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Zukunft in Deutschland – so denken Jugendliche
Die allermeisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland blicken optimistisch in die eigene Zukunft. Nur knapp jeder Fünfte äußert sich pessimistisch – und glaubt außerdem, dass es ihm einmal schlechter gehen wird als seinen Eltern. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und des Sinus-Instituts, die dem SPIEGEL vorliegt und am Montag vorgestellt werden soll.
Forscher haben mehr als 1000 Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren befragt, wie sie in die Zukunft blicken, wie gut sie sich auf die Zukunft vorbereitet fühlen und welche Kompetenzen sie für wichtig halten. Die Ergebnisse im Überblick:
Wie sehen junge Menschen ihre eigene Zukunft?
Auf die Frage, wie sie sich die eigene Zukunft vorstellen, äußerten sich 58 Prozent
der Befragten “eher zuversichtlich”. Uneingeschränkt zuversichtlich zeigten sich 24 Prozent. “Eher düster” sehen 15 Prozent der jungen Menschen die Zukunft, nur 3 Prozent “sehr düster”.
Zwischen Mädchen und Jungen zeigten sich bei dieser Antwort keine großen Unterschiede, wohl aber hinsichtlich des Alters und Bildungsgrades der Befragten.
- 27 Prozent der sogenannten bildungsfernen Jugendlichen und jungen Erwachsenen schauen pessimistisch in die eigene Zukunft. Unter den angehenden Abiturienten sind es nur 12 Prozent.
- Der Optimismus lässt außerdem mit dem Alter nach: Die jüngeren Befragten sind etwas häufiger positiv gestimmt als die älteren.
Wie werden Chancen zum sozialen Aufstieg beurteilt?
Nur ein Drittel der Befragten glaubt, dass es ihnen im Vergleich zu ihren Eltern in Zukunft besser gehen wird. Knapp jeder Fünfte geht von einer Verschlechterung aus. Fast die Hälfte rechnet damit, dass es ihnen gleich gut gehen wird.
Junge Männer sind den Angaben zufolge etwas zuversichtlicher, was sozialen Aufstieg betrifft, als junge Frauen. Wer jünger und höher gebildet ist, zeigt sich im Schnitt ebenfalls etwas optimistischer als andere.
Studien haben wiederholt gezeigt, dass der soziale Aufstieg in Deutschland schwieriger ist als in vielen anderen Industrienationen stärker vom Elternhaus abhängt als in vielen anderen Ländern.
Mehrheit ist pessimistisch, wenn es um die
Gesellschaft geht
Deutlich weniger rosig als die eigene Zukunft sehen Jugendliche und junge Erwachsene die Zukunft der Gesellschaft in Deutschland, wie es in der Studie heißt. Dieser Unterschied lasse sich auch in Studien feststellen, bei denen nur Erwachsene befragt werden, schreiben die Autoren. Er sei in der jungen Generation allerdings noch ausgeprägter.
- Rund ein Drittel ist optimistisch, wenn es um die Zukunft der Gesellschaft geht.
- “Eher düster” blickt hingegen mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer in die Zukunft der Gesellschaft, 9 Prozent sogar “düster”.
- Jugendliche und junge Erwachsene mit hoher Bildung antworten hier optimistischer als Befragte mit niedriger und mittlerer Bildung.
Wie gut sehen sich Jugendliche auf die Zukunft vorbereitet?
Die meisten jungen Menschen fühlten sich “eher gut” auf das vorbereitet, was sie in den kommenden Jahren erwartet. Rund ein Drittel schätzte die eigenen Kompetenzen “eher schlecht” oder “sehr schlecht” ein, heißt es in der Studie. Junge Männer zeigten sich demnach selbstbewusster als junge Frauen: 71 Prozent im Vergleich zu 58 Prozent.
Die größte Diskrepanz zwischen der Selbsteinschätzung und der Beurteilung, worauf es künftig im Job ankommt, offenbart sich der Studie zufolge bei Fähigkeiten, die die Forscher den Bereichen
Coolness und Charisma
zuordnen.
