Hauptbahnhof TübingenFrau wohl brutal missbraucht und ausgeraubt
Tübingen – Eine 42 Jahre alte Frau soll vor dem Hauptbahnhof in Tübingen ausgeraubt und vergewaltigt worden sein. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Samstagabend mitteilten, saß sie bei Dunkelheit auf einer Bank und schlief immer wieder ein. Plötzlich habe sie einen etwa zwölfjährigen Jungen bemerkt, der sich an ihrem Rucksack zu schaffen gemacht haben soll. Als sie ihn darauf angesprochen habe, mischte sich laut Mitteilung ein etwa 30 Jahre alter Mann ein. Er habe sie an den Haaren gezogen und über den Flur im Bahnhof zu einem Ausgang gezerrt. Auf einer Außentreppe soll er die Frau vergewaltigt haben.
Zu dem Vorfall sei es bereits in der Nacht zum Freitag gekommen. Die Frau habe sich am Freitagnachmittag an die Polizei gewandt, hieß es. Sie gab außerdem an, dass in ihrem Rucksack Geldbeutel, ihr Handy, eine Spiegelreflexkamera und eine Halskette fehlten. Von dem Mann und dem Jungen fehlte zunächst jede Spur.
Laut dem Opfer ist der ältere Tatverdächtige um die 30 Jahre alt und etwa 1,78 Meter groß. Er hat eine schlanke Statur und braune Haare mit bis zur Brust reichenden Rasta-Zöpfen, außerdem einen dunklen Teint. Bekleidet war er mit einer grün-gelb-roten Mütze, einer schwarzen Hose sowie einer dunklen Jeansjacke. Der Junge soll zirka zwölf Jahre alt und etwa 1,40 Meter groß sein, er hat braune Haare, welche vorne kurz und hinten lang geschnitten sind sowie braune Augen und helle Hautfarbe. Er war bekleidet mit einer dunklen Jeanshose, einem braunen Pullover und braunen Adidas Turnschuhen.
Die Polizei sucht unter der Nummer 07071/9728660 Zeugen, die Hinweise auf die Tatverdächtigen geben können.
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Ein Jugendlicher steht im dringenden Verdacht, ein sechsjähriges Kind aus Pragsdorf erstochen zu haben. In den Fokus der Ermittler rückt er bereits am Tatabend: Er verstrickt sich in Widersprüche, Zeugenaussagen sprechen gegen ihn. Zudem ist sein aggressives Verhalten bereits bekannt.
Der tatverdächtige 14-Jährige im Fall des getöteten sechsjährigen Joel in Pragsdorf ist nach Ermittlerangaben bereits in der Vergangenheit aggressiv in Erscheinung getreten. „Wir wissen durch die Ermittlungen, dass er in Vergangenheit bereits durch aggressives Verhalten gegenüber anderen Kindern ja aufgetreten ist“, sagte der zuständige Chefermittler, Olaf Hildebrandt, bei der Vorstellung der Ermittlungsergebnisse in Neubrandenburg. „Wir denken, dass das damit im Zusammenhang stehen wird.“ Der Jugendliche ist jedoch zuvor nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Doch das, was dem Sechsjährigen geschehen ist, sei eine Straftat, deren „Brutalität und Grausamkeit tatsächlich einzigartig“ sei, sagte der Ermittler.
Nach Aussage der Ermittler kannten sich die Familien des tatverdächtigen Deutschen und des Opfers „aus dem dörflichen Milieu“. Beide kamen aus dem 580-Einwohner-Dorf in der Nähe von Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern, in dessen Umkreis der Tatverdächtige eine Förderschule besuchte. Ob es eine engere Verbindung zwischen dem mutmaßlichen Täter und dem Opfer gegeben hat, ist bisher nicht bekannt.
