Instrumentenbaumeister Traut aus München kennt viele Blechschäden


Ein unscheinbarer Hinterhof in der Stadtmitte Münchens, der durch eine alte Holzpforte betreten wird: Die Dynamik der Großstadt ist nun vollkommen verschwunden, alles ist ruhig. Über Steinstufen gelangt man in die Werkstatt von Franz Josef Traut: Diese ist alles andere als ruhig. Seine beiden Mitarbeiter, einst Lehrlinge und nun selbst Instrumentenmachermeister, arbeiten geschäftig. Allerhand Werkzeuge, verschiedene Arbeitsbereiche, schwere Maschinen und Ersatzteile verwandeln die Werkstatt in einen Traditions­betrieb. In Trauts Büro zieren zahlreiche Klarinetten die Wände, das Funktionale gibt den Ton an: Drehstühle und eine zweckmäßige Inneneinrichtung. Seit 1993 arbeitet Traut selbständig als Blas-, Holz- und Schlagzeuginstrumentenmeister in seinem eigenen Betrieb. Wirkliche Spuren der Moderne finden sich nur im Büro: ein Telefon für Aufträge und ein Laptop. Auch das macht seine Werkstatt aus: Die Zeit steht still trotz der vielen hämmernden Geräusche außerhalb von Trauts Büro. Er selbst trägt schlichte dunkle Kleidung und eine blaue Schürze.

Recherche in Museumskatalogen

Angefangen hat alles mit seiner Ausbildung: „Es war zu meiner Zeit, so Mitte der 1980er, dass die Lehrstellen knapp waren. Ich hatte dann eben die Idee, nachdem ich selbst Blasinstrumente gespielt habe und ab und zu was zu reparieren hatte, bei einem Betrieb anzufragen, und habe dann relativ bald eine Zusage bekommen – zur damaligen Zeit eine Glückssache.“ Die Lehre bestand allerdings vor allem aus Zuarbeiten für den Meister. Die damaligen Techniken verwendet der 53-Jährige heute noch. Im Laufe der Jahre haben sich Trauts Tätigkeiten nicht geändert, vor allem wartet und restauriert der Instrumenten-machermeister Holz- und Blechblasin­strumente aller Art. „Wir machen in erster Linie Reparaturen und sehr wenig Neubau.“ Neben dem alltäglichen Geschäft, Instrumente werden meist binnen ein bis drei Stunden repariert, hat sich die Werkstatt auch auf Restaurierungen spezialisiert: „Die Restaurationen finde ich immer interessant, weil man Instrumente mit Geschichte hat, die man dann möglicherweise doch noch zum Spielen bringt, wobei bei manchen anfangs nicht unbedingt klar ist, ob das gelingt.“ Dennoch ist es für Traut wichtig, solche historischen Meisterwerke, wenn man sie schon nicht spieltauglich macht, so doch wenigstens zu konservieren. Oft sind das Messing und das Metall der Blasinstrumente zu brüchig, als dass man auf ihnen spielen kann. Das Metall der Blechblasinstrumente wird in der Werkstatt aber nie einfach nur ersetzt. Zudem fehlen für die Restauration oftmals seltene Teile zur Vervollständigung: „Und dann geht es bei solchen Instrumenten los, dass man in Museumskataloge schauen muss: Wo gibt es so was noch? Dann kann man Maß nehmen und schauen, wie das ausgesehen hat oder wie die Funktion war.“ Diese besonderen Unikate wurden auch häufig umgebaut und modifiziert. Sie waren zur damaligen Zeit ähnlich kostspielig. Heute kostet zum Vergleich eine handgemachte Trompete in Trauts Werkstatt ungefähr 3000 Euro.

Er haucht jedem Instrument wieder einen Zauber ein

Über die Jahre wurden besondere historische Instrumente restauriert: ein seltenes Soprankornett mit Berliner Pumpventilen, eine Art Trompete aus der Familie der Hörner, oder eine versilberte Tuba in Basstrompetenform, um 1900 gefertigt, besonders rar, weil sie so vollständig war, sowie ein versilbertes amerikanisches Kornett aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. „Dieses ist eigentlich das Instrument, das am neuwertigsten wurde. Da war die Substanz vor der Restauration sehr, sehr gut, und darum ist es danach eigentlich schon fast ein Neuinstrument geworden.“ Allerdings war die dafür notwendige Arbeit sehr umfangreich, schließlich musste Traut bei dem Kornett Originalteile nachbauen. Dabei brauchen die umfangreichsten Restaurationen 20 bis 25 Stunden.

Anders als in vielen anderen Bereichen des Handwerks spielt für Traut die Digitalisierung keine Rolle. Wirkliche Änderungen im Instrumentenhandwerk habe es nicht gegeben, er arbeitet weitestgehend mit den Methoden wie zu seinen Lehrlingszeiten. „Digitalisierung also eher nicht bei uns, auch von den Instrumenten her eigentlich nicht.“ Eine Entwicklung hat sich hingegen für ihn besonders bemerkbar gemacht: „Was wir schon gemerkt haben als Veränderung in den letzten 20 Jahren: Billige Fernostinstrumente sind immer mehr geworden. Also die überschwemmen eigentlich ein bisschen den Markt. Da gibt es zum Teil Instrumente, die einfach qualitativ minderwertig sind, wo es sich dann auch einfach nicht mehr zu reparieren lohnt.“ Deswegen gilt gerade bei Instrumenten ein Credo: Qualität. Deshalb spricht seine Arbeitsweise Musiker an, die Wert auf Qualität legen. Trauts Motto lautet: „Geräte reparieren lohnt sich bei welchen mit Qualität auf jeden Fall.“ Upcycling statt Wegwerfen, das ist knapp gesagt die pragmatische und professionelle Arbeitsweise des nüchternen und souverän auftretenden Mannes, der durch Reparaturen und Restaurierungen jedem Instrument wieder einen Zauber einhaucht. „Ich bin eher ein Reparieren-statt-Wegwerfen-Typ.“ Dennoch gibt es eine Einschränkung: „Durch die Reparatur wird das Instrument neuwertig, und das geht nicht unbegrenzt oft, das ist klar.“

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