Wim Ouboter erfindet Mikrogefährte


Der Schweizer Geschäftsführer der Micro Mobility Systems AG, Wim Ouboter, hat schon mit Trottinetts und Kickboards die Mikromobilität ins Rollen gebracht. Sein Büro befindet sich in einem alten Mehrfamilienhaus in Küsnacht am Zürichsee. Der Gründer mit holländischen Wurzeln, dessen Familienname „alte Butter“ bedeutet, ist sogar in dieser Wohnung aufgewachsen, die jetzt als Meeting-Zimmer dient. Ouboter hat seine Haare nach hinten gekämmt, trägt eine schwarze Brille und ein blaues, kurzärmliges T-Shirt. Mit 63 Jahren ist er noch sehr sportlich, geht Snowboarden und kennt sich auch mit aktuellen Trends aus: „Ich mache Wingsurfen. Eine Kombination aus Kitesurfen, aber mit einem Ruder, das das Board aus dem Wasser hebt. Dadurch ist man viel schneller.“

Tretroller und Kickboards

Der CEO der 1996 gegründeten Firma, die mit ihren Tretrollern und Kickboards in ganz Europa bekannt ist, hat eine sympathische Art. Er lächelt viel und erzählt, als wäre es das erste Mal, wie er damals spätabends nach der Arbeit als Banker jeweils noch eine Bratwurst vom nahe gelegenen „Sternengrill“ holen wollte und für die kurze Strecke ein passendes Gefährt benötigte. Mit einem starken Willen baute er seinen ersten Prototypen. Trotz vieler Rückschläge hat er immer weitergemacht, konnte mithilfe seines Schwiegervaters die Produktion in China ausbauen und brachte letztendlich mit seinen beiden Söhnen ein elektrisches Kleinauto auf den Markt. Wim Ouboter ist ein Familienmensch. Das zeigt sich bereits dabei, dass er ganz bescheiden zugibt, dass es ohne die Unterstützung seiner Frau niemals mehr als einen Prototypen gegeben hätte. Das war 1997, und ein erwachsener Mann auf einem Skateboard mit Handgriff war für die meisten Leute lächerlich. Eigentlich schwer vorzustellen, da es heute an jeder Ecke Elektroscooter gibt. Mittlerweile hat seine Firma 50 Mitarbeiter in der Schweiz und 150 in Italien, zu Rekordzeiten haben mehr als 15.000 Fabrikarbeiter in China produziert. Die Produktion findet momentan in Turin statt. Die neuste Erfindung, an der sein Sohn Merlin beteiligt war, heißt Microlino. Dieser ist ein kleines, zweisitziges Elektroauto mit „bella figura“, also einem stylischen Design, das an die BMW Isetta erinnert. Auch dort stieg man durch eine Fronttür ein.

Die Söhne sind wichtige Partner

Obwohl Ouboter das Unternehmen leitet, hat er sich bereits um die Nachfolge gekümmert. Die beiden Söhne Merlin und Oliver sind vor einigen Jahren wichtige Partner in seiner Firma geworden. Oliver, der an der bekannten HSG, der Universität St. Gallen, studiert hat, leitet die Produktion des Microlinos in Turin. Merlin, der Jüngere von beiden, ist für das Marketing und den Verkauf in der Firma zuständig. In Turin hat Ouboter eine kleine Wohnung gekauft. Dort haben die drei eine WG, in der sie sich regelmäßig treffen und austauschen können. Glücklich erzählt er: „Das ist die WG, die ich mit meinen Söhnen habe. Da treffen wir uns, gehen fein italienisch essen, können reden. Das ist für mich wie im Himmel.“ Dazu erzählt Ouboter eine Geschichte, als Merlin vor wenigen Jahren einen Anruf von einem Italiener erhalten hatte, der dringend auch einen Microlino haben wollte. Da die Produktion noch nicht bereit war, musste Merlin ihm mitteilen, dass er mindestens ein halbes Jahr warten müsse. Als sich herausstellte, dass die Person am Telefon den Wagen für den CEO von Gucci bestellen wollte, reagierte Merlin sofort und fragte: „Welche Farbe möchten Sie haben?“

Für solche Strecken braucht man keinen Geländewagen

Zu seiner Zeit in der Schule gibt Wim offen zu: „Ich hatte Legasthenie und war kein Musterschüler.“ Daher blieben ihm gewisse Berufe verwehrt. Doch auch daraus konnte der Unternehmer etwas Positives machen, das seine Philosophie bis heute prägt. „Da ich nicht der Beste in der Schule war, wusste ich, dass es mein Ziel werden muss, Leute zu finden, die besser sind als ich und für mich arbeiten würden.“ Nicht nur im Geschäftsleben, sondern auch im Alltag ist für Wim Ouboter vor allem Nachhaltigkeit und langfristiges Wachstum wichtig. Für seine Zehnjahrespläne hält er sich an sein Lieblingszitat von Bill Gates: „Most people overestimate what they can do in one year and under­estimate what they can do in ten years.“ Der Microlino sei definitiv eines dieser langfristigen Projekte, das bisher noch keine Gewinne erzielt und dennoch in Zukunft wegen seiner Klimabilanz viel Potential habe. Es seien schon 2250 Exem­plare produziert und 2000 davon verkauft worden. Wöchentlich würden 100 neue Microlinos produziert. Laut Ouboter habe eine Umfrage ergeben, dass die durchschnittliche tägliche Distanz, die von einem Auto zurückgelegt wird, 32 Kilometer betrage. Dies mit einer Geschwindigkeit von 35 Stundenkilometern und einer Besetzung von 1,2 Personen. Die Zahlen zeigen den Zweck hinter dem Microlino. Man braucht für solche Strecken keinen Geländewagen oder ein Sportauto, sondern eine nachhaltige, effizientere Alternative. „Es ist, wie wenn du alle Sachen, die du irgendwann im Verlauf der Woche mal brauchst, wie zum Beispiel Tennissachen, Gitarre und so weiter, jeden einzelnen Tag in deinem Rucksack mitschleppst.“ Gerade schlendert ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern am Schaufenster vorbei und betritt den Showroom. Die Kinder testen begeistert die Scooter. Man kann davon ausgehen, dass auch sie ihre Kindheit mit einem der farbigen Kickboards verbringen dürfen.

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