- Nur zwei Drittel der Befragten sagen, dass sie “bei Stress einen kühlen Kopf bewahren”, aber fast alle rechnen damit, dass dies in Zukunft wichtig sein wird.
- 6 von 10 attestieren sich ein “gutes Zeitmanagement”, aber 9 von 10 halten dies für eine wichtige Zukunftskompetenz.
- Knapp die Hälfte der Befragten finden, dass sie gut darin sind, “vor fremden Leuten etwas vorzutragen”, aber fast Dreiviertel rechnen damit, dass diese Fähigkeit im Berufsleben wichtig sein wird.
Die Autoren erklären sich diese Unterschiede damit, dass junge Menschen oft noch wenig Erfahrungen gesammelt hätten. Deshalb würden sie “schüchterner” antworten.
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Mehrheit der Jugendlichen glaubt, die Regierung verschweige “die Wahrheit”
Die Jugend von heute? Weltgewandte Teenager, die Freitag für Freitag in deutschen Innenstädten gegen die Klimapolitik protestieren, sich auf Englisch mit Mitstreitern auf der ganzen Welt austauschen, sich in Flüchtlingsprojekten engagieren – das ist für viele das derzeit vorherrschende Bild.
Doch es zeigt anscheinend nur die halbe Wahrheit – das legen die Ergebnisse der 18. Shell-Jugendstudie nahe, die nun in Berlin vorgestellt wurde.
Zwischen Januar und März befragten die Wissenschaftler um “Jugend-Erklärer” Klaus Hurrelmann von der Berliner Hertie School of Governance mehr als 2500 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 27 Jahren. Aus den Antworten erstellten sie das Portrait einer so ganz und gar nicht einheitlichen Generation.
Im Schatten der Engagierten, das ist eine Haupterkenntnis der Studie, wächst eine Gruppe heran, die sich von Politik missverstanden, ignoriert und sogar manipuliert fühle – und die in Teilen Denk- und Verhaltensmuster von Populisten übernommen habe, schreiben die Autoren.
- “In Deutschland darf man nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden” – dieser Aussage stimmen 68 Prozent der Befragten zu.
- Mehr als die Hälfte (53 Prozent) glaubt, “die Regierung verschweigt der Bevölkerung die Wahrheit”.
- Ein gutes Drittel ist der Meinung, die deutsche Gesellschaft werde “durch den Islam unterwandert”.
Aus Aussagen wie diesen spricht ein Misstrauen gegenüber dem Establishment, gegenüber politischen und gesellschaftlichen Eliten. Sie knüpfen an “latente Ängste” an, “dass man selbst zu kurz kommen könnte”. Und sie zeugen von Intoleranz, die sich in einem Teil der sonst so offen wirkenden Altersgruppe festgesetzt hat.
Zwar betont die Mehrheit der Jugendlichen (57 Prozent), sie fänden es gut, dass Deutschland viele Flüchtlinge aufgenommen habe. Gleichzeitig gibt ein Fünftel an, sie fänden es nicht so gut, wenn in der Wohnung nebenan eine Flüchtlingsfamilie einziehen würde. 18 Prozent lehnen es ab, neben einer türkischen Familie zu wohnen.
Mit Optimismus in die Zukunft
Die positiven Entwicklungen rücken angesichts dieser Tendenzen fast in den Hintergrund. So blicken Jugendliche heutzutage überaus optimistisch in ihre persönliche Zukunft, zum ersten Mal seit 2006 liegen junge Menschen in Ost- und Westdeutschland hier gleich auf. Auch in anderen Gebieten nivellieren sich 30 Jahre nach dem Mauerfall die Unterschiede zwischen neuen und alten Bundesländern.
Die Zuversicht der jungen Generation speist sich auch aus ihrer Überzeugung, dass es in Deutschland weitgehend gerecht zugeht. Sie glauben den Wissenschaftlern zufolge daran, dass jeder und jede in diesem Land etwas aus sich machen kann, wenn man zu Leistung bereit ist. 87 Prozent der Auszubildenden sind sich demnach sicher, im Anschluss an die Lehre eine Anstellung zu finden – so viele wie nie zuvor.