Der Jugendliche war am Vormittag festgenommen und in Untersuchungshaft genommen worden. Bei sehr jungen Jugendlichen sei dies zwar nicht üblich, erklärte der Neubrandenburger Oberstaatsanwalt Tim Wischmann. Der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Neubrandenburg habe jedoch keine Alternative gesehen. Laut Ermittler Hildebrandt hat der Verdächtige bei seiner Festnahme „wenig Gefühlsregungen“ gezeigt. Gegen den Jugendlichen besteht dringender Tatverdacht wegen Totschlags. Er soll den sechsjährigen Jungen erstochen haben.
Mischspur auf Tatwerkzeug
Der Verdacht gegen ihn basiert vor allem auf DNA-Spuren, die auf dem mutmaßlichen Tatwerkzeug, einem Messer, gefunden worden seien. Das Messer war zuvor in der Nähe des Tatorts entdeckt worden. Auf der Klinge konnten die Ermittler Blutspuren des getöteten Sechsjährigen nachweisen, auf dem Griff befand sich demnach eine sogenannte Mischspur, wie Wischmann mitteilte. Diese Mischspur enthalte mit „sehr großer Wahrscheinlichkeit“ Genmaterial sowohl des Opfers als auch des mutmaßlichen Täters.
Zudem verstrickte sich der Jugendliche den Ermittlern zufolge in Widersprüche. Er war nachweislich der letzte Mensch, der das spätere Opfer am 14. September in Pragsdorf bei Neubrandenburg gesehen hatte. Zuvor war er mit dem Sechsjährigen und dessen Geschwistern in dem Dorf unterwegs. Als sich die Geschwister verabschiedeten, gingen der Jugendliche und das Kind auf einen Bolzplatz, in dessen Nähe der Sechsjährige bei einer späteren Suchaktion schwerverletzt gefunden wurde.
Der Jugendliche rückte daher bereits am Tatabend in den Fokus der Ermittler. Zudem habe es vage Aussagen im Dorf gegeben, dass der 14-Jährige unwahre Angaben im Zusammenhang mit dem Verschwinden des Sechsjährigen gemacht habe, erklärte der Polizeibeamte Hildebrandt. Deshalb habe es noch in der Nacht einen Durchsuchungsbeschluss gegeben. Es habe sich um einen Anfangsverdacht gehandelt, aber nicht um einen sehr harten Anfangsverdacht. Er habe noch nicht dafür ausgereicht, der Öffentlichkeit einen Tatverdächtigen zu präsentieren. Bei der Durchsuchung konnten die Ermittler zunächst keine weiteren belastenden Hinweise finden.
Mord oder Totschlag
Mit der Festnahme des Tatverdächtigen konzentrierten sich die Ermittlungen nun auf die Hintergründe der Tat, sagte Wischmann. So sind bisher weder die Hintergründe der Tat noch die Motivlage bekannt. Diese Ermittlungen werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Dabei werde es etwa um die Frage nach möglichen psychiatrischen Besonderheiten des Tatverdächtigen gehen, sagte Wischmann. In der Regel finde dazu auch eine Begutachtung des Tatverdächtigen statt.
Daran hänge die juristisch wichtige Frage: „Haben wir es hier mit einem Totschlag, oder einem Mord oder einer anderen Art des Delikts zu tun?“. Diese Fragen seien noch offen. Der Tatverdächtige selbst hat sich auf Anraten seines Pflichtverteidigers bisher weder vor den Ermittlern noch vor dem Haftrichter geäußert. Ob die Hintergründe der Tat nach den Ermittlungen auch der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, ist nicht sicher. Aufgrund des jungen Alters des Tatverdächtigen sei dieser besonders schutzwürdig, erinnerte Wischmann.
Den Eltern des Opfers sei die Nachricht der Festnahme persönlich überbracht worden, berichtete der leitende Ermittler Hildebrandt. Ihnen wurden Betreuer zur Seite gestellt. Dieses Angebot hat auch die Schule des Opfers erhalten.
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Der schwierige Arbeitsmarkt in China zwingt junge Menschen zu unkonventionellen Methoden. Auf der Dating-Plattform Tinder suchen Nutzer längst nicht mehr nur nach der großen Liebe. Die App fungiert inzwischen auch als Jobbörse.
