Bluthochdruck bei Kindern„Schon bei Erstklässlern leidet das Herz“
Göttingen –
Herr Hulpke-Wette, schon die Jüngsten in der Gesellschaft leiden unter einem Bluthochdruck. Wie macht sich das bei Kindern in Ihrer Praxis bemerkbar?
Da gibt es beispielsweise Fünfjährige, die vom Augenarzt überwiesen werden, weil die Gefäße im Augenhintergrund so verändert sind, dass es sich um eine Blutdruckveränderung handeln muss. Oder Neunjährige, die aufgrund der Hypertonie, also einem Bluthochdruck, schon Nierenschäden haben und mit dem Urin sehr viel Eiweiß ausscheiden. Häufig sind auch Erstklässler dabei, deren Herzen schon eine krankhafte Veränderung aufweisen. Einen Vorteil haben die Kinder gegenüber Erwachsenen mit Bluthochdruck: Bei einer konsequenten Behandlung können sich die organischen Schäden vollständig normalisieren. Dann muss der Bluthochdruck aber auch frühzeitig erkannt werden.
Die Deutsche Hochdruckliga spricht von 700 000 Kindern und Jugendlichen, die einen grenzwertigen oder einen schon zu hohen Blutdruck haben. Wie viele davon werden tatsächlich behandelt?
Wir gehen davon aus, dass die Hypertonie nur bei 0,5 Prozent der Betroffenen erkannt wird. Man muss dazu sagen, dass die 700 000 Betroffenen lediglich eine Schätzung sind. Diese Zahlen habe ich aus der KIGGS-Studie abgeleitet (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen des Robert-Koch-Instituts, Anm. d. Red.) – die ist allerdings schon zehn Jahre alt. Übertrieben ist die Schätzung deswegen aber nicht. Ich selbst bin in einer speziellen Praxis tätig, der Präventionspraxis für Herz- Kreislauf-Erkrankungen, und betreue mehr als 500 Patienten mit Bluthochdruck. Und ich bekomme jeden Tag Patienten mit Verdacht auf eine Hypertonie überwiesen. Es ist aber sehr schwer, an aktuelle Daten zu kommen. Unsere ganzen Bemühungen aus den Fachgesellschaften heraus, Forschungsprojekte zu starten, sind im Antragsverfahren gescheitert. Das Interesse bei Krankenkassen, aber auch in der Politik an diesem Problem ist nicht sehr groß.
Aber ist es nicht offensichtlich, dass der Bluthochdruck bei Kindern und Jugendlichen zunimmt?
Das lässt sich nicht einfach beantworten. Das Bewusstsein für diese Erkrankung nimmt zumindest im medizinischen Bereich zu: Die Kollegen achten mehr auf die Symptome und somit tauchen auch mehr Patienten auf. Aber es gibt auch einige Faktoren im Leben von Kindern und Jugendlichen, die sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich verändert haben.
Und die wären?
Da wäre beispielsweise die deutliche Zunahme an Übergewicht, das eine Bluthochdruckerkrankung begünstigen kann. Allerdings: Nicht jeder, der übergewichtig oder schwer übergewichtig ist, hat automatisch einen zu hohen Blutdruck. Ich betreue beispielsweise 140 Kilo schwere Patienten, die haben völlig normale Werte. Ein weiterer Faktor ist der Konsum von koffeinhaltigen Getränken. Etwa 13 Prozent der Grundschüler greifen schon zu Energydrinks. Das Problem dabei ist, dass man viel über die akute Wirkung und Nebenwirkungen dieser Getränke weiß, aber es keine wissenschaftliche Untersuchung darüber gibt, was die Langzeitfolgen sind, wenn Energydrinks regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg getrunken werden.
Welche körperlichen Schäden kämen denn da in Frage?
Ich habe bei Patienten festgestellt, bei denen man von einem chronischen Missbrauch dieser Getränke sprechen kann, dass es zu einer Wandverdickung der linken Herzkammer gekommen ist. Sprich: Die Wand ist zwei Zentimeter dick, normal sind aber 0,7 bis 0,8 Zentimeter. Das führt unbehandelt zu einer erheblichen Funktionsstörung des Herzens. Wenn ich solche Patienten sehe, mache ich mir aber keine Sorgen, weil ich weiß, dass nach spätestens drei Jahren guter Behandlung die Herzkammer wieder normal ausgebildet ist – das wäre bei einem Erwachsenen von 35 Jahren nicht mehr möglich. Diese Herzen werden ernsthaft krank.