Bei der Berufswahl achten junge Menschen allem Optimismus zum Trotz vorrangig auf Sicherheit. Damit setzt sich ein Trend fort, den die Studienautoren schon seit einigen Jahren beobachten – auch wenn der Wert seit der Finanzkrise 2009 und 2010 wieder leicht abgenommen hat. Gleichzeitig steigen die Ansprüche: Eine breite Mehrheit wünscht sich neben dem Beruf ausreichend Freizeit (85 Prozent) und ein hohes Einkommen (77 Prozent).
Politisch interessiert – aber trotzdem unzufrieden
Viele interessieren sich für das, was in der Welt um sie herum passiert. Im Vergleich zur Vorgängerstudie 2015 ist das politische Interesse zwar leicht gesunken – von 43 auf 41 Prozent. Es liegt aber noch immer weit über den Werten von 2002. Damals charakterisierten die Autoren der Shell-Studie die Generation von Jugendlichen als pragmatisch und unideologisch.
Ein grundsätzliches Interesse an Politik und Gesellschaft muss allerdings nicht bedeuten, dass die jungen Menschen mit der Arbeit der Volksvertreter zufrieden wären. So glauben 71 Prozent von ihnen nicht, dass sich “Politiker darum kümmern, was Leute wie ich denken”. Diese Verdrossenheit ist bei niedriger Gebildeten tendenziell stärker verbreitet.
Klimawandel und Terror – was Jugendlichen Angst macht
Die Ängste der Jugendlichen spiegeln, wie auch schon in vergangenen Shell-Studien, die gesellschaftlichen Debatten der letzten Zeit wider: Fürchteten sich junge Leute 2015 noch am meisten vor Terroranschlägen, steht heute Umweltverschmutzung an erster Stelle. Wie gespalten die junge Generation auch in ihren Ängsten ist, zeigt sich mit Blick auf das Thema Zuwanderung: Die Angst vor Zuwanderung nimmt zu, die Angst wegen Ausländerfeindlichkeit überwiegt aber.
Rückhalt in der Familie
Schon in den vergangenen Shell-Studien zeigte sich, dass Jugendliche und ihre Eltern gut miteinander zurechtkommen – Generationenkonflikte, wie sie angesichts der zunehmend hitzigen Klimadebatten zu erwarten gewesen wären, zeichnen sich nicht ab.
Neun von zehn Befragten verstehen sich “gut” oder “bestens” mit den eigenen Eltern. 74 Prozent der Jugendlichen würden ihre Kinder so erziehen, wie sie selbst erzogen worden sind. Gleichzeitig fällt vielen der Abnabelungsprozess schwer: Drei Viertel der Auszubildenden und rund 40 Prozent der Studierenden und Erwerbstätigen wohnen noch zu Hause.
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Populismus auf dem Pausenhof
Der alte weiße Mann, aus Funk und Fernsehen bekanntes Symbol von Uneinsichtigkeit und Beharrlichkeit, kann wohl bald in den Vorruhestand gehen. Denn laut der am Dienstag in Berlin vorgestellten Shell-Jugendstudie sind auch junge Menschen – gleich welchen Geschlechts oder ihrer Herkunft – anfällig für plumpe Vorurteile, rassistische Ausgrenzung und Verschwörungstheorien.
Über zwei Drittel der jungen Befragten stimmen ganz oder teilweise der Aussage zu, in Deutschland dürfe man “nichts Schlechtes über Ausländer sagen”, ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden. Mehr als die Hälfte findet, die Regierung verschweige tendenziell “die Wahrheit”. Und fast genauso viele meinen, der Staat kümmere sich stärker um Flüchtlinge als um “hilfsbedürftige Deutsche”.
Rumms. Die erst vor Kurzem entdeckte Generation Greta scheint damit hinfällig. Und das alles, obwohl in den vergangenen Monaten Hunderttausende für mehr Klimaschutz, Seenotrettung oder Feminismus auf die Straße gingen. Ist die Jugend in Deutschland mehrheitlich doch ganz anders? Womöglich latent – oder gar offen – rechts?
