug und Olympische Spiele waren unvorstellbar. „Irgendwann kam jedoch ganz plötzlich der Zeitpunkt, an dem es mir besser ging und ich mich entschied, die Chance zu nutzen.“ Für die Weltmeisterin stand nun nur noch das Dabeisein im Vordergrund. Mit dieser Einstellung startete Brachtendorf und erreichte ihren größten Erfolg. „Im Nachhinein gesehen war es sehr unvernünftig, mich in den Flieger zu setzen. Dennoch bin ich sehr stolz auf meine Leistung.“
Einen der schlimmsten Tiefpunkte in Rio de Janeiro
Trotz der vielen Erfolge war es für die Ettringerin anfangs schwierig, sich in eine Mannschaft zu integrieren. „Vor einem Wettkampf steigt bei jedem die Anspannung, und die Nerven liegen blank. Es kostet mich viel Energie, immer Ruhe zu bewahren, nicht alles persönlich zu nehmen und den Fokus auf mich und meine Leistung zu legen.“ Einen ihrer schlimmsten Tiefpunkte erlebte sie 2016 in Rio de Janeiro, als sie den fünften Platz im Straßenrennen erkämpfte. Sie startete am letzten Tag, nachdem ihre Teamkollegen alle schon eine Medaille in Händen gehalten hatten und feierten. Sie wurde kaum mehr beachtet. „Das ist eigentlich meiner Meinung nach das Traurige, dass es beim Leistungssport nur darum geht, wer am Ende die Medaille in der Hand hält“, bedauert sie. In jeder Sportart ist Fairness ein Thema. Doch besonders bei den Paralympics kommt es häufig vor, dass die Athleten versuchen, ihre Behinderung mit der eines anderen Sportlers zu vergleichen. Die Frau mit den schulterlangen, blonden Haaren sagt dazu: „Man kann keine Behinderung eins zu eins mit einer anderen vergleichen. Damit muss man sich abfinden, sonst darf man den Sport nicht machen.“ Eine klare Meinung hat sie auch zum Thema Doping: „Ich selbst verstehe nicht wirklich, warum man so was macht, die Fairness sollte im Vordergrund stehen.“
Leider gehören zum Radfahren auch Unfälle, sie hatte zum Glück keine schwerwiegenden. Ihr größtes negatives Erlebnis war ein Autounfall. Während sie in Italien auf einem Fahrradweg trainierte, hörte sie einen Knall und sah einen Auffahrunfall. Das Auto, auf das aufgefahren wurde, kam wie ein Katapult auf Kerstin Brachtendorf zugeschossen. „Im Kopf war pure Hilflosigkeit. Trotzdem kam ich mit meinem Rad zum Stehen und habe das haarscharf an mir vorbeischießende Auto mit den schreienden Menschen gesehen.“ Die Schreie der Mutter im Auto, die Angst um ihren Säugling hatte, verfolgen Brachtendorf bis heute. Die Wettkämpferin ist sich sicher, dass der Radsport zu den gefährlichsten Sportarten zählt. Selbst wenn sie bloß auf der Straße ihr Training absolviert, wird sie von vielen Autofahrern nicht respektiert und mit Absicht nah überholt. Trotz dieser Gefahren schwärmt sie: „Der Sport bewirkt bei mir einfach das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.“
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Die Covid-19-Pandemie führt auch dazu, dass mehr Menschen mehr Zeit an Monitoren verbringen. Besonders unter Heranwachsenden verdoppelt sich in dieser Zeit die Zahl der Mediensüchtigen, wie eine aktuelle Umfrage zeigt. In Zukunft muss dringend gegengesteuert werden, fordern Experten.
Etwa 680.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland sind einer Studie zufolge süchtig nach Computerspielen und sozialen Medien. Diese Zahl habe sich während der Corona-Pandemie mehr als verdoppelt, heißt es in einer gemeinsamen Untersuchung der Krankenkasse DAK und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.
Der Anteil der Minderjährigen, die Suchtverhalten bei Social Media aufweisen, stieg demnach seit dem Jahr 2019 von 3,2 auf 6,7 Prozent. Bei der Nutzung von Computerspielen kletterte die Quote von damals 2,7 Prozent auf 6,3 Prozent im vergangenen Jahr.
Für die Studie wurde eine repräsentative Gruppe von 10- bis 21-Jährigen aus rund 1200 Familien zu ihrem Umgang mit digitalen Medien befragt. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa führte dafür den Angaben zufolge im Zeitraum von drei Jahren deutschlandweit in insgesamt fünf Wellen Befragungen durch.
Warnung vor den Folgen
Die Ergebnisse sind nach Einschätzung von DAK-Vorstandschef Andreas Storm alarmierend: „Wenn jetzt nicht schnell gehandelt wird, rutschen immer mehr Kinder und Jugendliche in die Mediensucht, und der negative Trend kann nicht mehr gestoppt werden.“
Vor allem männliche Jugendliche zeigten sich der Untersuchung zufolge anfällig: Während die Geschlechterverteilung bei der Abhängigkeit von sozialen Medien noch relativ ausgeglichen ist, sind von einer sogenannten Gaming-Sucht zu zwei Dritteln Jungen betroffen. Von den Kindern und Jugendlichen, deren Nutzung von digitalen Spielen als problematisch gilt, sind 68,4 Prozent männlich.
Im Vergleich zum Lockdown im Frühjahr 2020 haben sich den Angaben zufolge Nutzungszeiten von Computerspielen zwar wieder reduziert, aber sie liegen noch immer deutlich über dem Vor-Corona-Niveau. Im September 2019 wurden an einem Werktag durchschnittlich 78 Minuten bei Computerspielen verbracht, bei der bislang letzten Befragung im Juni 2022 waren es 113 Minuten. Auch bei Social Media ist die Nutzungsdauer rund 35 Prozent höher als im Herbst 2019.
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