Baden-Württemberger in SotschiDer andere Blick auf Olympia
Sotschi – Eisklettern bei 20 Grad plus – warum nicht? Für die Besucher im Olympischen Park in Sotschi ist der 15 Meter hohe Turm mit den drei Eiswänden eine Attraktion. „Ein bisschen verrückt ist das schon, bei dieser Hitze“, sagt Markus Urbanowski.
Die Hobbysportler, die sich ans Eis trauen, sind nur mit einem T-Shirt bekleidet. Sie hauen den Pickel und die präparierten Schuhe kräftig ins Eis und geben alles. Fünf Minuten dauert es bei den meisten, bis sie oben sind. Profikletterer Urbanowski braucht nur 15 Sekunden. Beeindruckend. „Es ist eine tolle Möglichkeit, unseren Sport zu repräsentieren“, sagt der 32 Jahre alte Eiskletterer aus Heubach bei Schwäbisch Gmünd.
Doch der Internationale Bergsportverband will mehr: Das Eisklettern soll eine olympische Disziplin werden. Deshalb hat sich die Weltelite in Sotschi versammelt, doch offizielle Wettkämpfe wurden kurzfristig abgesagt. „Schade, ich hätte gerne eine gute Platzierung nach Hause gebracht“, sagt der akademische Mitarbeiter für Sport und Bewegung der Pädagogischen Hochschule Gmünd. Nun zeigen die austrainierten Kerls in Showveranstaltungen, was sie draufhaben. Urbanowski gibt die Hoffnung nicht auf: „Es wäre super, wenn wir 2018 in Südkorea um Gold kämpfen könnten.“
Der Kletterer ist nicht der einzige Olympia-Teilnehmer aus Baden-Württemberg, den es nach Russland gezogen hat. Sportler, Trainer und Journalisten sind da – und die freiwilligen Helfer, die einen ganz anderen Blick auf die Spiele haben. Einer von ihnen ist Hubert Bihler. Dreimal war er bis jetzt als Volunteer bei Olympischen Spielen und bei etlichen anderen Großveranstaltungen.
Begonnen hat alles im Jahr 2004. Der Lehrer für Sport und Mathematik aus Dunningen bei Rottweil hatte seinen Ruhestand angetreten, als er auf eine Anzeige in der Zeitung aufmerksam wurde. Der Inhalt: Freiwillige für den Fußball-Confed-Cup in Deutschland gesucht. Bihler, Seminarleiter und Schiedsrichter des Württembergischen Fußball-Verbandes (WFV), meldete sich und wurde prompt als Betreuer der Fotografen anheuert. Seitdem reist er rund um den Globus. Ob Fußball-WM oder EM, ob Leichtathletik-WM oder Olympia – Bihler ist immer dabei, hilft und unterstützt Fotografen und Journalisten bei ihrer Arbeit. „Es sind einmalige Erlebnisse“, erzählt der 67-Jährige. Viele Freundschaften hat Bihler durch seine Tätigkeit geschlossen. Man kennt und schätzt den Mann mit dem weißen Haar.