Nie zuvor sind in China so viele Hochschulabsolventen ohne Job gewesen. Um eine Anstellung zu finden, müssen junge Chinesen deswegen kreativ werden. Seitdem sich das Jobportal LinkedIn aus dem chinesischen Markt zurückgezogen hat, weichen immer mehr Arbeitswillige auf andere Plattformen aus. Als besonders beliebt hat sich einem Bericht des chinesischen Online-Magazins „Sixth Tones“ zufolge dabei die Dating-App Tinder erwiesen.
Dem Bericht nach macht gerade die Schwierigkeit für Chinesen, die nur über eine VPN-Verbindung auf Tinder zugreifen können, die Dating-App zu einer idealen Networking-Plattform. Denn die Anwendung sei eher auf Nutzerinnen und Nutzer ausgerichtet, die im Ausland studiert haben oder für internationale Unternehmen arbeiten. Im Gegensatz etwa zu der Dating-App Hinge sei es zudem möglich, mit Menschen außerhalb ihres unmittelbaren sozialen Umfelds in Kontakt zu treten.
Inzwischen zirkulieren laut „Sixth Tones“ sogar schon richtige Anleitungen, wie man einen Job auf Tinder finden kann. Bereits im Juni teilte eine Nutzerin auf der chinesischen Plattform Xiaohongshu einen Beitrag mit dem Titel „Tipps, wie man einen Job auf Tinder findet“. Er wird inzwischen als ultimativer Tinder-Networking-Leitfaden empfohlen. Der Post umfasst sechs Ratschläge: Treffe dich nur mit Personenaus deiner Branche, beginne das Gespräch, indem du dein Gegenüber nach seinem Job fragst, teile deine Probleme mit und bitte um Rat, gebe deinem Gesprächspartner das Gefühl, erfolgreich zu sein, zeige Dankbarkeit mit einer Einladung zum Essen und versuche mit bestimmten Persönlichkeitstypen des Myers-Briggs-Typenindikator zu überzeugen. Dabei handelt es sich um einen Persönlichkeitstest, der in China sehr beliebt ist.
In diesem Jahr ist es für Universitätsabsolventen laut Katja Drinhausen, Leiterin des Bereichs chinesische Politik und Gesellschaft am Mercator Institute for China Studie, besonders schwierig, einen Job zu finden. „Es gibt über 11 Millionen neue Uni-Abgänger, die jetzt auf den Arbeitsmarkt kommen. Und das zu einer Zeit, wo ohnehin die Arbeitslosigkeit unter jungen Arbeitnehmern mit über 20 Prozent schon sehr, sehr hoch ist“, sagte sie im ntv-Podcast „Wieder was gelernt“.
Die Jugendarbeitslosigkeit hat zuletzt einen neuen Rekordwert erreicht: Im Juni sind 21,3 Prozent der 16- bis 24-Jährigen in den Städten ohne Job gewesen. Die Zahlen seit Juli wurden dann nicht mehr veröffentlicht. Die Statistik-Behörde begründete das damit, die Methodik zu überarbeiten.
Gegenüber „Sixth Tone“ zeigt die Personalleiterin eines Unternehmens aus Shanghai, Yang Yutong, zwar Verständnis für den neuen Tinder-Networking-Trend. Schließlich müssten heutzutage junge Leute jeden Vorteil nutzen, um eingestellt zu werden. „Ich persönlich denke, dass die Nutzung von Dating-Apps, um mit Leuten aus der gleichen Branche in Kontakt zu treten und Jobangebote zu finden, kreativ und für die junge Generation geeignet ist“, zitiert das Online Magazin Yang. Es sei jedoch wichtig, sich vor Betrügern in Acht zu nehmen.
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Der laute Ruf nach einer branchenweiten Vier-Tage-Woche, junge Menschen, die sich angeblich vor Arbeit drücken. Sind die Deutschen faul geworden? Laut Statistik gehören sie zu denen, die in der EU am kürzesten arbeiten. ntv.de erklärt, warum.
