Stuttgart – Wenn man acht Jahre alt ist, dann ist das mit dem Krebs so eine Sache: Man kann sich die Krankheit als wucherndes Gewächs vorstellen, das sich im Körper ausbreitet. Oder als ein dunkles Etwas, das in einem sitzt und versucht, das Leben auszusaugen. Alexander sagt: „Man kapiert nicht so, was da in einem passiert.“ Er wusste nur: Er ist krank, so richtig krank. Denn seine Eltern machten sich große Sorgen.
Alexander hatte gerade seinen achten Geburtstag schon hinter sich, als er die Diagnose Leukämie erhielt. Er war immer so müde, das Lernen fiel im schwer. Da ging die Mutter mit dem Sohn zum Kinderarzt, der die Blutwerte untersuchen ließ – und den Jungen sofort ins Olgahospital des Klinikums Stuttgart überwies. „Plötzlich war meine Familie mit einer lebensbedrohlichen Krankheit konfrontiert.“
Die Diagnose Krebs bei Kindern und Jugendlichen wird nicht so oft gestellt: Insgesamt gibt es in Deutschland jedes Jahr etwa 2500 Neuerkrankungen. Das ist wenig, wenn man bedenkt, dass im gleichen Zeitraum rund 500 000 erwachsene Bundesbürger gesagt bekommen, dass sie ein Krebsleiden haben. Auch sind die Heilungschancen bei Kindern sehr viel besser: So gibt es bei Onkologen die Faustregel, dass acht von zehn krebskranken Kindern wieder gesund werden können. Bessere Medikamente, ausgefeilte und individuell zugeschnittene Therapiekonzepte und mehr Erfahrungswerte haben diesen Erfolg ermöglicht.
Krebstherapien bei Kindern sind für die gesamte Familie belastend
Auch Stefan Bielack kennt diese Regel. Der Ärztliche Direktor der Kinderonkologie im Olgahospital behandelt pro Jahr 80 Neuerkrankte. Er weiß daher auch, dass der Weg nicht einfach ist. „Wir haben eine gute Prognose bei Kindern. Aber um dahin zu kommen, müssen die Betroffenen samt ihren Familien durch eine schwere Zeit gehen, eine harte Zeit.“
Alexander hat es geschafft. Heute ist er 29 Jahre alt. Ein sportlicher junger Mann, die langen Haare zum Pferdeschwanz gebunden, sitzt er in einem Café in Stuttgart und erzählt mit ruhiger Stimme von seiner Zeit im Olgahospital, wo er zwei Jahre gegen Blutkrebs gekämpft hat – mit Chemotherapie und Strahlentherapie.
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Blutkrebs oder Leukämie ist der Oberbegriff für bösartige Erkrankungen des Knochenmarks, der Stätte der Blutbildung. Genetische Veränderungen in den Blutstammzellen führen dazu, dass Zellen entstehen, die sich schnell und unkontrolliert vermehren. Diese entarteten weißen Blutkörperchen überschwemmen das Blutsystem. Daher der Name Leukämie: weißes Blut – zusammengesetzt aus den beiden griechischen Wörtern „leukos“, was „weiß“ bedeutet, und „haima“ für „Blut“. Die Folge der Erkrankung ist eine hohe Infektanfälligkeit, weil es an gesunden weißen Blutkörperchen, den Abwehrzellen fehlt. Hinzu kommt Blutarmut, die Betroffene schlapp und müde werden lässt.
Alexander war damals zu jung, um zu begreifen, was seine Erkrankung in der Familie auslöste. „Für mich war das eben im Moment so“, sagt er. Nach dem Motto: Jetzt bin ich krank, jetzt muss das eben so sein. An Angstgefühle kann er sich nicht erinnern. „Ich glaube, ich war immer irgendwie überzeugt, dass alles gut werden wird.“
Nicht immer reagieren Kinder so gefasst, sagt Brigitte Möck, die als Klinikpsychologin die jungen Patienten samt Familien im Olgahospital betreut. „Das ist je nach Alter unterschiedlich.“ Während Jüngere die Krankheit eher hinnehmen, empfinden Jugendliche die Krebserkrankung als einen unglaublichen Vertrauensbruch ihres Körpers. Gerade in einer Lebensphase angekommen, in der sie beginnen, sich immer mehr von ihren Eltern loszulösen, macht die Krankheit sie wieder zum schutzbedürftigen Kind. Das soziale Leben in der Schule, im Freundeskreis, an dem sie sich orientiert haben, fällt plötzlich weg, findet einfach ohne sie statt. „Man fühlt sich vom Leben rausgeschmissen“, so die Psychologin Möck. „Das macht wütend.“ Oder es macht stumm: So mancher Jugendlicher zieht sich nach der Diagnose immer weiter zurück, versucht das, was um ihn herum passiert, mit sich selbst auszumachen. „Diese Gefühle sollte man dem Kind zugestehen“, sagt Möck, gleichzeitig ihm aber auch die Zuversicht vermitteln, dass alles gut werden kann.
