Mobbing unter JugendlichenMobbing bringt Eltern und Schule an Grenzen
Filder – Offenbar gibt es sie, die jungen Frauen, die tough und scheinbar mühelos alles unter einen Hut bekommen: Kind, Job, Beziehung, Haushalt, persönliche Interessen. Doch manchmal bekommt der schöne Schein auch Risse: Partnerschaften gehen auseinander, das Geld wird knapp, Kinder sind plötzlich nicht mehr knuddelig, sondern kratzbürstig. „Natürlich streiten wir“, sagt eine alleinerziehende Mutter und entlockt ihrer halbwüchsigen Tochter, die hinter dem Computer hervorlugt, ein schräges Grinsen. Nicht so lustig gestaltete sich allerdings das vergangene halbe Jahr für die beiden, die der Filder-Zeitung ihre Geschichte erzählt haben.
Mutter und Tochter Ist es tatsächlich die andere Mentalität? An ihrem früheren Wohnort in einem anderen Bundesland habe es jedenfalls nie Schwierigkeiten gegeben, sagt die jugendliche Mutter, die auf den Fildern eine Ausbildung begonnen hat. Auf dem Weg zur Arbeit lieferte sie ihre Tochter morgens an der Schule ab, doch das Mädchen machte tagelang am Hoftor wieder kehrt. Nach gehässigen Beschimpfungen sei sie einfach panisch gewesen, beteuert das Mädchen, das gerade an der Schwelle zum Teenageralter steht. Die Klasse habe sie gemobbt, real auf dem Schulhof und virtuell über Facebook. Die Mutter ist ratlos: Dies ist hier bereits die zweite Klasse, in der das Mädchen keinen Anschluss findet. Doch drastisch formulierte Drohungen via Facebook („ich schwör, die schlagen dich, du Hure“) und die Entdeckung, dass sich das Mädchen zu ritzen beginnt, machen der Mutter Angst. Mehrfaches Vorsprechen beim Lehrer, im Rektorat und selbst im Schulamt bleiben aus ihrer Sicht „ohne Ergebnis“, auf den versprochenen Rückruf des zuständigen Sozialen Dienstes wartet sie vergeblich. Die Frau hat „irgendwann keine Nerven mehr“, die Tochter weint. Der Unterrichtsausschluss wegen Schwänzens wird schließlich wieder aufgehoben und dem Mädchen eine pädagogische Betreuung zur Seite gestellt. Doch mehr als „Chillen“ sei bei dieser Einzelbetreuung nicht herausgekommen, meint die verzweifelte Mutter, die den Eindruck hat, mit ihrer Bitte um Hilfe rundum auf taube Ohren zu stoßen.
Die Schule Das Thema Cybermobbing treibt auch die Schulen um: mindestens zweimal jährlich würden externe Experten zu Aufklärungsveranstaltungen geladen, betont der Rektor. Im Unterricht spiele der verantwortungsvolle Einsatz von Computern fast täglich eine Rolle – und dennoch: die Sorglosigkeit im Umgang mit Facebook & Co. sei bei den jungen Leuten erschreckend. Ohne sich auf die konkrete Situation zu beziehen, steckt der Schulleiter die Grenzen seiner Einflussmöglichkeit ab: Im Unterricht bewegten sich die Schüler unter Anleitung im Netz, was aber am Nachmittag geschehe, entziehe sich der pädagogischen Kontrolle. Manche Kinder schafften es auch auf dem Pausenhof geschickt dem Erwachsenenblick auszuweichen – mit der Folge, dass Aggressionen und gegenseitige Pöbeleien unentdeckt bleiben. Die Schulen bemühten sich „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“, meint der Rektor, der allerdings auch von Müttern und Vätern weiß, die eigene Schwierigkeiten gern auf die Lehrer projizierten und das Heil ihrer Kinder als „Schulnomaden“ suchten. „Eltern und Schule sitzen im selben Boot, aber manchmal kommen wir alle an unsere Grenzen“, sagt der Pädagoge, „dann sind auch die Sozialen Dienste gefragt“.
