Jedes vierte Mädchen leidet an einer Essstörung

Die Zahl an Essstörungen erkrankter Jugendlicher in Deutschland ist hoch. Die Bundesregierung findet das „besonders besorgniserregend“. Was steckt hinter diesen unterschätzten Krankheiten?

Mehr als jedes vierte Mädchen in Deutschland leidet unter einer Essstörung. Nach Angaben der Bundesregierung weisen bereits 22 Prozent der Elf- bis 17-Jährigen Symptome von Essattacken oder Magersucht auf. Bei den Mädchen sind es 29 Prozent und bei den Jungen 15 Prozent, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht.

Jedes zweite Mädchen findet sich zu dick

Knapp die Hälfte der Mädchen fühlen sich zu dick, obwohl sie normalgewichtig seien. „Bei den Jungen sind es nur 22 Prozent“, heißt es in der Antwort. Essstörungen zählten zu den „am meisten unterschätzten Krankheiten“.

Nicht nur familiäre oder biologische Faktoren sind demnach Schuld an Magersucht (Anorexia nervosa), Ess-Brechsucht (Bulimia nervosa) oder Binge Eating Disorder (Essattacken). Auch die Medien sind nach Angaben der Bundesregierung mitverantwortlich, wenn sie ein entsprechendes Schönheitsideal propagierten. „Es wird nach einem immer schlankeren Idealbild gestrebt, wobei im Extremfall auch die Gefährdung der eignen Gesundheit in Kauf genommen wird“, heißt es in dem Papier.

Fast 70 Prozent der Männer sind übergewichtig

Gleichzeitig werden die Deutschen immer dicker. So ist laut Bundesregierung mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland zu dick. Rund 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen sind derzeit übergewichtig oder adipös, also krankhaft fettleibig. Dabei bezieht sich die Bundesregierung auf Zahlen aus dem Gesundheitsmonitoring des Robert-Koch-Instituts.

Übergewicht schon jungen Jahren

Bereits in jungen Jahren essen sich viele Bundesbürger rund. Den Angaben zufolge gilt schon einer großer Teil der 25- bis 29-Jährigen als dick. Rund 47 Prozent der jungen Männer und fast 34 Prozent der jungen Frauen in dieser Altersgruppe seien stark übergewichtig. Zudem ist laut Statistik jedes sechste bis siebte Kind in Deutschland übergewichtig und etwa sechs Prozent sogar adipös.

Nicht zu früh mit einer Diät anfangen

Experten warnen jedoch auch davor, zu früh dem Übergewicht mit einer Diät entgegen zu steuern. Kinder mit leichtem Übergewicht dürfen keine Diät machen – schon gar nicht ohne ärztliche Erlaubnis. „Denn werden sie in einer Wachstumsphase mangelernährt, kann das zu körperlichen Schäden führen“, so Reinhard Mann, Leiter des Ernährungsreferates der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln. Stattdessen sollten Eltern den Nachwuchs erst einmal im Auge behalten und für mehr Bewegung im Alltag sorgen.

Abnehmen ist nämlich keine Frage des Kalorienzählens. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle: „Bitte auch auf den Medienkonsum achten. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Zeit, die Kinder vor Medien verbringen und dem Übergewicht“, erläutert Mann. Grundschulkinder im Alter zwischen sechs bis zehn Jahren sollten nicht länger als eine Stunde am Tag vor dem Fernseher oder Computer verbringen.

Übergewichtige Kinder vom Alltagsstress befreien

Vor allem müssen übergewichtige Kinder vom Alltagsstress befreit werden. Dazu zählt auch, sie in Ruhe essen zu lassen, sagt der Experte. „Kinder können ganz gut einschätzen, wann sie satt sind, wenn sie genügend Zeit haben und nicht schlingen müssen, weil sie zum nächsten Termin sollen.“ Er rät, dass Kinder sich ihre Portionen selbst nehmen. „Wenn es zu viel ist, kann ich ja kommentieren: Nimm erst mal weniger, du kannst später mehr haben.“

Wann ein Kind zu dick ist

Dafür, wann ein Kind dick ist oder nur ein paar Kilos zu viel hat, gibt es keine einfache Definition. Grundsätzlich bewertet der Body Mass Index (BMI) bei Erwachsenen und Kindern das Gewicht. „Doch bei Kindern reicht der BMI nicht“, sagt Mann. Die sogenannten Perzentilkurven gewichten für sie den Index noch mal gesondert nach Alter und Geschlecht. Reagieren müssten Eltern, wenn der BMI ihres Sprösslings im roten Bereich liegt, das Kind sich wenig bewegt und nicht gut gelaunt ist.

Aber auch dann sollten sie nicht eigenmächtig auf Diät gesetzt werden. „Bitte medizinischen Rat einholen“, rät Mann. Gleiches gelte auch für Kinder mit Untergewicht. „Sonst reicht es, das Kind zunächst zu beobachten. Wie entwickelt sich die Figur? Bewegt es sich normal? Ist es eher ruhig oder lebhaft? Hat es Sorgen und ist bedrückt?“ Denn oft könne sich das Übergewicht wieder verwachsen: „Ein Drittel der übergewichtigen Kinder normalisiert sich wieder. Umgekehrt muss man allerdings auch sagen, ein Drittel der normalen Kinder wird später dick.“

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