Wie macht sich eine Bluthochdruckerkrankung denn für Laien bemerkbar?
Grundsätzlich sollten Eltern den Blutdruck ihrer Kinder messen lassen, wenn in der Familie mehrere Fälle von Hypertonie bekannt sind. Denn es gibt dafür eine familiäre Veranlagung. Insbesondere sollte man hellhörig werden, wenn ein Kind über Kopfschmerzen klagt. Auch häufiges Nasenbluten kann ein Anzeichen sein, sowie Konzentrationsschwierigkeiten etwa in der Schule oder beim Sport. Es gibt Kinder, die werden gegen die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ADHS behandelt, haben aber in Wahrheit einen zu hohen Blutdruck.
Also wird ein Teil der ADHS-Kinder falsch behandelt?
Ja, und nicht nur das: Auch ADHS-Kinder können einen erhöhten Blutdruck entwickeln – allein durch die Gabe von Methylphenidat, auch als Ritalin bekannt. Eine Substanz, die ungefähr 450 000 Kinder in Deutschland verabreicht bekommen. In einer Untersuchung haben wir festgestellt: Dieses Medikament senkt zwar bei einigen den Blutdruck, kann aber auch zu einer bedeutsamen Blutdruckerhöhung führen. Demnach haben Kinder mit einem ADHS-Syndrom, das mit Ritalin behandelt wird, auch ein höheres Bluthochdruckrisiko.
Nun gibt es doch gerade im Kindesalter die U-Untersuchungen, die regelmäßige Arztbesuche voraussetzen. Warum wird der Bluthochdruck dennoch so selten entdeckt?
Zum einen ist es immer noch Unwissen: Ich selbst fordere bei Fortbildungen die Kollegen auf, die Eltern der Kinder, die zu ihnen in die Praxis kommen, mehr zu sensibilisieren. Sie sollten nachfragen, ob bei den Kindern und Jugendlichen schon der Blutdruck gemessen wurde. Das ist häufig nicht der Fall. Eine professionell durchgeführte Messung bei einem Dreijährigen kostet den Arzt zehn Minuten. Das ist viel Zeit, wenn man bedenkt, dass in einer Kinderarztpraxis täglich zwischen 80 bis 100 Patienten behandelt werden. Selbst in meiner Praxis wird nicht bei jedem, der kommt, der Blutdruck gemessen. Dennoch sollte bei jedem Kind ab drei Jahren mindestens einmal im Jahr eine Blutdruckmessung durchgeführt werden.
Zur Person:
Der Kinderarzt und Kinderkardiologe Martin Hulpke-Wette wurde 1962 in Bonn geboren. Er studierte 1981 bis 1987 Medizin in Göttingen. Seit 2005 ist er niedergelassener Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Schwerpunkt Pädiatrische Kardiologie. Er ist Mitglied in diversen Fachgesellschaften, darunter der Deutschen Hochdruckliga.
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Wenn ich Qualität hören will, dann muss ich Schallplatte hören“, sagt Holger Neumann, der Geschäftsführer der Schallplattenfabrik Pallas GmbH aus Diepholz. „Das ist so eine Art, die Musik zu zelebrieren, wie vielleicht ein anderer einen Wein genießt oder eine Zigarre raucht. Dafür muss ich mir Zeit nehmen.“ Ein erstes Gespür für die Renaissance der Vinylplatte hatte Neumann 1996 während der Love Parade in Berlin, wo eine Nachfrage nach Schallplatten aufkam. „Das waren zwar nicht viele in einer hohen Auflage, aber ich persönlich hatte so ein Feeling, dass die Schallplatte nicht tot ist und sich da eventuell was entwickeln könnte.“
Etwa im Jahr 2008 setzte dann der Vinyl-Boom ein; die hohe Nachfrage „hat uns völlig überrollt“, sagt Neumann – zum Vorteil für das Unternehmen, denn man war vorbereitet. Zur Verfügung standen Maschinen und Mitarbeiter mit Erfahrung. Diese waren während der Vinyl-Flaute von der Schallplattenproduktion in den CD-produzierenden Bereich gewechselt. „Viele andere Firmen hatten ihre ganzen Fertigungsgeräte für die Schallplatte vernichtet, einfach verschrottet. Die konnten gar kein Vinyl mehr machen“, erzählt Neumann.