Bezirkssozialdienst Dem Eindruck von Schule und Eltern, die sozialen Dienste reagierten nur zäh, weil sie notorisch unterbesetzt seien, widerspricht Barbara Hagedorn energisch. Innerhalb von zwei Wochen sei ein normaler Gesprächstermin üblich, sagt die Leiterin. Warum die Mutter ohne Antwort geblieben war, bleibt unerklärlich. Der Hilfebedarf sei allenthalben groß, stellt auch Hagedorn fest – was sich aber weniger in einer eklatanten zahlenmäßigen Zunahme als vielmehr in der Komplexität der „Fälle“ niederschlage. Ein erstes Ziel sei manchmal schon erreicht, wenn sich Eltern und Kinder die Last von der Seele reden könnten und das Gefühl hätten, tatsächlich gehört zu werden. Um zum Kernproblem vorzudringen, gehe es aber um das gesamte familiäre Beziehungsgeflecht. Ohne die Bereitschaft der Eltern, sich in die Karten schauen zu lassen, könne dabei eine Beratung kaum erfolgreich verlaufen. Zur Lösung eines Konflikts pflege der Bezirkssozialdienst enge Kooperationen mit den beiden Partnern Schule sowie Stiftung Jugendhilfe aktiv als freiem Träger. Die materielle und emotionale Überforderung der Eltern habe zweifellos zugenommen, konstatiert Barbara Hagedorn und benennt einige Gründe: „die Trennungszahlen gehen nach oben, psychische Erkrankungen sind häufiger geworden, und natürlich stellen die neuen Medien altgediente (Sozial-)Pädagogen vor völlig neue Herausforderungen“.
Erste Ansprechpartner bei Schulproblemen sind im Allgemeinen die Klassen- und Vertrauenslehrer sowie die Schulsozialarbeiter. Eltern ebenso wie Kinder und Jugendliche können sich wegen eines Konflikt- oder Beratungsgesprächs aber auch an die Erziehungshilfestationen im Landkreis wenden. Die Telefonnummer für Filderstadt lautet 39 02-29 80, die für Leinfelden-Echterdingen 94 55 23-90.
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Wenn ich Qualität hören will, dann muss ich Schallplatte hören“, sagt Holger Neumann, der Geschäftsführer der Schallplattenfabrik Pallas GmbH aus Diepholz. „Das ist so eine Art, die Musik zu zelebrieren, wie vielleicht ein anderer einen Wein genießt oder eine Zigarre raucht. Dafür muss ich mir Zeit nehmen.“ Ein erstes Gespür für die Renaissance der Vinylplatte hatte Neumann 1996 während der Love Parade in Berlin, wo eine Nachfrage nach Schallplatten aufkam. „Das waren zwar nicht viele in einer hohen Auflage, aber ich persönlich hatte so ein Feeling, dass die Schallplatte nicht tot ist und sich da eventuell was entwickeln könnte.“
Etwa im Jahr 2008 setzte dann der Vinyl-Boom ein; die hohe Nachfrage „hat uns völlig überrollt“, sagt Neumann – zum Vorteil für das Unternehmen, denn man war vorbereitet. Zur Verfügung standen Maschinen und Mitarbeiter mit Erfahrung. Diese waren während der Vinyl-Flaute von der Schallplattenproduktion in den CD-produzierenden Bereich gewechselt. „Viele andere Firmen hatten ihre ganzen Fertigungsgeräte für die Schallplatte vernichtet, einfach verschrottet. Die konnten gar kein Vinyl mehr machen“, erzählt Neumann.
Pallas ist nach Angaben des Geschäftsführers eines von fünf verbliebenen Plattenunternehmen in Europa. Sie produzieren und produzierten für internationale Stars wie Beyoncé, Miley Cyrus, Sam Smith, Metallica und Michael Jackson. Die Platten verkauft die Fabrik nicht direkt, sondern an Auftraggeber wie Sony Music, Universal Music Group und Warner Music Group. Diese haben Labels, in denen die Künstler unter Vertrag sind. Sony Music und die Universal Music Group seien die Hauptkunden und garantierten die Aufträge, sagt Neumann. „Hier sieht es teilweise aus wie im Fort Knox: Tore zu, Kameraüberwachung, Handys müssen abgeschottet werden“, berichtet Neumann. So werde verhindert, dass Topsecret-Aufträge vor ihrem eigentlichen Veröffentlichungsdatum auf den Markt kämen.
