Junge Brauerin


Eigentlich war das Ganze eine ziemliche Schnapsidee. Oder wohl eher eine Bieridee“, lacht Amelie Claus aus Bornum am Elm bei Braunschweig, als sie erklärt, wie sie zu ihrem Beruf als Brauerin und Mälzerin gekommen ist. Eine Frau in der Braubranche erscheint ungewöhnlich, doch die willensstarke 22-Jährige steht ihren männlichen Kollegen mit ihrer Fachkompetenz in nichts nach. Als Amelie 2019 ihr Abitur in Braunschweig machte, war ihr beruflicher Werdegang nicht klar. Ihr Umfeld riet, bei Volkswagen in der Nähe anzufangen, dort hätte sie eine gute finanzielle Zukunft vor sich. „Obwohl ich nicht wusste, was ich einmal erreichen möchte, war mir doch schnell klar, was mich nicht anspricht.“ Bei einem kühlen Bier im Garten mit Freunden kam sie auf die Idee, ihrer persönlichen Leidenschaft für Bier auch beruflich nachzugehen.

Qualitätskontrolle der Stammwürze

Was insbesondere ihre Mutter zunächst für eine jugendliche Fantasie hielt, wurde für Amelie dagegen Tag für Tag attraktiver. Die 18-Jährige schrieb Bewerbungen an die umliegenden Brauereien und wurde im Einbecker Brauhaus bei Göttingen als Auszubildende eingestellt. „Ich hätte meine dreijährige Ausbildung auch verkürzen können, aber dafür war ich offen gesagt viel zu faul.“ Mit einem Lachen erinnert sie sich: „Als Azubi ist man erstmal der Bote vom Dienst. Es gab Gesellen im Betrieb, die mir viel gezeigt haben und von denen ich einiges lernen konnte, andere schicken einen nur von A nach B.“ Ihre Aufgaben empfindet die Frau mit den kurzen Haaren als abwechslungsreich. Beispielsweise war sie für die Qualitätskontrolle der Stammwürze verantwortlich und musste die Farbe, den PH-Wert und die Bittereinheiten des Einbecker Bieres bestimmen. Nur so kann gewährleistet werden, dass jede Flasche Bier der Marke gleich schmeckt.

Danach ist sie nach Braunschweig zur Brauerei Wolters gewechselt. „Es ist viel näher an meinem Zuhause. So kann ich mehr am Gesellschaftsleben meiner Heimat Bornum teilnehmen.“ Das Dorf mit 850 Einwohnern am Nordrand des Elms habe eine familiäre Gemeinschaft, viele Freunde wohnen dort. Sie mag ihre Arbeit in der Brauerei. „Es ist eine nette Abwechslung, nicht mehr eine von den Auszubildenden zu sein.“ Aktuell ist sie im Sudhaus tätig. „Die Aufgaben dort sind sehr vielseitig.“ Neben der Arbeit am Computer, wo der Brauprozess kontrolliert wird, gehören körperliche Tätigkeiten dazu. „Ich muss selber mit anpacken. Ob ich Säcke durch die Gegend trage oder auf einen Lkw mit Getreidelieferungen klettere, um eine Probe zu nehmen, langweilig wird mir hier nicht. Da ich im Lebensmittelsektor arbeite, gehört auch das Reinigen für mich dazu, denn die Hygiene im Betrieb ist von zentraler Bedeutung.“ Sie und ihre zehn Brauereikollegen arbeiten im Dreischichtsystem. „Der Brauprozess läuft rund um die Uhr.“ Auf die Frage, was sie gerne in der Freizeit macht, sagt sie schmunzelnd: „Bier trinken. Und das am besten auf so einer richtigen Dorffeier.“ Sie engagiert sich im Karnevalsverein und leitet die Kinderleichtathletik des Sportvereins.

Im Mittelalter war das Aufgabe der Hausfrauen

„Als eine Frau in meinem Betrieb bin ich definitiv in der Unterzahl.“ Von allen elf Brauern bei Wolters ist sie die einzig weibliche. Sie hat eine direkte Vorgesetzte und das Labor leitet eine Frau, trotzdem überwiegen männliche Mitarbeiter. So war das bereits in ihrer Ausbildung. „Früher in den Klöstern war es üblich, dass die Nonnen das Bier brauten, auch im Mittelalter war das Brauen die Aufgabe der Hausfrauen. Damals war das Bier deutlich populärer als heute, weil es antibakteriell wirkt und vor allem im Mittelalter eines der wenigen keimfreien Lebensmittel war. Dazu hatte es einen geringeren Alkoholanteil, was dazu führte, dass auch Kinder und Schwangere davon getrunken haben.“ Sie glaubt nicht, dass sie aufgrund ihres Geschlechts bestimmte Vor- oder Nachteile in ihrem Betrieb habe. Allerdings dürfe man nicht zimperlich sein, weil man auch mal Kanister durch das Treppenhaus schleppen oder mit dem Gabelstapler von A nach B transportieren muss. Ihre männlichen Mitarbeiter gehen davon aus, dass Amelie Vorteile ihnen gegenüber habe, weil jeder sofort springen würde, wenn sie als Frau etwas anordnet oder fragt. „Das spüre ich leider nicht so ganz bei meiner täglichen Arbeit. Aber schön wär‘s!“ Mit Blick auf die Zukunft äußert sie, sich auch mal in einer kleinen Brauerei ausprobieren zu wollen. „Dort kann man viel experimentieren, denn Bier ist wunderbar vielseitig.“

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