Tatsächlich zeigt der Populismus-Befund der Studie vor allem, dass auch Jugendliche mitbekommen, wie um sie herum diskutiert wird. Die populistischen Antworten bilden eine gesellschaftliche Stimmungslage ab: Der rauer werdende Tonfall in Talkshows, sozialen Netzwerken und bei manchen Familienfesten bleibt jungen Menschen nicht verborgen, im Gegenteil. Dass viele diese Stimmung aufgreifen, ist erschreckend. Aber auch nicht so neu, wie es scheint.
Schon bei den vergangenen Shell-Jugendstudien zeigte sich zuverlässig, welche Ängste am Abendbrottisch und in der Schule weitergegeben wurden.
Die Konjunktur der Ängste
2002, kurz nach dem 11. September, waren “Terroranschläge” die größte Sorge. Die folgenden acht Jahre blieb es die Angst um die “wirtschaftliche Lage und steigende Armut” – passend zu Hartz-IV-Debatten und Krisen-Diskussionen. Bei der bislang letzten Studie 2015 war es dann wieder – dieses Mal kurz nach den Anschlägen von Paris – der Terrorismus, der jungen Menschen am meisten Angst machte.
Jetzt geht es also um Populismus auf dem Pausenhof. Doch auch wenn die Zahlen erschreckend sind, lassen sie sich kaum als Beleg für einen Millennial-Rechtsruck heranziehen: Noch immer schätzen sich 41 Prozent als links oder eher links ein, vier Prozentpunkte mehr als 2015. Nur 13 Prozent halten sich für rechts oder eher rechts. 77 Prozent sind mit der Demokratie eher oder sehr zufrieden. Die größte Angst ist 2019 übrigens nicht mehr Terror, sondern Umweltverschmutzung.
Das zeigt einerseits, dass längst nicht jeder Jugendliche, der sich für progressiv und aufgeklärt hält, frei von Vorurteilen ist. Es zeigt aber auch, dass vielen jungen Menschen nicht mehr klar zu sein scheint, was der Unterschied zwischen Widerspruch und Ausgrenzung ist. Gerade im Umgang mit jungen Menschen bleibt es deshalb wichtig, Kritik nicht nur reflexhaft, sondern auch inhaltlich zu begründen. Das gilt allerdings nicht nur bei rassistischen Aussagen, sondern beispielsweise auch beim Klimastreit.
Ein unfairer Gedanke
Es ist natürlich ein schöner Gedanke, dass ausgerechnet die Jugend mit ihrem Engagement die ganze Welt vor Rechtspopulismus und Klimawandel bewahren könnte. Aber er ist auch unfair, denn die nach dem Jahr 2000 Geborenen machen zusammen etwa 18 Prozent der Bevölkerung aus. Wer dazugehört, wird zwischen vielen alten Menschen und vielen neuen Ansprüchen erwachsen. Nischen gibt es kaum noch, das stellt auch die Shell-Studie fest. “Es wird für Jugendliche immer schwieriger, eine von Kommerzialisierung unabhängige Identität auszubilden”, heißt es an einer Stelle.
Dass die neuen Zahlen jetzt für so viel Aufsehen sorgen, dürfte nicht zuletzt aber auch daran liegen, dass die Populismus-Fragen in der Shell-Jugendstudie zum ersten Mal gestellt wurden. Ältere Generationen mussten sie deshalb nie beantworten. Vielleicht ist es für den gesamtgesellschaftlichen Frieden auch besser, nicht zu wissen, wie junge Menschen vor 15 Jahren über Langzeitarbeitslose und Frührentner geredet hätten.
Die Ergebnisse der neuen Studie spiegeln vor allem das, was junge Menschen heute alltäglich in unserer Gesellschaft erleben. Doch es wäre unehrlich so zu tun, als sei es die Schuld der Jugend, nicht klüger zu sein als Lehrer und Eltern. Dass auch erschreckend viele Deutsche über 25 regelmäßig ausgrenzen und abwerten, muss keine neue Studie beweisen, die Leipziger Mitte-Studien und ähnliche Erhebungen dokumentieren es seit Langem. Von dort stammen übrigens auch die meisten Populismus-Fragen der Shell-Jugendstudie.
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