Lucien Favre wird 60, Hans Meyer 75 – Retter, Erneuerer, Impulsgeber


Es ist Zufall, natürlich. Denn als der Spielplan der Europa-League-Saison geplant wurde, hat niemand bei der Uefa einkalkuliert, dass Lucien Favre am 2. November seinen 60. Geburtstag feiert, und dass ein Spiel gegen Lazio im römischen Olympiastadion Erinnerungen weckt an seine Zeit als Trainer Borussias. Am 21. Februar 2013 war Favre, der nun OCG Nizza trainiert (und Werder Bremen abgesagt hat), mit Gladbach in der Ewigen Stadt und verlor 0:2 gegen Lazio.

Favre ist jedoch nicht der einzige frühere Borussia-Trainer, der in diesen Tagen einen Jubiläums-Geburtstag feiert. Am Freitag wird Hans Meyer 75. Wie Favre spielte Meyer in der jüngeren Vereinsgeschichte der Gladbacher eine wesentliche Rolle – als Retter, Erneuerer und Impulsgeber. „Beide Trainer waren sehr wichtig für Borussia“, sagt Borussias Vizepräsident Bonhof. Meyer und Favre sind kaum vergleichbare Typen Mensch, und doch gibt es Gemeinsamkeiten: Beide sind kauzig, beide haben einen klaren Plan – und „beide haben auf ihre Art den Klub geprägt“, sagt Bonhof.

Als Meyer im September 1999 kam, war Borussia auf dem tiefsten Tiefpunkt als Letzter der Zweiten Liga. Nach dem ersten Abstieg aus der Bundesliga drohte der Sturz in die Bedeutungslosigkeit. Meyers Vorgänger Bonhof, heute mit Meyer als fußballerische Kompetenz im Präsidium tätig, hatte den Kurswechsel nach dem Abstieg nicht geschafft, daher kam Meyer. Mit flotten Sprüchen, harter Hand und einem klaren Plan brachte er Borussia nach und nach zurück auf den Pfad der Tugend – im niederländischen 4-3-3-System. Meyers Star war das Kollektiv, seine Schützlinge von einst, unter anderem der heutige Manager Max Eberl, Scouting-Chef Steffen Korell, Torwarttrainer Uwe Kamps und U23-Trainer Arie van Lent, lassen auf „den Alten“ bis heute nichts kommen.

Bis zum Wiederaufstieg verging noch eine Saison. Als Borussia 2001 dann wieder erstklassig war, hatte sie die nötige Reife. Gleich im ersten Spiel gab es einen 1:0-Sieg gegen den damaligen Champions-League-Sieger Bayern München. Meyer etablierte Borussia trotz diverser Abstiegssorgen wieder im Oberhaus, bevor er seinen Job Anfang März 2003 an Ewald Lienen übergab.

Am 19. Oktober 2008 war Meyer wieder da, dieses Mal um zu retten: Borussia lief nach dem zweiten Aufenthalt in Liga zwei erneut Gefahr, abzusteigen. „Was das bedeutet hätte, kann man sich ausrechnen. Wir wären nicht da, wo wir heute sind“, sagt Bohnof. Meyer holte in der Winterpause neue Leute, unter anderem Dante, der später bei Favre zum wichtigen Achsenspieler wurde, und schaffte die legendäre Last-Minute-Rettung. Die gelang mit nur 31 Punkten und dank zweier später Tore von Roberto Colautti und Dante zu den 1:0-Siegen gegen Schalke und in Cottbus binnen wenigen Tagen. Den Neuaufbau wollte Meyer nicht mehr angehen, er ging und Michael Frontzeck kam.

Als Frontzecks Team in der Hinrunde der Saison 2010/2011 am Abgrund entlangwankte, holte Eberl, dessen quasi erste Amtshandlung als Sportdirektor die Meyer-Rückholaktion gewesen war, Favre aus der Schweiz zurück in die Bundesliga. Er wollte ihn schon früher haben, doch da wollte Favre Hertha BSC nicht verlassen, kurz darauf wurde der Waadtländer entlassen. In Gladbach übernahm er ein Team mit Potenzial, aber ohne Perspektive: Gladbach war Anfang 2011 abgeschlagener Letzter. Favre als vorgezogener Erneurer in der Zweiten Liga? Mitnichten. Er erneuerte und rettete zugleich. Borussia schaffte es noch in die Relegation, setzte sich da gegen den VfL Bochum durch – und startete plötzlich durch in neue Sphären.

Favre gilt als Trainer, der Spieler besser macht. In Gladbach machte er die ganze Mannschaft besser. In akribischer Kleinarbeit auf dem Trainingsplatz perfektionierte er sein 4-4-2-System und das Gladbach-Tiki-Taka, das bis heute die Blaupause des Borussen-Spiels ist, derart, dass die Fußballwelt von „Borussia Barcelona“ schwärmte. Ein Jahr nach dem Nicht-Abstieg stieg Favre mit Borussia quasi auf in den Europapokal – nach 16 Jahren unerfüllter Borussen-Sehnsucht.

2014 spielte sein Team erneut in der Europa League, 2015 qualifizierte es sich als Bundesliga-Dritter direkt für die Champions League. Im September 2015 verabschiedete sich Favre dann auf seltsame Art. Doch man ist wieder im Reinen. Im Sommer, während des Trainingslagers am Tegernsee, spielte Borussia gegen Nizza. Es war ein herzliches Wiedersehen mit Favre, bei dem sich auch er und das andere Geburtstagskind dieser Tage, Meyer, trafen.

Hennes Weisweiler bleibt für immer der Übertrainer in Gladbach: als Vater der Fohlenelf und Meister-Trainer, der den Mythos Gladbach geschaffen hat. Udo Lattek und Bernd Krauss sind Titel-Trainer. Doch Meyer und Favre haben der Borussia nach der Jahrtausendwende wesentliche und entscheidende Impulse gegeben. Ohne die beiden wäre der Klub nicht das, was er heute ist: Ein wirtschaftlich sehr gesunder und sportlich ambitionierter Bundesligist.

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