Nachfrage in der Pandemie gestiegen
Gerade hat man das 75-jährige Jubiläum gefeiert. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 240 Mitarbeiter. Die Produktion läuft fünf Tage die Woche, jeweils in drei Schichten. Die Kapazitäten der Maschinen ermöglichen die Fertigung von 170.000 Schallplatten in der Woche. Für 2023 schätzt der Geschäftsführer das Gesamtvolumen der Tonträger auf weit über 13 Millionen. 2020 seien es erst rund 5,1 Millionen Tonträger gewesen.
„In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Tonträgern besonders stark gestiegen, denn die Menschen hatten viel Zeit und haben viele Vinylplatten vor allem online gekauft“, berichtet Neumann. Es sei schwierig gewesen, die vielen Aufträge abzuarbeiten. 2023 habe der Umsatz deutlich über 10 Millionen Euro gelegen.
Wie erklärt sich Holger Neumann den Vinyl-Boom trotz steigender Bedeutung von gestreamter Musik? „Das ist zwar alles Musik, aber keine Qualität“, sagt er. „Da die Tonsignale, anders als bei der CD, nicht in Datenpaketen vorliegen, hat die Vinylplatte eine höhere Klangdynamik, und die musikalische Darbietung ist somit dynamischer und gewinnt an Authentizität.“
Nach seiner Erfahrung lassen sich Tonträger besonders auf Konzerten gut verkaufen, wo die Menschen im direkten Kontakt zu der Musik stehen und sie live erleben. Sie bewahrten sich das Musikerlebnis dann auf der Schallplatte. Nach Neumann kaufen besonders zwei Altersgruppen die Schallplatten: Menschen über 50 Jahre und, was ganz verwunderlich sei, viele Jugendliche im Alter zwischen 18 und 32 Jahren.
Der Artikel stammt aus dem F.A.Z.-Schülerprojekt „Jugend und Wirtschaft“
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Bildungsministerin Stark-Watzinger sieht Schulen in der Pflicht, die Jugend für den Ernstfall zu wappnen. Dafür müssten Zivilschutzübungen abgehalten und Lerninhalte angepasst werden. Grundsätzlich brauche es ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“.
Schulen sind aus Sicht von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in der Verantwortung, junge Menschen auf den Kriegsfall vorzubereiten. „Die Gesellschaft muss sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken.“
Die FDP-Politikerin sprach sich dafür aus, Zivilschutzübungen an Schulen abzuhalten. In anderen Ländern wie Großbritannien werde viel natürlicher mit dem Thema umgegangen. „Dort gehören Übungen für den Katastrophenfall an Schulen zum Alltag. Davon können wir lernen“, sagte Stark-Watzinger.
Ministerin regt mehr Offiziersbesuche an
Sie rief die Schulen dazu auf, ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. „Ich halte es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Vorbehalte diesbezüglich könne sie „nicht nachvollziehen“.
Die jungen Menschen müssten die Bedrohungen der Freiheit kennen und mit den Gefahren umgehen können, sagte Stark-Watzinger. Das müsse kein eigenes Schulfach, aber Lerninhalt sein. Die Schulen hätten die Aufgabe, Risiken altersgerecht aufzuzeigen, sagte sie. „Dabei geht es auch darum, Sorgen und Ängsten zu begegnen.“
Eine Rückkehr zur Wehrpflicht lehnt Stark-Watzinger ab. Die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht nannte sie „derzeit verfehlt“. Die Wehrpflicht sei ausgesetzt worden, weil sie verfassungsrechtlich nicht mehr tragbar gewesen sei. Man dürfe jetzt nicht davon ablenken, was gerade wirklich notwendig sei, nämlich die Bundeswehr so auszustatten, dass sie verteidigungsfähig sei.