Pallas ist nach Angaben des Geschäftsführers eines von fünf verbliebenen Plattenunternehmen in Europa. Sie produzieren und produzierten für internationale Stars wie Beyoncé, Miley Cyrus, Sam Smith, Metallica und Michael Jackson. Die Platten verkauft die Fabrik nicht direkt, sondern an Auftraggeber wie Sony Music, Universal Music Group und Warner Music Group. Diese haben Labels, in denen die Künstler unter Vertrag sind. Sony Music und die Universal Music Group seien die Hauptkunden und garantierten die Aufträge, sagt Neumann. „Hier sieht es teilweise aus wie im Fort Knox: Tore zu, Kameraüberwachung, Handys müssen abgeschottet werden“, berichtet Neumann. So werde verhindert, dass Topsecret-Aufträge vor ihrem eigentlichen Veröffentlichungsdatum auf den Markt kämen.
Nachfrage in der Pandemie gestiegen
Gerade hat man das 75-jährige Jubiläum gefeiert. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 240 Mitarbeiter. Die Produktion läuft fünf Tage die Woche, jeweils in drei Schichten. Die Kapazitäten der Maschinen ermöglichen die Fertigung von 170.000 Schallplatten in der Woche. Für 2023 schätzt der Geschäftsführer das Gesamtvolumen der Tonträger auf weit über 13 Millionen. 2020 seien es erst rund 5,1 Millionen Tonträger gewesen.
„In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Tonträgern besonders stark gestiegen, denn die Menschen hatten viel Zeit und haben viele Vinylplatten vor allem online gekauft“, berichtet Neumann. Es sei schwierig gewesen, die vielen Aufträge abzuarbeiten. 2023 habe der Umsatz deutlich über 10 Millionen Euro gelegen.
Wie erklärt sich Holger Neumann den Vinyl-Boom trotz steigender Bedeutung von gestreamter Musik? „Das ist zwar alles Musik, aber keine Qualität“, sagt er. „Da die Tonsignale, anders als bei der CD, nicht in Datenpaketen vorliegen, hat die Vinylplatte eine höhere Klangdynamik, und die musikalische Darbietung ist somit dynamischer und gewinnt an Authentizität.“
Nach seiner Erfahrung lassen sich Tonträger besonders auf Konzerten gut verkaufen, wo die Menschen im direkten Kontakt zu der Musik stehen und sie live erleben. Sie bewahrten sich das Musikerlebnis dann auf der Schallplatte. Nach Neumann kaufen besonders zwei Altersgruppen die Schallplatten: Menschen über 50 Jahre und, was ganz verwunderlich sei, viele Jugendliche im Alter zwischen 18 und 32 Jahren.
Der Artikel stammt aus dem F.A.Z.-Schülerprojekt „Jugend und Wirtschaft“
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Bildungsministerin Stark-Watzinger sieht Schulen in der Pflicht, die Jugend für den Ernstfall zu wappnen. Dafür müssten Zivilschutzübungen abgehalten und Lerninhalte angepasst werden. Grundsätzlich brauche es ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“.
Schulen sind aus Sicht von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in der Verantwortung, junge Menschen auf den Kriegsfall vorzubereiten. „Die Gesellschaft muss sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Zivilschutz ist immens wichtig, er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken.“
Die FDP-Politikerin sprach sich dafür aus, Zivilschutzübungen an Schulen abzuhalten. In anderen Ländern wie Großbritannien werde viel natürlicher mit dem Thema umgegangen. „Dort gehören Übungen für den Katastrophenfall an Schulen zum Alltag. Davon können wir lernen“, sagte Stark-Watzinger.
Ministerin regt mehr Offiziersbesuche an
Sie rief die Schulen dazu auf, ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. „Ich halte es für wichtig, dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Vorbehalte diesbezüglich könne sie „nicht nachvollziehen“.
Die jungen Menschen müssten die Bedrohungen der Freiheit kennen und mit den Gefahren umgehen können, sagte Stark-Watzinger. Das müsse kein eigenes Schulfach, aber Lerninhalt sein. Die Schulen hätten die Aufgabe, Risiken altersgerecht aufzuzeigen, sagte sie. „Dabei geht es auch darum, Sorgen und Ängsten zu begegnen.“
Eine Rückkehr zur Wehrpflicht lehnt Stark-Watzinger ab. Die Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht nannte sie „derzeit verfehlt“. Die Wehrpflicht sei ausgesetzt worden, weil sie verfassungsrechtlich nicht mehr tragbar gewesen sei. Man dürfe jetzt nicht davon ablenken, was gerade wirklich notwendig sei, nämlich die Bundeswehr so auszustatten, dass sie verteidigungsfähig sei.