Insgesamt sorgen in Sotschi etwa 26 000 freiwillige Helfer aus 60 Ländern für einen geregelten Olympia-Ablauf. 60 von ihnen kommen aus Deutschland. Und Bihler hat dieses Mal ganz andere Aufgaben als sonst. Er ist mit seinen internationalen Kollegen für die Ausgabe der besonders begehrten Tickets zuständig. Bihler erzählt begeistert: „Wir sind ein ganz tolles Team. Es macht unglaublich viel Spaß hier zu arbeiten.“ Sechs bis sieben Stunden täglich ist er im Einsatz, sechs Tage die Woche. Dann hat er einen freien Tag. Diesen nutzt der Senior, um in den kaukasischen Bergen wandern zu gehen. In Bewegung bleiben, lautet das Motto Bihlers. Pläne für die Zukunft hat er auch schon. Im Juni geht es zur Fußball-WM nach Brasilien, in zwei Jahren ist wieder Südamerika Bihlers Ziel: „Die Sommerspiele in Rio will ich nicht verpassen.“
Erstmals bei Olympia dabei ist Julia Haasis. Die junge alpine Skirennläuferin von der SAV Stuttgart hat sich einen Platz im Jugendlager der Deutschen Olympischen Akademie ergattert. Mit 38 anderen Jugendlichen aus der gesamten Republik, saugt sie nun das Flair von Olympia hautnah auf. Und ist schwer beeindruckt. „Es ist unglaublich viel, was wir hier Tag für Tag erleben. Ein Höhepunkt jagt den anderen“, erzählt sie. Besonders angetan ist die 15-jährige Stuttgarterin vom Treffen mit Magdalena Neuner im Deutschen Haus. In lockerer Runde beantwortet der ehemalige Biathlon-Star die vielen Fragen der Jugendcamp-Teilnehmer. „Sie ist so natürlich und super nett“, sagt Julia Haasis.
Auch die Jugendlager-Paten, die Olympiasieger Rosi Mittermaier und Andre Lange, hat sie schon kennengelernt – auf dem Kreuzfahrtschiff „MS Louis Olympia“, das direkt im Schwarzen Meer vor dem Olympiapark liegt und auf dem die Jugendlichen ihre Unterkunft haben. Deren Terminplan ist proppenvoll. Kulturprogramm, Treffen mit Sportpolitikern und die Wettkämpfe. Dort haben sie eine wichtige Aufgabe. „Da nicht sehr viele deutsche Fans hier sind, feuern wir unsere Sportler lautstark an“, berichtet Julia Haasis. Ob der Teenager aus Stuttgart selbst einmal als Skirennläuferin bei Olympischen Spielen an den Start gehen wird, steht in den Sternen. Dabei wäre es sicher ratsam, dem Tipp von Neuner zu folgen: „Immer optimistisch bleiben.“
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Wenn ich Qualität hören will, dann muss ich Schallplatte hören“, sagt Holger Neumann, der Geschäftsführer der Schallplattenfabrik Pallas GmbH aus Diepholz. „Das ist so eine Art, die Musik zu zelebrieren, wie vielleicht ein anderer einen Wein genießt oder eine Zigarre raucht. Dafür muss ich mir Zeit nehmen.“ Ein erstes Gespür für die Renaissance der Vinylplatte hatte Neumann 1996 während der Love Parade in Berlin, wo eine Nachfrage nach Schallplatten aufkam. „Das waren zwar nicht viele in einer hohen Auflage, aber ich persönlich hatte so ein Feeling, dass die Schallplatte nicht tot ist und sich da eventuell was entwickeln könnte.“
Etwa im Jahr 2008 setzte dann der Vinyl-Boom ein; die hohe Nachfrage „hat uns völlig überrollt“, sagt Neumann – zum Vorteil für das Unternehmen, denn man war vorbereitet. Zur Verfügung standen Maschinen und Mitarbeiter mit Erfahrung. Diese waren während der Vinyl-Flaute von der Schallplattenproduktion in den CD-produzierenden Bereich gewechselt. „Viele andere Firmen hatten ihre ganzen Fertigungsgeräte für die Schallplatte vernichtet, einfach verschrottet. Die konnten gar kein Vinyl mehr machen“, erzählt Neumann.
Pallas ist nach Angaben des Geschäftsführers eines von fünf verbliebenen Plattenunternehmen in Europa. Sie produzieren und produzierten für internationale Stars wie Beyoncé, Miley Cyrus, Sam Smith, Metallica und Michael Jackson. Die Platten verkauft die Fabrik nicht direkt, sondern an Auftraggeber wie Sony Music, Universal Music Group und Warner Music Group. Diese haben Labels, in denen die Künstler unter Vertrag sind. Sony Music und die Universal Music Group seien die Hauptkunden und garantierten die Aufträge, sagt Neumann. „Hier sieht es teilweise aus wie im Fort Knox: Tore zu, Kameraüberwachung, Handys müssen abgeschottet werden“, berichtet Neumann. So werde verhindert, dass Topsecret-Aufträge vor ihrem eigentlichen Veröffentlichungsdatum auf den Markt kämen.