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Wir übernehmen keine Verantwortung für die Sucht“, stellt Ursula Zeller klar. Jedoch nur scherzweise. Die lebhafte Frau verkauft nicht etwa Suchtmittel, sondern ist Kuratorin der „Zurich James Joyce Foundation“. Mit dieser Stiftung beherbergt die bevölkerungsreichste Stadt der Schweiz eine der größten Forschungsstätten weltweit, die sich dem irischen Schriftsteller James Joyce und allem, was mit ihm in Verbindung steht, widmet. In einem Raum, umgeben von Regalen mit Büchern und Trouvaillen, erzählt die 64-Jährige leidenschaftlich von dem Autor, dem sie seit ihrer Studienzeit verfallen ist. Ihre roten Haare wippen zu ihren Handbewegungen. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen. Es unterstreicht die Begeisterung, die die gebürtige Zürcherin für Joyce und sein Leben und vor allem seine Literatur hegt. Interessierte kämen von weit her, um Joyces Werke zu lesen. Die James Joyce Stiftung in Zürich bietet wöchentliche Lesegruppen an. Sie hätten Personen, die aus Basel oder Bern kämen, um jede Woche eineinhalb Stunden mit einer Lesegruppe in einem von Joyces Werken zu lesen. Doch wie kommt es zu einem solchen Joyce-Interesse in der Schweiz?
Immer an seiner Seite ist Nora
Die James Joyce Foundation befindet sich im zweiten Stock eines alten Riegelhauses mitten in der Altstadt. Durch die kleinen Doppelfenster dringen sachte Windstöße herein. Draußen herrscht graues Wetter. Die Wolken bilden eine dichte, tiefhängende Decke. Spannung liegt in der feuchten Luft. Angespannt muss es auch gewesen sein, als James Joyce durch die Straßen Zürichs schlenderte. Den Ersten Weltkrieg verbrachte der 1882 geborene Schriftsteller in der Schweiz sowie einige Wochen des Zweiten Weltkriegs. Immer an seiner Seite: Nora Barnacle, seine große Liebe. Nora war Joyces größte Inspiration und sein Halt im Leben. „Er hat nichts ohne sie gemacht“, erzählt Zeller. Das Genie Joyce war abhängig von einer „stabilen, geerdeten, selbstbewussten Person, wie es Nora war“. Sie habe eine eigene Meinung gehabt und sei geistig unabhängig gewesen von ihrem Mann. In Joyces bekanntestem Werk „Ulysses“ bildet Nora die Inspiration für die weibliche Hauptfigur Molly Bloom. Sogar sprachlich beeinflusste Nora Joyces literarische Figur. „Interpunktion hat sie nicht gekannt. Nora hat immer ohne Strich, Punkt und Komma geschrieben.“ Dieselbe Sprache ist im letzten Kapitel von „Ulysses“ zu finden, in dem Molly Bloom allein spricht beziehungsweise ihren Gedanken nachhängt.
Wichtige Jahre und enge Freundschaften in der Schweiz
Zusammen verließen Nora und James Joyce Irland, unverheiratet und nur vier Monate, nachdem sie sich kennengelernt hatten. „Das war ein absolutes Tabu“, sagt Zeller, „vor allem in den kleinbürgerlichen Kreisen des katholisch geprägten Irlands, aus denen sie beide stammten.“ Es war ein Aufbruch aus den religiösen und gesellschaftlichen Normen ihres Heimatlandes. Die Norm und die Kirche waren generell nicht Joyces Sache. Künstlerisch sowie in seinem privaten Leben rebellierte er dagegen. So heiratete das Paar auch nicht, als es zwei Kinder bekam. James Joyce erachtete sich selbst als Genie. Mit der festen Überzeugung, von Irland weg zu müssen, um ein erfolgreicher Künstler werden zu können, reiste er mit seiner Geliebten los. Das Ziel: Zürich. Das Paar zog nach seinem ersten Halt in Zürich schnell weiter, nachdem sich eine freie Stelle als Englischlehrperson als Irrtum erwiesen hatte.
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