Freiburg
Der SC Freiburg verabschiedet sich vom Dreisamstadion. Trainer und Spieler schwanken vor dem letzten Heimspiel gegen Augsburg zwischen Wehmut und Vorfreude. Ex-Coach Volker Finke erinnert sich an alte Zeiten.
Christian Streich ist hin- und hergerissen. Eine Mischung aus Wehmut und Vorfreude empfindet der Trainer des SC Freiburg, wenn er an den bevorstehenden Abschied aus dem Dreisamstadion und den Umzug ins neue Europa-Park Stadion denkt. „Ich freue mich aufs neue Stadion, aber ich vermisse jetzt schon das alte“, sagte der 56-Jährige kürzlich. Und so wie ihm geht es vielen, die jahrzehntelang regelmäßig ins Dreisamstadion gegangen sind. Oder gar auf dem Rasen gestanden haben – wie Christian Günter.
„Ich habe knapp 14 Jahre hier gespielt und werde das Stadion natürlich vermissen“, sagte Freiburgs Kapitän im Interview mit DAZN. „Für mich ist es ein absoluter Gänsehaut-Moment, wenn das ganze Stadion steht, jeder seinen Schal hochhält und das Badnerlied singt.“
Gegen den FC Augsburg soll am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) zum letzten Mal in der Fußball-Bundesliga dort gespielt werden – und Streich hat offenbar Sorgen, dass auf seiner Mannschaft zu hohe Erwartungen lasten könnten. „Wir müssen aufpassen, weil viele Anekdoten herausgeholt werden und viel Nostalgie dabei ist, aber wir haben ein Bundesliga-Spiel“, warnte der Freiburger Coach am Freitag, „wir dürfen nicht alles zu hoch hängen, und ich auch nicht für mich“.
Vor 67 Jahren hat der Sport-Club sein Zuhause im Dreisamstadion gefunden, seit 1993 ist es ein Bundesliga-Standort – unterbrochen durch insgesamt sieben Zweitliga-Jahre. „Wir hatten gar kein Flutlicht am Anfang, und die Spieler sind teilweise zum Duschen nach Hause gefahren, weil es kein warmes Wasser gab“, erinnert sich Volker Finke, der von 1991 bis 2007 Trainer der Badener war und sie in die Bundesliga geführt hat. In seiner Anfangszeit war das Stadion auf mehreren Seiten unüberdacht, und die Zuschauer standen teilweise auf schiefen Steinstufen.
Drei große Bauphasen hat Finke in seinen 16 Jahren beim SC miterlebt und auch mit vorangetrieben. „Wir haben damals in Steine investiert, und nicht in Beine“, sagt der Ex-Coach, „Achim Stocker wollte das Geld lieber in die Mannschaft stecken.“ Der ehemalige SC-Präsident habe Sorge gehabt, was bei einem Abstieg passiert. „Trainer, bleiben wir drin?“, habe Stocker vor jeder weiteren Ausbaustufe gefragt. Auch in der aktuellen und insgesamt 22. Bundesliga-Saison der Freiburger ist der Klassenverbleib das über allem stehende Ziel.
Gegen Augsburg wird Finke als Ehrengast auf der Tribüne sitzen und sich wahrscheinlich noch mal an die emotionalsten Siege erinnern, vor allem die drei Heimerfolge gegen den FC Bayern in den ersten drei Bundesliga-Jahren. Besonders waren und sind auch die ungewöhnlichen Maße des Platzes, für die der Verein eine Sondergenehmigung brauchte: Kürzer als erlaubt, dafür breiter als üblich und mit fast einem Meter Gefälle zur Dreisam hin. Viele Gegner haben dort ungern gespielt.
Auch Freiburgs Publikumsliebling und Rekordtorjäger Nils Petersen erzählte mal in einem Podcast, er habe es früher „gehasst, in Freiburg zu spielen“. Man sei „gefühlt außerhalb von Deutschland und dann spielst du in dieser kleinen Arena – eine Halbzeit bergauf, eine Halbzeit bergab“. Längst ist das Dreisamstadion, das vor dieser Saison seinen alten Namen zurück erhielt, auch für ihn zur Heimat geworden. Petersen dürfte daher ähnlich wehmütig sein wie Streich.
„Ich war 25 Jahre hier, das ist meine Heimat“, sagte der Coach, „aber in ein paar Wochen fahren wir runter, mit dem Velo durch die Stadt, und dann schaffen wir uns dort eine Heimat.“ Für den Weg zum neuen Europa-Park Stadion werde er aber womöglich doch ein E-Bike brauchen.
Sie können mehr von den nachrichten auf lesen quelle