Nachfrage in der Pandemie gestiegen
Gerade hat man das 75-jährige Jubiläum gefeiert. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 240 Mitarbeiter. Die Produktion läuft fünf Tage die Woche, jeweils in drei Schichten. Die Kapazitäten der Maschinen ermöglichen die Fertigung von 170.000 Schallplatten in der Woche. Für 2023 schätzt der Geschäftsführer das Gesamtvolumen der Tonträger auf weit über 13 Millionen. 2020 seien es erst rund 5,1 Millionen Tonträger gewesen.
„In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Tonträgern besonders stark gestiegen, denn die Menschen hatten viel Zeit und haben viele Vinylplatten vor allem online gekauft“, berichtet Neumann. Es sei schwierig gewesen, die vielen Aufträge abzuarbeiten. 2023 habe der Umsatz deutlich über 10 Millionen Euro gelegen.
Wie erklärt sich Holger Neumann den Vinyl-Boom trotz steigender Bedeutung von gestreamter Musik? „Das ist zwar alles Musik, aber keine Qualität“, sagt er. „Da die Tonsignale, anders als bei der CD, nicht in Datenpaketen vorliegen, hat die Vinylplatte eine höhere Klangdynamik, und die musikalische Darbietung ist somit dynamischer und gewinnt an Authentizität.“
Nach seiner Erfahrung lassen sich Tonträger besonders auf Konzerten gut verkaufen, wo die Menschen im direkten Kontakt zu der Musik stehen und sie live erleben. Sie bewahrten sich das Musikerlebnis dann auf der Schallplatte. Nach Neumann kaufen besonders zwei Altersgruppen die Schallplatten: Menschen über 50 Jahre und, was ganz verwunderlich sei, viele Jugendliche im Alter zwischen 18 und 32 Jahren.
Der Artikel stammt aus dem F.A.Z.-Schülerprojekt „Jugend und Wirtschaft“
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Bildungsministerin Stark-Watzinger sieht Schulen in der Pflicht, die Jugend für den Ernstfall zu wappnen. Dafür müssten Zivilschutzübungen abgehalten und Lerninhalte angepasst werden. Grundsätzlich brauche es ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“.
Schulen sind aus Sicht von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in der Verantwortung, junge Menschen auf den Kriegsfall vorzubereiten. „Die Gesellschaft muss sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken.“
Die FDP-Politikerin sprach sich dafür aus, Zivilschutzübungen an Schulen abzuhalten. In anderen Ländern wie Großbritannien werde viel natürlicher mit dem Thema umgegangen. „Dort gehören Übungen für den Katastrophenfall an Schulen zum Alltag. Davon können wir lernen“, sagte Stark-Watzinger.
Ministerin regt mehr Offiziersbesuche an
Sie rief die Schulen dazu auf, ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. „Ich halte es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Vorbehalte diesbezüglich könne sie „nicht nachvollziehen“.
Die jungen Menschen müssten die Bedrohungen der Freiheit kennen und mit den Gefahren umgehen können, sagte Stark-Watzinger. Das müsse kein eigenes Schulfach, aber Lerninhalt sein. Die Schulen hätten die Aufgabe, Risiken altersgerecht aufzuzeigen, sagte sie. „Dabei geht es auch darum, Sorgen und Ängsten zu begegnen.“
Eine Rückkehr zur Wehrpflicht lehnt Stark-Watzinger ab. Die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht nannte sie „derzeit verfehlt“. Die Wehrpflicht sei ausgesetzt worden, weil sie verfassungsrechtlich nicht mehr tragbar gewesen sei. Man dürfe jetzt nicht davon ablenken, was gerade wirklich notwendig sei, nämlich die Bundeswehr so auszustatten, dass sie verteidigungsfähig sei.