Nur in der Erstbehandlung sind die Heilungschancen optimal
Für die Eltern ist dies oft alles andere als einfach. Die Therapie ihres Kindes empfinden auch sie als emotionale Kraftprobe: „Eltern beschleicht nicht selten das Gefühl, versagt zu haben – weil sie ihr Kind vor all dem, was an medizinischen Strapazen folgt, nicht bewahren können“, sagt Möck. Es bedarf vieler Gespräche seitens der Ärzte und Psychologen, um den Eltern zu vermitteln, dass sie die Krebserkrankung nicht hätten verhindern können.
Krebs bei Kindern und Jugendlichen folgt eigenen Gesetzen. „Es gibt typische Tumorerkrankungen, die nur bei Kindern und selten im Erwachsenenalter auftauchen“, sagt der Stuttgarter Onkologe Stefan Bielack. Dazu gehören sogenannte Neuroblastome der Nebennieren und die Wilms-Tumore der Nieren. Bei Jugendlichen sind hingegen Knochentumore häufig, bei jugendlichen Erwachsenen eher Keimzelltumore. „Das erfordert dann eine interdisziplinäre Therapie“, sagt Bielack. Dazu gehört vor allem, dass Kinder- und Erwachsenen-Onkologen eng zusammenarbeiten.
Krebstherapien bei Kindern folgen einem Dogma: Es darf keinen Rückfall geben. Denn nur in der Erstbehandlung sind die Heilungschancen optimal. Mit jedem weiteren Auftauchen des Krebses und mit jeder weiteren Therapie nehmen diese ab. Daher wird die Erstbehandlung sorgfältig durchgeplant: Die Chemotherapie beispielsweise erhalten die jungen Patienten etwa alle drei Wochen für mehrere Tage, es folgen zwei Wochen Pause, in der die Kinder nach Hause dürfen. Dann folgt die nächste Einheit. Bei der Strahlentherapie müssen sie für mehrere Wochen täglich in die Klinik kommen. Nur bei Komplikationen bleiben die Kinder für die gesamte Therapie im Krankenhaus.
Freizeiten mit Betroffenen und ehemals Betroffenen sind eine gute Hilfe
Doch so schonend die Therapien auch verabreicht werden, so kann es dennoch zu Spätfolgen kommen: „Es gibt Organe, die ziemlich widerstandsfähig gegenüber der Krebsbehandlung sind, wie beispielsweise die Leber“, sagt der Onkologe Bielack. Andere, wie beispielsweise das Herz, können in manchen Fällen durch die Chemotherapie dauerhaft geschwächt werden. Auch die Bestrahlung kann Folgen haben: „Je jünger das Kind ist, das bestrahlt wird, desto höher ist das Risiko für Beeinträchtigungen in der weiteren Entwicklung.“
Bei Alexander blieben diese Nebenwirkungen nicht aus: Aufgrund der Bestrahlung hatte sich ein millimeterkleiner Tumor an der Hirnanhangsdrüse gebildet, ein sogenanntes Mikroadenom, das entfernt werden musste. „Mein Augeninnendruck hat sich auch erhöht“, sagt der 29-Jährige. Die Therapie hinterlässt aber auch seelische Spuren: So hört man von Experten, dass Jugendliche nach einer überstandenen Krebserkrankung sich und ihren Körper neu kennenlernen müssen. Das macht den Wiedereinstieg in die Schule nicht immer einfach, sagt auch Alexander. „Nicht etwa, weil mich meine Klasse ausgegrenzt hat.“ Es war wohl eher er selbst, der den Abstand gesucht hat.
