Psychosomatische Krisen-Effekte?: Immer mehr Schulkinder haben oft „Bauchschmerzen“

Die HBSC-Studie erfasst seit 1982 die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Die Ergebnisse der aktuellen Erhebung zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler in Deutschland ihre Gesundheit größtenteils als gut einschätzen. Allerdings nehmen psychosomatische Beschwerden zu.

Bei Schulkindern in Deutschland haben Beschwerden wie Kopf-, Bauch- und Rückenschmerzen, Einschlafprobleme und Niedergeschlagenheit über die Jahre stark zugenommen. Dies ist ein Ergebnis der Studie Health Behaviour in School-aged Children (HBSC), die jetzt veröffentlicht wurde. Konkret gefragt wurden die Kinder, wie häufig sie in den vergangenen sechs Monaten zum Beispiel Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen hatten. Auch Niedergeschlagenheit, Nervosität oder Einschlafprobleme wurden erfragt.

„Etwa die Hälfte der Mädchen und ein Drittel der Jungen berichten multiple psychosomatische Gesundheitsbeschwerden, mit einem deutlichen Anstieg im zeitlichen Verlauf“, berichtet ein Forschungsteam im Fachblatt „Journal of Health Monitoring“. Dafür wurden seit dem Schuljahr 2009/10 alle vier Jahre Elf- bis 15-Jährige befragt. Insgesamt füllten rund 22.000 Kinder und Jugendliche Fragebögen aus, davon rund 6500 bei der jüngsten Erhebung 2022.

Insgesamt wurde im Rahmen der Studie ein kontinuierlicher Anstieg vielfältiger psychosomatischer Beschwerden beobachtet – zu denen etwa Bauch- oder Kopfschmerzen, Einschlafprobleme oder Gereiztheit gehören können. Einen deutlichen Sprung gebe es aber zwischen 2017/18 und 2022, berichtet das Team um Franziska Reiß und Steven Behn vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). „Das könnte unter anderem auf die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurückgeführt werden“, heißt es in der Studie. Mit Blick auf weitere Untersuchungen wird zudem festgehalten, dass sich viele Jugendliche in Deutschland auch durch die Klima- und Energiekrisen sowie den Ukraine-Krieg belastet fühlten.

Zunehmende Risikofaktoren

Fragten die Forschenden die Kinder und Jugendlichen 2022 aber direkt nach ihrer Gesundheit, so ergaben sich beim Großteil gute Werte und eine hohe Lebenszufriedenheit. Allerdings gibt es auch hier Einschnitte: Der Anteil derjenigen mit eher schlechter subjektiver Gesundheit und einer niedrigen Lebenszufriedenheit sei im Vergleich zur Welle 2017/18 deutlich angestiegen.

Die Häufigkeit von Mobbing in der Schule hat sich seit 2017 kaum verändert, ist aber im Vergleich zu 2009 und 2013 geringer geworden. Allerdings ist der Anteil der von Cybermobbing betroffenen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu 2017 von vier auf sieben Prozent angestiegen. Mehr als acht Prozent der Befragten berichteten, in der Schule gemobbt zu werden. Etwa drei Prozent – und damit im Durchschnitt ein Kind pro Klasse – gaben an, selbst zu mobben. Gender-diverse Personen sind besonders betroffen – hier berichtete fast jede Dritte von Mobbingerfahrungen.

Nur etwa jedes zehnte Mädchen, jeder fünfte Junge sowie jeder achte der gender-diversen Heranwachsenden erfüllte die Empfehlung der WHO für tägliche Bewegung von mindestens 60 Minuten. Je älter die Befragten waren, desto weniger bewegten sie sich. Während rund 15 Prozent der elfjährigen Mädchen die WHO-Bewegungsempfehlung erreichten, waren es bei den Fünfzehnjährigen nur knapp sieben Prozent.

Die HBSC-Studie wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt, in Deutschland befasst sich ein Studienverbund an mehreren Standorten damit. Es geht jeweils um verschiedene Aspekte, etwa körperliche Aktivität und Mobbing.

International wurden erste Befragungen bereits in den 1980er Jahren durchgeführt. Inzwischen sind mehr als 50 Länder in Europa sowie Nordamerika und über 450 Forschende beteiligt. Es sei eine der größten Studien zur Kinder- und Jugendgesundheit weltweit, heißt es im „Journal of Health Monitoring“. In einem Editorial werden als Herausforderungen der heutigen Zeit unter anderem die belastete mentale Gesundheit, der Umgang mit Krisen, der Einfluss sozialer Medien, der Klimawandel sowie die steigende soziale und gesundheitliche Ungleichheit genannt.

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