„Tanjas BH“ entfacht Feminismus-Debatte – Kritik am Oetinger-Verlag

Da will jemand witzig sein, aber es geht nach hinten los. Ausgerechnet der renommierte Oetinger-Verlag, der Astrid Lindgrens Bücher vertreibt, hat es sich jetzt mit Müttern, Feministinnen und ziemlich vielen Internet-Nutzern verdorben. Schuld ist Tanjas BH oder vielmehr ein Plakat, das für ein neues Jungsbuch werben soll. Der Titel: „Die inneren Werte von Tanjas BH“. Dafür erntete der Verlag einen Shitstorm.

Die Zeichnung auf dem Poster bedient sämtliche Rollenklischees, aber sicherlich ist das nur Ironie, die Jungen mit 14 bestimmt sofort verstehen. Sie haben ja auch ein „Superhirn“, wo Mädchen nur einen „Hohlraum“ haben und eine „Intelligenzausgabestation“ an der Stelle, die beim weiblichen Pendant eine „Quasselstation“ einnimmt. Das Poster beschreibt auf diese Weise fast alle Körperteile von Jungen und Mädchen. Ben ist komplett angezogen, er trägt Jeans und T-Shirt. Tanja ist im knappen Bikini abgebildet. Ihre Brust ist das „Verwirrmodul“ und Ben hat im Schritt einen „Undercover-Sensor“.

Fazit: Der Junge ist cool, witzig und intelligent, das Mädchen ist hübsch und – äh? War da noch was?

Rollenklischees mit Verwirrmodul contra Undercover-Sensor untermauert

„Witzig, respektlos und mit einem ultracoolen Mädchen- und Jungsposter in jedem Buch.“, so wirbt der Oetinger-Verlag dafür. Das hat die Kampagne @feminismusheute aufgegriffen. Der Tweet „#IchbraucheFeminismus, damit solche Werbung nicht mehr in Schulen aufgehängt werden darf!“ hat die Aufregung im Netz ausgelöst. Das Bild zeigt das Plakat in einem Gymnasium in Mecklenburg-Vorpommern.

Respektlos und überhaupt nicht witzig finden zahlreiche User in den sozialen Netzwerken die Kampagne. Rollenklischees würden bedient und verfestigt. „Ultracool“ wie der Verlag selbst, findet es keiner. Auf Twitter fragt „Die_Mutti“: Oetinger-Verlag – geht’s noch?“

Der Oetinger-Verlag, der unter anderem „Pippi Langstrumpf“, Bücher von Kirsten Boie und „Die Tribute von Panem“ im Sortiment hat, verteidigt sich auf seiner Facebook-Seite und ruft zur Diskussion von Rollenklischees auf:

„Heute online heiß diskutiert: Dieses Plakat, das dem Buch ‚Die inneren Werte von Tanjas BH‘ beiliegt, zeigt den Blick des dreizehnjährigen Ben auf gleichaltrige Mädchen. Ben tappt von einem Fettnapf in den nächsten, weil er sich von Geschlechterklischees leiten lässt. Der Leser lacht über Bens ironisch zugespitzte Verirrungen. Das Plakat folgt dem gleichen Prinzip und ist absichtlich so deutlich überzeichnet, um keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen: Hier geht es nicht um eine ernst gemeinte Darstellung von Geschlechtereigenschaften, sondern um unter Jugendlichen in der Pubertät weit verbreitete Vorurteile. Wir als Jugendbuchverlag nehmen dieses Thema ernst und greifen hier zum Mittel der Ironie. Welche Geschlechterklischees nerven Euch?“

Oetinger-Verlag wollte ironisch sein

Laut „Buzzfeed“ sagte Geschäftsführerin Doris Jahnsen, der Verlag habe das Buch verlegt, um mit Geschlechterklischees zu spielen, man wolle sie nicht zementieren, sondern ironisch vorführen. Die Zeichnungen seien so überzogen, dass man über die Geschlechterklischees doch nur lachen könne. „Und Humor ist bekanntermaßen die beste Waffe gegen stereotype Vorstellungen.“

Heute online heiß diskutiert: Dieses Plakat, das dem Buch „Die inneren Werte von Tanjas BH“ beiliegt, zeigt den Blick…

Posted by Verlagsgruppe Oetinger on Mittwoch, 8. April 2015

Lieber Oetinger-Verlag! Wir raten, nächstes Mal unbedingt „Ironie“ in dicken Lettern dazuschreiben. Klar sind die Klischees überzogen, richtig lustig ist das trotzdem nicht, schon deshalb, weil kein Jugendlicher aus der Zielgruppe so spricht – egal ob er eine Intelligenzausgabestation oder eine Quasselstation besitzt.

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