Den Deutschen eilt der Ruf voraus, sie seien fleißig. Aber gilt das heute noch? Namhafte Ökonomen wie Michael Hüther oder Bert Rürup glauben das nicht mehr. Mit Blick auf den akuten Fachkräftemangel fordern sie mehr Einsatz, um den Wohlstand in Deutschland zu sichern. Ein Europa-Vergleich der Wochenarbeitsstunden für 2022 gibt ihnen Recht. Deutschland ist hier weit abgeschlagen. Auf dem Balkan beispielsweise wird viel länger gearbeitet.
Laut Eurostat betrug die durchschnittliche Arbeitszeit von Voll- und Teilzeitbeschäftigten in Deutschland im vergangenen Jahr 35,3 Stunden pro Woche. Im EU-Schnitt dagegen arbeiten die Erwerbstätigen zwischen 20 und 64 Jahren 37,5 Stunden pro Woche. Noch „fauler“ als die Menschen hierzulande waren nur die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Niederlanden. Hier kommen die Beschäftigten zusammengenommen auf sparsame 33,2 Arbeitsstunden pro Woche. Das entspricht schon annähernd einer Vier-Tage-Woche, legt man einen Achtstundentag zugrunde.
Viel länger dagegen arbeiten die Menschen in den Balkanländern. Griechenland kommt auf 41, Rumänien und Bulgarien auf jeweils 40,2 Stunden. EU-Beitrittskandidat Serbien kam im vergangenen Jahr im Schnitt sogar auf 43,3 Stunden pro Woche. Leben die fleißigsten Menschen in Europa also auf dem Balkan?
Richtig ist: In Deutschland werden die Rufe nach einer breit ausgerollten Vier-Tage-Woche lauter. Einerseits herrscht Fachkräftemängel. Andererseits legt laut den frustrierten Rückmeldungen von Personalern die junge Generation mehr Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance als auf Karriere und eine großzügige Absicherung fürs Alter. Knapp sieben Prozent der 15- bis 24-Jährigen gelten als sogenannte Neets: „Not in Education, Employment or Training“, sie arbeiten nicht und sind nicht in der Schule oder Ausbildung. Damit landet Deutschland laut Eurostat auf Platz acht in der EU.
Voll- versus Teilzeit: Zahlen richtig lesen
Wie schlimm steht es also um Deutschlands Arbeitsmoral? Ein Blick auf die nach Voll- und Teilzeit aufgeschlüsselten Daten gibt Aufschluss über die Ursachen für die Unterschiede zwischen den Ländern. Je höher die Teilzeitquote, desto niedriger die Wochenarbeitszeit eines Landes. Mit 38,4 Prozent Teilzeitarbeitenden unter den Erwerbstätigen waren die Niederländer 2022 die Spitzenreiter in der EU. Die Deutschen landeten mit 27,9 Prozent auf Platz drei.
Die separate Betrachtung von Teilzeit und Vollzeit offenbart einen weiteren Aspekt, der das Bild vom faulen Deutschland zumindest etwas relativiert: Vollzeitbeschäftigte in Deutschland und den Niederlanden arbeiten immerhin rund 40 Stunden die Woche. Hierzulande sind es im Schnitt 40,5, in den Niederlanden39,5 Stunden. Das ist zum einen unwesentlich weniger als der europäische Durchschnitt, der in der EU bei Vollzeitbeschäftigen bei 40,6 Stunden liegt.
Zum anderen zeigt ein Vergleich über eine Zeitspanne von 30 Jahren, dass die Zahlen für Vollzeitbeschäftigte relativ konstant geblieben sind – und das, obwohl die Wochenarbeitszeit insgesamt in Deutschland seit 1992 um 2,9 Stunden gesunken ist: Lag sie 1992 bei den Vollzeiterwerbstätigen bei 41,4 Stunden, waren es 2022 noch 40,4. Verlernt haben die Deutschen das Arbeiten also nicht.