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Wir übernehmen keine Verantwortung für die Sucht“, stellt Ursula Zeller klar. Jedoch nur scherzweise. Die lebhafte Frau verkauft nicht etwa Suchtmittel, sondern ist Kuratorin der „Zurich James Joyce Foundation“. Mit dieser Stiftung beherbergt die bevölkerungsreichste Stadt der Schweiz eine der größten Forschungsstätten weltweit, die sich dem irischen Schriftsteller James Joyce und allem, was mit ihm in Verbindung steht, widmet. In einem Raum, umgeben von Regalen mit Büchern und Trouvaillen, erzählt die 64-Jährige leidenschaftlich von dem Autor, dem sie seit ihrer Studienzeit verfallen ist. Ihre roten Haare wippen zu ihren Handbewegungen. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen. Es unterstreicht die Begeisterung, die die gebürtige Zürcherin für Joyce und sein Leben und vor allem seine Literatur hegt. Interessierte kämen von weit her, um Joyces Werke zu lesen. Die James Joyce Stiftung in Zürich bietet wöchentliche Lesegruppen an. Sie hätten Personen, die aus Basel oder Bern kämen, um jede Woche eineinhalb Stunden mit einer Lesegruppe in einem von Joyces Werken zu lesen. Doch wie kommt es zu einem solchen Joyce-Interesse in der Schweiz?
Immer an seiner Seite ist Nora
Die James Joyce Foundation befindet sich im zweiten Stock eines alten Riegelhauses mitten in der Altstadt. Durch die kleinen Doppelfenster dringen sachte Windstöße herein. Draußen herrscht graues Wetter. Die Wolken bilden eine dichte, tiefhängende Decke. Spannung liegt in der feuchten Luft. Angespannt muss es auch gewesen sein, als James Joyce durch die Straßen Zürichs schlenderte. Den Ersten Weltkrieg verbrachte der 1882 geborene Schriftsteller in der Schweiz sowie einige Wochen des Zweiten Weltkriegs. Immer an seiner Seite: Nora Barnacle, seine große Liebe. Nora war Joyces größte Inspiration und sein Halt im Leben. „Er hat nichts ohne sie gemacht“, erzählt Zeller. Das Genie Joyce war abhängig von einer „stabilen, geerdeten, selbstbewussten Person, wie es Nora war“. Sie habe eine eigene Meinung gehabt und sei geistig unabhängig gewesen von ihrem Mann. In Joyces bekanntestem Werk „Ulysses“ bildet Nora die Inspiration für die weibliche Hauptfigur Molly Bloom. Sogar sprachlich beeinflusste Nora Joyces literarische Figur. „Interpunktion hat sie nicht gekannt. Nora hat immer ohne Strich, Punkt und Komma geschrieben.“ Dieselbe Sprache ist im letzten Kapitel von „Ulysses“ zu finden, in dem Molly Bloom allein spricht beziehungsweise ihren Gedanken nachhängt.
Wichtige Jahre und enge Freundschaften in der Schweiz
Zusammen verließen Nora und James Joyce Irland, unverheiratet und nur vier Monate, nachdem sie sich kennengelernt hatten. „Das war ein absolutes Tabu“, sagt Zeller, „vor allem in den kleinbürgerlichen Kreisen des katholisch geprägten Irlands, aus denen sie beide stammten.“ Es war ein Aufbruch aus den religiösen und gesellschaftlichen Normen ihres Heimatlandes. Die Norm und die Kirche waren generell nicht Joyces Sache. Künstlerisch sowie in seinem privaten Leben rebellierte er dagegen. So heiratete das Paar auch nicht, als es zwei Kinder bekam. James Joyce erachtete sich selbst als Genie. Mit der festen Überzeugung, von Irland weg zu müssen, um ein erfolgreicher Künstler werden zu können, reiste er mit seiner Geliebten los. Das Ziel: Zürich. Das Paar zog nach seinem ersten Halt in Zürich schnell weiter, nachdem sich eine freie Stelle als Englischlehrperson als Irrtum erwiesen hatte.
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