Oldtimersammler Alexander Meyer


In einer Welt geprägt von Hightech hat Alexander Meyer seine ganz eigene Leidenschaft: die Welt der Oldtimer. Getrieben vom Wunsch, vergangene Epochen am Leben zu erhalten und automobile Schätze zu bewahren. Ein seltsames, laut wummerndes Ve­hikel ächzt schwerfällig die Straße in einem Dorf im Sihltal hinauf. Es ist ein etwa zweieinhalb Meter langes, rund­liches blaues Fahrzeug, das bloß drei Räder besitzt: zwei vorn, eines hinten. Es verfügt über eine kuppelförmige Karosserie und ähnelt einem Flugzeugcockpit. Beim Kirchlein macht das Automobil eine strenge Rechtskurve und landet in einer engen Quartierstraße, umgeben von hübschen Einfamilienhäuschen. Dort stoppt der Oldtimer abrupt vor ei­nem braunen Garagentor.

Stolz auf seine Heinkel-Kabine

Ein 72-jähriger Mann mit Nickelbrille und langen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen grauen Haaren steigt aus der Fronttür des kuriosen Fahrzeugs: Er heiße Alexander Meyer, sei pensionierter Primarlehrer und man könne es nicht anders sagen: ein Spinner. Er habe ein Fai­ble für alte Gegenstände. Insbesondere Oldtimerautos, Motor- und Fahrräder aus längst vergangenen Zeiten hätten es ihm angetan. Nicht zu vergessen seine Kollektionen an Dinky Toys Miniatur- und Spielzeugautos und Reklametafeln sowie Stapel an Zeitschriften dieser Periode. Bitte der Reihe nach! Er lacht und fährt fort: „Bei diesem eigenartigen Gefährt handelt es sich um eine Heinkel-Kabine, die in den 1950er-Jahren produziert wurde. Es bietet Platz für eine Familie, zwei Erwachsene und zwei kleine Kinder.“ Alexander Meyer widerspricht dem damaligen Werbeslogan amüsiert, dies sei nur Theorie, die Kabine biete höchstens zwei Erwachsenen Platz.

Meyer öffnet die Haustür und steigt ei­ne kurze Treppe empor ins Wohnzimmer. In der Stube stehen Vitrinen, die bis zum Rand mit Raritäten gefüllt sind. Jede Vi­trine beherbergt eine Vielzahl histo­ri­scher Spielzeugfahrzeuge. Die Liebe zu den Klassikern ist ersichtlich, jedes an­tike Stück ist gepflegt. Ne­ben dem Esstisch steht ein antikes Fahr­rad aus Holz. „Die ersten Velos, ab den 1810er-Jahren kons­truiert, waren hölzerne Laufräder, wie heute kleine Kinder diese benutzen. Zum Vorankommen musste man sich mit den Füßen am Boden abstoßen. In den 1860er-Jahren kamen Pedalkurbeln am Vorderrad dazu, wie bei diesem hier. Um höhere Geschwindigkeiten zu erreichen, wurde einfach das Vorderrad vergrößert. Dies führte in den 1880ern zu den gefährlichen Hochrädern, mittlerweile ganz aus Stahl gebaut, die schon fast akrobatische Fähigkeiten verlangten.“

Modernisierter Einzug nach Jerusalem

Meyers Faszination wurde von Kindesbeinen an geweckt. Als der Siebenjährige im Religionsunterricht den Einzug von Jesus in Jerusalem zeichnen musste, fügte er seinem Bild einen Old­timer bei, um zu verdeutlichen, dass die Szene sich in grauer Vorzeit abspielte – sehr zum Missfallen des Pfarrers. Der kleine Alexander war anlässlich einer Vorstellung des Zirkus Knie in den 1950ern den Tränen nahe, als er miterleben musste, wie die Clowns in der Manege zur Erheiterung des Publikums einen uralten Ford T brutal in seine Einzelteile zerlegten. In den 1960ern hat ihn das BMW-Motorrad des Dorfpolizisten so beeindruckt, dass er heute ein fast identisches Fahrzeug besitzt. Mit Gleichgesinnten flickt, repariert und tüftelt er in einem Hangar an alten Motorfahrzeugen und betont: „Es zählt allein die Freude an der alten Mechanik, nicht das Präsentieren oder Vorzeigen meiner Fundstücke.“ Alt bedeute für ihn vor 1970, danach sei alles modernes Zeug. Natürlich habe die moderne Technik ihren Reiz, aber das Tüfteln an einem aktuellen, elektronisch gesteuerten Motor gehe weit über seine Fähigkeiten hinaus. Zum Teil wartet Meyer Monate, bis er ein Ersatzteil für eine seiner Raritäten findet, manchmal per Zufall auf einem Teilemarkt. Mechaniker zu finden, die fehlende Teile neu anfertigen können, werde von Jahr zu Jahr schwieriger. Meyer hat sich Fachwissen angeeignet und kann komplizierte mechanische Arbeiten selber auszuführen.

Ein Citroën Traction Avant Coupé von 1935

Eine Geldanlage sei seine Sammlung definitiv nicht, sondern eine spannende Beschäftigung, manuell, intellektuell und im Austausch mit Hobbykollegen. Aktuell besteht sie aus mehreren Dutzend Velos, rund 20 Motorrädern und vier Oldtimern. In den über 50 Jahren als Sammler waren auch immer wieder Exklusivitäten in seinem Besitz. Neben einem seltenen Motorrad des Schweizer Herstellers Moto­sacoche, einer Werksrennmaschine von 1935, hat er Autos erworben, etwa den Sportwagen Amilcar CGSS von 1928 aus Frankreich, einen Citroën Traction Avant Coupé von 1935, einen Mercedes-Sechszylinder aus den 1950ern, diverse VWs, einen Facel Véga Facellia von 1960 und zwei Porsches aus den 1960ern. „Alle haben mir Freude bereitet.“ Aus finanziellen Gründen und wegen Platzmangels musste er sich immer wieder von Fahrzeugen trennen. Unternimmt er eine Ausfahrt mit einem seiner alten Gefährte, schmunzeln die Passanten und staunen.

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