Ritalin und Antidepressiva: Kinder bekommen mehr Psychopharmaka

Sind immer mehr Kinder psychisch krank oder verordnen Ärzte vorschnell Psychopharmaka, statt andere Therapien in Betracht zu ziehen? Fakt ist, dass die Zahl der entsprechenden Rezepte zugenommen hat.

2012 bekamen etwa 27 von 1000 Kindern Medikamente wie Antidepressiva oder das ADHS-Medikament Ritalin verschrieben. 2004 waren es 20 von 1000. Das geht aus einer Untersuchung von Kölner Forschern hervor, die im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde. 

So erklären Forscher den Anstieg

Doch warum ist der Anteil der Heranwachsenden, die mindestens ein Psychopharmaka-Rezept ausgestellt bekamen, derart angestiegen? Das geht aus der Studie nicht eindeutig hervor. Die Gründe „können vielfältig sein“, sagen die Forscher. Es gebe jedenfalls keine Hinweise darauf, dass 2012 mehr Kinder unter psychischen Problemen gelitten hätten als in den Jahren zuvor.

Sie vermuten einen anderen Grund: Mehr Jugendliche, die bereits eine Therapie mit Medikamenten hinter sich hatten, würden erneut mit Psychopharmaka behandelt.

Daraus könne man jedoch nicht ableiten, dass die Heilungschancen der therapierten Kinder und Jugendlichen schlechter geworden seien, sagte Ingrid Schubert von der Universität Köln, die an der Studie mitgearbeitet hat. „Soweit würde ich nicht gehen. Man könnte auch sagen, sie werden vielleicht vernünftiger, weil konsequenter behandelt.“

Psycho-Hämmer für Kinder

Die Neuverordnungen von Methylphenidat (Ritalin) bei ADHS gehen in Deutschland seit 2008 leicht zurück. Besorgniserregend findet die Wissenschaftlerin dagegen, dass bei Kindern die Zahl der Behandlungen mit Antipsychotika zugenommen hat. „Das sind zum Teil sehr stark wirkende Medikamente, die bei Schizophrenie eingesetzt werden“, erklärt sie. Schubert und ihre Kollegen fordern gerade bei Antipsychotika zusätzliche Leitlinien für Ärzte. 

Zudem müsse ein kritisches Bewusstsein geschaffen werden. Psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen müssten frühzeitig erkannt werden. Es gelte, ihnen mit sozialen oder pädagogischen Maßnahmen zu helfen, bevor Medikamente nötig werden.

Jedes fünfte Kind „psychisch auffällig“

Schubert und ihr Team werteten die Daten von über vier Millionen gesetzlich Versicherten im Alter von null bis 17 Jahren aus. Nach Angaben der Forscherin gibt es bei rund 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland Hinweise auf psychische Auffälligkeiten.

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