Ein ehemaliger Vertriebsleiter führt heute Lamas spazieren

Die dunkelgrauen Krallen des Tieres sind fingerdick. Sein Fell ist braun und zottelig. Der lange Hals ist aufmerksam gestreckt, während das Lama aus freundlichen, dunklen Augen in die Sonne blinzelt. Der Hengst heißt Chico; angebunden wartet er mit neun seiner Artgenossen auf die Gäste der Tour. Denn Johannes Nüdling, dem die 21 Tiere gehören und der bis vor 14 Jahren als Vertriebsleiter arbeitete, führt heute hauptberuflich Lamas spazieren.

Ursprünglich wollte er Damwild für die Obstwiese

Da seine Eltern Landwirtschaft nahe dem Rhöner Örtchen Poppenhausen besaßen, suchte Nüdling ursprünglich bloß nach Tieren, die eine kleine Wiese mit Apfelbäumen beweiden sollten. Seine Idee, dafür Damwild zu halten, scheiterte an der zu geringen Bewaldung der Fläche, weshalb ihm die Haltung von Wild dort nicht genehmigt wurde. Schließlich entschied er sich für Lamas. So kam dem damals 43-Jährigen die Idee, Lama-Trekkingtouren für Touristen anzubieten, womit er sich dann selbständig machte.

Geschenk zu Opas Geburtstag

Durch Mundpropaganda und über das Internet wurde Nüdling schnell bekannt. Auch heute ist er ausgebucht. 21 Besucher wollen mit den Lamas losziehen. Die meisten Teilnehmer gehören zu einer Geburtstagsgesellschaft. Der 80-jährige Großvater bekam die Tour zum Ehrentag geschenkt, wie seine Frau erzählt. Außer ihnen sind noch Leanne und Leo in Begleitung von Mutter und Großmutter sowie die Freundinnen Annette und Gabi dabei. Johannes Nüdling trägt schwarze Wanderstiefel und eine blaue Kappe und begrüßt alle. Auf dem T-Shirt prangt das Emblem des Familienbetriebs RhönLamas. Seine Hauptzielgruppe beschreibt er so: „Alle, die ein bisschen runterfahren wollen.“ Auch Firmgruppen und Schulklassen melden sich an. Inzwischen hat er Stammkunden, die bis zu sechsmal im Jahr kommen. „Einige von ihnen haben insgesamt schon 80 bis 100 Tage hier verbracht“, erklärt der 57-Jährige strahlend. Denn die Lamatouren gibt es für ein paar Stunden, aber auch für bis zu drei Tage.

Alle wollen das fluffige Fell berühren

In freudiger Erwartung betreten alle die Koppel. Manche zunächst ein wenig zögerlich. Die Kinder machen den ersten Schritt. Neugierig gehen sie auf die Kleinkamele zu, die die Besucher ihrerseits aufmerksam beäugen. Bald schon wollen alle das fluffige Fell der Lamas berühren. Darüber wachsen längere Haare, die vor Nässe und Kälte schützen. Am Bauch sind sie jedoch komplett kahl. Die meisten Tiere sind weiß oder hellbraun. Gaucho sticht als pechschwarzes Lama hervor und kaut entspannt. Dabei schiebt er seine Zähne nach vorne und öffnet das Maul einen Spaltbreit, fast sieht es aus, als würde er grinsen. Ähnlich wie Schafe haben Lamas nur im Unterkiefer Zähne, oben stattdessen eine Kauplatte. Doch auch damit können sie herzhaft zubeißen, wie sie nachdrücklich beweisen. Bald hier, bald dort rupfen sie in saftigen Büscheln Gras.

Mit dem dicken Führstrick gelenkt

Die Teilnehmer stehen in einem Halbkreis um Johannes Nüdling. „Die Namen der Lamas nenne ich Ihnen dann, wenn sie Ihres gefunden haben. Denn die Namen sind alle spanisch und wenn Sie Ihr Lama falsch anreden, hört es vielleicht nicht“, meint er mit einem Augenzwinkern. Die Lamas werden ausschließlich über den dicken, blauen Führstrick gelenkt, was er mit dem weißen Leithengst Antonio de Sturmio demonstriert. „Gegen den Hals drücken wie bei Pferden funktioniert hier nicht“, erklärt Nüdling. Er zupft am Strick und sofort macht Antonio einen Schritt. Ähnlich wie Hunde oder Pferde müssen auch Lamas erst trainiert und erzogen werden.

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