Um zu zeigen, dass man mit seiner Erkrankung nicht alleine ist, hat das Klinikum Stuttgart vor fast 25 Jahren das Projekt „Prima Klima“ eingeführt – eine Freizeit, die von ehemaligen Krebspatienten und dem psychosozialen Dienst der Kinderonkologie für jüngere Betroffene veranstaltet wird. Die Teilnehmer haben entweder den Krebs gerade überstanden oder sind noch mitten in der Therapie. „Unterstützung von anderen, die das Gleiche erfahren haben, ist für Jugendliche besonders wichtig“, sagt Möck.
Bis er 15 Jahre alt war, hat Alexander jedes Jahr an den Freizeiten teilgenommen. Inzwischen organisiert er sie mit – „einfach, weil’s Spaß macht.“ Und weil er um die Wirkung des Miteinanders weiß. „Geht es einem mal nicht so gut, muss man nichts erklären“, sagt Alexander. „Die anderen wissen sofort Bescheid, was du meinst.“ Das tut gut.
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Im Januar sticht Ibrahim A. in einem fahrenden Zug auf andere Fahrgäste ein, zwei Jugendliche sterben. Nach Angaben seines Verteidigers will der 33-Jährige nun zu der Messerattacke aussagen. Unterdessen herrschen Zweifel an seiner Schuldfähigkeit.
Rund zwei Monate nach einem Messerangriff in einem Zug in Schleswig-Holstein will der Tatverdächtige nach Angaben seines Verteidigers sein bisheriges Schweigen gegenüber den Ermittlungsbehörden brechen. Wie der „Spiegel“ berichtete, wird der 33-Jährige Ibrahim A. die Tat dabei seinem Anwalt zufolge nicht bestreiten. Sein Mandant werde darüber hinaus „eine Erklärung zu den Umständen abgeben“, sagte der Verteidiger dem Magazin.
Der kurz zuvor aus einer etwa einjährigen Untersuchungshaft entlassene A. hatte am 25. Januar in einem fahrenden Regionalzug bei Brokstedt mit einem Messer auf andere Fahrgäste eingestochen. Zwei Jugendliche im Alter von 17 und 19 Jahren starben, fünf weitere Menschen wurden teils lebensgefährlich verletzt. A. wurde überwältigt und sitzt seitdem wegen des Verdachts des Mordes und des versuchten Totschlags in Untersuchungshaft.
A. stand während der Tat unter Drogen
Der Verdächtige war nach Behördenangaben ohne festen Wohnsitz und trat bereits in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung. Er stammt demnach aus Palästina und lebte seit 2014 in Deutschland. Der Fall löste eine Debatte über Abschiebungen straffälliger Ausländer aus.
Laut „Spiegel“ wird der Gesundheitszustand des 33-Jährigen derzeit von einem Gutachter untersucht. Seinem Rechtsanwalt zufolge gibt es demnach Zweifel an seiner Schuldfähigkeit. Wie das Magazin unter Berufung auf Ermittler berichtete, hatte A. bei der Tat Kokain, Morphin und Methadon im Blut. Er soll während der Tat „unvermittelt und wortlos“ agiert und laut einer Zeugin zuvor zudem einen verwirrten Eindruck gemacht haben.
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Ein Leben kann sich schlagartig auf den Kopf stellen. So auch das von Sandra Graf. Im September 1991 fiel die damals 22-Jährige beim Turntraining von in vier Meter Höhe schwingenden Schaukelringen. Gut 30 Jahre später sitzt sie in ihrem schwarzen Rollstuhl am Tisch ihres Esszimmers und erzählt gefasst von diesem tragischen Augenblick und dessen Auswirkungen auf ihr Leben. Seit dem Sturz ist Graf in den Beinen querschnittsgelähmt, man spricht von einer Paraplegie. „Eigentlich hatte ich ein riesiges Glück im Unglück.“ Die Lähmung hätte noch ein größeres Ausmaß haben können, bei dem Brust- und Armmuskulatur oder die eigenständige Atmung betroffen gewesen wären.