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Wir übernehmen keine Verantwortung für die Sucht“, stellt Ursula Zeller klar. Jedoch nur scherzweise. Die lebhafte Frau verkauft nicht etwa Suchtmittel, sondern ist Kuratorin der „Zurich James Joyce Foundation“. Mit dieser Stiftung beherbergt die bevölkerungsreichste Stadt der Schweiz eine der größten Forschungsstätten weltweit, die sich dem irischen Schriftsteller James Joyce und allem, was mit ihm in Verbindung steht, widmet. In einem Raum, umgeben von Regalen mit Büchern und Trouvaillen, erzählt die 64-Jährige leidenschaftlich von dem Autor, dem sie seit ihrer Studienzeit verfallen ist. Ihre roten Haare wippen zu ihren Handbewegungen. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen. Es unterstreicht die Begeisterung, die die gebürtige Zürcherin für Joyce und sein Leben und vor allem seine Literatur hegt. Interessierte kämen von weit her, um Joyces Werke zu lesen. Die James Joyce Stiftung in Zürich bietet wöchentliche Lesegruppen an. Sie hätten Personen, die aus Basel oder Bern kämen, um jede Woche eineinhalb Stunden mit einer Lesegruppe in einem von Joyces Werken zu lesen. Doch wie kommt es zu einem solchen Joyce-Interesse in der Schweiz?
Immer an seiner Seite ist Nora
Die James Joyce Foundation befindet sich im zweiten Stock eines alten Riegelhauses mitten in der Altstadt. Durch die kleinen Doppelfenster dringen sachte Windstöße herein. Draußen herrscht graues Wetter. Die Wolken bilden eine dichte, tiefhängende Decke. Spannung liegt in der feuchten Luft. Angespannt muss es auch gewesen sein, als James Joyce durch die Straßen Zürichs schlenderte. Den Ersten Weltkrieg verbrachte der 1882 geborene Schriftsteller in der Schweiz sowie einige Wochen des Zweiten Weltkriegs. Immer an seiner Seite: Nora Barnacle, seine große Liebe. Nora war Joyces größte Inspiration und sein Halt im Leben. „Er hat nichts ohne sie gemacht“, erzählt Zeller. Das Genie Joyce war abhängig von einer „stabilen, geerdeten, selbstbewussten Person, wie es Nora war“. Sie habe eine eigene Meinung gehabt und sei geistig unabhängig gewesen von ihrem Mann. In Joyces bekanntestem Werk „Ulysses“ bildet Nora die Inspiration für die weibliche Hauptfigur Molly Bloom. Sogar sprachlich beeinflusste Nora Joyces literarische Figur. „Interpunktion hat sie nicht gekannt. Nora hat immer ohne Strich, Punkt und Komma geschrieben.“ Dieselbe Sprache ist im letzten Kapitel von „Ulysses“ zu finden, in dem Molly Bloom allein spricht beziehungsweise ihren Gedanken nachhängt.
Wichtige Jahre und enge Freundschaften in der Schweiz
Zusammen verließen Nora und James Joyce Irland, unverheiratet und nur vier Monate, nachdem sie sich kennengelernt hatten. „Das war ein absolutes Tabu“, sagt Zeller, „vor allem in den kleinbürgerlichen Kreisen des katholisch geprägten Irlands, aus denen sie beide stammten.“ Es war ein Aufbruch aus den religiösen und gesellschaftlichen Normen ihres Heimatlandes. Die Norm und die Kirche waren generell nicht Joyces Sache. Künstlerisch sowie in seinem privaten Leben rebellierte er dagegen. So heiratete das Paar auch nicht, als es zwei Kinder bekam. James Joyce erachtete sich selbst als Genie. Mit der festen Überzeugung, von Irland weg zu müssen, um ein erfolgreicher Künstler werden zu können, reiste er mit seiner Geliebten los. Das Ziel: Zürich. Das Paar zog nach seinem ersten Halt in Zürich schnell weiter, nachdem sich eine freie Stelle als Englischlehrperson als Irrtum erwiesen hatte.
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