Therapiehund in der Jugendpsychiatrie


Im Büro hört man kurz ein Schlabbern, auf das tapsige Schritte folgen. Die Tür zum Flur ist offen, aber man hört keinen Mucks aus dem langen Gang. Das ist eher die Ausnahme, normalerweise herrscht hier ein wildes Getümmel aus Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und mittendrin: drei Hunde. Einer davon ist Spi­tha, die therapiebegleitende Hündin von Ortrun Berger, einer Kinder- und Jugendpsychotherapeutin in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau. Die weiße Mischlingshündin, die die Therapeutin jeden Tag begleitet, lässt sich nach dem Trinken auf den Teppich des Büros plumpsen und schließt die Augen. Das Nickerchen hat sie nach dem langen Arbeitstag verdient.

Eingespieltes Team

Spitha arbeitet Vollzeit: Von 9 bis 18 Uhr ist sie für die Patienten da. Der Tag beginnt mit einem Spaziergang gemeinsam mit den Patienten der Kinderstation um das Klinikum. Die Kinder wechseln sich beim Halten der Leine ab und wollen sie gar nicht mehr abgeben. Wieder angekommen im Büro geht es gleich zum nächsten Termin, der Einzeltherapie. Hier steht Spitha den Kindern und Jugendlichen während ihrer Therapiestunden bei und dient als Ruhepol. Spithas Empathiefähigkeit ist phantastisch, genau diese Empathie ist wertvoll bei dem Kontakt mit den Patienten. Täglich tröstet die Hündin traurige Kinder oder beruhigt sie nach einer Auseinandersetzung.

Mit plärrenden oder tobenden Kindern habe die Hündin kein Problem, man müsse nur aufpassen, dass sie in der Unruhe nicht aus Versehen verletzt wird. Am Nachmittag gibt es immer eine Gruppentherapie, bei der die Patienten im Team zusammenarbeiten, um Spitha einen Parcours aufzubauen, oder gemeinsam mit der Hündin den nahe gelegenen Tierpark besuchen. Dort können sie Ziegen streicheln, Pferde halftern und Esel striegeln. Am Abend gibt es dann noch mal einen Spaziergang, diesmal mit der Jugendstation der KJP. „Wenn ich ihr abends das Dienstgeschirr ausziehe, weiß sie, dass Feierabend ist, und dann freut sie sich“, schmunzelt Ortrun Berger. Dennoch freue sich Spitha mindestens genau so, wenn morgens das Geschirr wieder angelegt wird. Das eingespielte Team kennt sich seit 2019. Nach dem Tod ihrer früheren Hündin Tessi adoptierte Berger die Hündin Spitha, der Funke zwischen den beiden sei sofort übergesprungen. Das passt: Spitha ist griechisch und bedeutet Funke. Die Hündin wurde über einen Mainzer Tierschutzverein von den Straßen der Insel Santorin geholt und per Fähre, Flugzeug und Transporter nach Deutschland gebracht. Obwohl Spitha zunächst keine deutschen Kommandos verstand, bestand sie ein halbes Jahr nach der Adoption die Prüfung zum Therapiebegleithund.

Latein und Französisch verschläft sie

Die tiergestützte Therapie kam am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau mit dem Einstieg von Ortrun Berger und Spitha 2020 richtig in Schwung. Zuvor arbeitete das Team gemeinsam in der KJP des Bezirksklinikums Ansbach, wo Berger 20 Jahre lang die tiergestützte Therapie leitete. Natürlich ist Spitha auch präsent bei der Therapie gegen Hundephobie. Hierbei wagen es die Patienten, immer näheren Kontakt mit Hunden zu haben: „Spitha ist das Einsteigermodell; klein, niedlich und kuschelig.“ Später treffen die Kinder dann auf größere Hunde wie den Labradoodle Dude, einen der Therapiehunde der Therapeutin Anthia Siutis. Natürlich hat Spitha Pausen. Sie schläft, wenn Berger Büroarbeit erledigt oder wenn Spitha im Klinikschul-Unterricht ist. „Sie ist die Einzige, die in Latein, Französisch und Chemie einfach schlafen darf und dafür noch gerühmt wird.“

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