Fehlende Kraft und mangelnde Geduld
Die Appenzellerin wusste vom ganzen Unfall nichts mehr, als sie am nächsten Tag nach einer Operation aufwachte. Andere sagten ihr, dass sie ansprechbar gewesen sei und geantwortet habe. „Als ich dann aufgewacht bin, habe ich zwar gewusst, was ich habe, doch ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde und was das für mich bedeutet.“ Graf kannte niemanden im Umfeld mit einer ähnlichen Verletzung und hatte sich zuvor auch nicht mit einer solchen Behinderung beschäftigt. Nach dem Unfall kam die braunhaarige Frau für ein halbes Jahr nach Nottwil im Kanton Luzern in ein Paraplegikerzentrum zur Rehabilitation. Verschiedene Funktionen mussten neu erlernt werden, denn neben der Einschränkung der Beinbewegungen funktionierten auch Blase und Darm nicht mehr richtig. Das größte Problem war aber die fehlende Kraft und die neu zu erlernende Geduld: Sandra Graf braucht seither für alles viel mehr Zeit, egal ob beim Anziehen oder beim Einsteigen ins Auto. Ihr speziell umgebautes Automatikauto bietet viel mehr Selbständigkeit im Alltag. Ein Griff rechts neben dem Lenkrad ermöglicht das Beschleunigen und Bremsen von Hand. Nach drei Wochen saß die Sportlerin im Rollstuhl und musste lernen, mit diesem umzugehen: „Die Rehabilitation in Nottwil ist sehr gut, sie bereitet den Patienten auf sein zukünftiges selbständiges Leben vor und sorgt dafür, dass man in ein passendes Umfeld kommt.“ Für Graf war dies wichtig. Sie setzte sich schnell Ziele. Beim Bau von neuen Wohnblöcken in Teufen ergab sich die Möglichkeit, dass eine rollstuhlgerechte Wohnung für sie und ihren Mann Martin eingeplant werden konnte. Dazu gehört die unterfahrbare, tiefere Küche und die angepasste Dusche. Mittlerweile wohnt die Familie aber in einem typischen Appenzellerhaus in Gais. Durch die weißen Armaturen, den dunkelgrauen Boden und die Lederstühle wirkt der offene Wohn- und Essbereich modern.
Ihr Mann verbreitete Zuversicht
„Ja, ja, wir schaffen das schon“, habe ihr Mann reagiert, sagt Graf. Hingegen war ihre Mutter ängstlich und wollte ihre Tochter behüten. Dies kann die 53-Jährige erst nachvollziehen, seit sie eigene Kinder hat. Selbst dachte sie, dass sie Glück hatte im Vergleich zu anderen Patienten, denen sie in Nottwil begegnet ist. So war es einfacher, ihr Handicap anzunehmen: „Das hat mir viel gegeben, so bin ich nie groß in ein psychisches Tief gefallen.“
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In einem Regionalzug in Brandenburg attackiert ein Mann Fahrgäste mit einem axtähnlichen Gegenstand. Dabei verletzt er eine 17-Jährige schwer. Im Bahnhof Guben an der polnischen Grenze nehmen Polizisten den Mann fest.
Ein 37 Jahre alter Mann hat in einem Regionalzug von Cottbus nach Frankfurt (Oder) Fahrgäste bedroht und eine Jugendliche mit einem axtähnlichen Gegenstand verletzt. Das berichtete ein Sprecher der Polizeidirektion Süd nach ersten Erkenntnissen. Die Polizei habe den Zug am Bahnhof im brandenburgischen Guben (Kreis Spree-Neiße) gestoppt und den Verdächtigen, der polnischer Staatsbürger sei, festgenommen.
Eine 17-Jährige in dem Zug sei von dem Mann wahrscheinlich schwer verletzt worden. Sie kam ins Krankenhaus. Lebensgefahr bestehe nach ersten Erkenntnissen aber nicht, sagte der Sprecher. Zu den Hintergründen und dem Ablauf der Tat konnte die Polizei bislang keine weiteren Angaben machen.
Die Polizei wurde gegen 13.20 Uhr von dem Vorfall informiert. Bei dem verdächtigen 37-Jährigen fanden die Einsatzkräfte dann in Guben einen axtähnlichen Gegenstand. Um was genau es sich handelt, konnte der Sprecher zunächst nicht sagen.
Der Mann soll durch mehrere Waggons des Regionalzuges gelaufen sein, hieß es. Wo er zustieg, konnte die Polizei noch nicht sagen. Alkohol oder Drogen waren bei dem Verdächtigen nach bisherigen Erkenntnissen nicht im Spiel. Auch zum Motiv konnte der Polizei-Sprecher keine Angaben machen. Der festgenommene Mann kam zunächst zu einer Polizeiinspektion.
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