Unterschiede zwischen Nord-, Süd- und Osteuropa
Eine wichtige Rolle für die Arbeitszeiten – ob mehr in Teil- oder Vollzeit gearbeitet wird , – spielen die ökonomischen, politischen und soziologischen Unterschiede in den Ländern. „Mit zunehmender ökonomischer Entwicklung sinken die Arbeitsstunden“, erklärt DIW-Ökonomin Schildmann im Gespräch mit ntv.de. Der Wandel hin zur Dienstleistungs-Wirtschaft begünstigt Teilzeitmodelle, da sie im Servicebereich tendenziell besser mit den betrieblichen Abläufen vereinbar sind. In den Balkanländern ist das Bruttoinlandsprodukt im EU-Vergleich niedriger, ebenso die Einkommen, und sie haben auch die wenigsten Beschäftigten im Service-Sektor. Serbien und Rumänien bilden bei Letzterem die Schlusslichter. Unter diesen Bedingungen ist eine geringere Arbeitszeit viel schwerer möglich.
Im Süden Europas wiederum, beispielsweise Griechenland und Spanien, war laut Schildmann lange Zeit der „duale Arbeitsmarkt“ – der größtenteils aus vollzeitbeschäftigten, mittelalten bis alten Männern besteht – das vorherrschende Modell. Teilzeitarbeit sei hier weniger verbreitet, weil die Akzeptanz geringer sei. Es gebe wenige familienpolitische Instrumente, die Frauen zur Partizipation auf dem Arbeitsmarkt ermutigten. Ebenfalls typisch: eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Da es insgesamt wenig Bewegung auf dem Arbeitsmarkt gebe, sei es für Jugendliche und für Frauen schwieriger, in den Arbeitsmarkt einzusteigen und die Arbeitsstunden derjenigen, die erwerbstätig sind, auch eher hoch, so Schildmann weiter.
Neue soziokulturelle Standards, zu denen auch ein anderes Verständnis von Work-Life-Balance gehört, spielen ebenfalls eine Rolle. In den Niederlanden beispielsweise werde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr hoch gehangen, erklärt die DIW-Expertin. In Deutschland steige nicht nur der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Frauen. „Wir beobachten auch, dass die Zahl der erwerbstätigen Männer, die nicht Vollzeit arbeiten, zunimmt.“ Für die Annahme, dass Gewerkschaften die Entwicklung vorantreiben würden, liefern die Zahlen laut Schildmann unterdessen keine Beweise. „Tatsächlich sinken die Arbeitsstunden je Vollzeitbeschäftigtem in Deutschland im Zeitverlauf, obwohl die Tarifabdeckung leicht rückläufig war.“
Bleibt die Frage: Sind die Menschen in Deutschland und den Niederlanden deshalb nun fauler und anderswo, beispielsweise auf dem Balkan fleißiger? Die steigende Zahl an Menschen, die in Teilzeit arbeiten, spricht auf den ersten Blick dafür. Ebenso die etwas gesunkene Wochenarbeitszeit insgesamt. Gleichzeitig arbeiten die Vollzeitbeschäftigten, die heute arbeiten, aber ähnlich viele Stunden wie die Generation vor ihnen.
Entscheidend ist am Ende, dass Länder wie Deutschland sich den vermeintlichen Luxus von Arbeitszeitmodellen mit reduzierten Wochenarbeitszeiten erarbeitet haben. Menschen in fortschrittlicheren Ökonomien sind produktiver geworden: Norwegen hat mit einer Durchschnitts-Wochenarbeitszeit von 35,5 Stunden das zweithöchste Pro-Kopf-BIP der EU. Deutschland rangiert immerhin noch auf Platz 12.
Wenn die Wirtschaft wächst, steigt die Arbeitsnachfrage, Löhne ziehen an und es wird besonders auch für Frauen attraktiver, ins Erwerbsleben einzusteigen. Viele in Teilzeit, was eine geringere Wochenstundenzahl nach sich zieht. Reichere Staaten können es sich eher leisten, Sozialleistungen wie Kinderbetreuung zu subventionieren, was ebenfalls Erwerbstätigkeit begünstigt. Unterm Strich können es sich deshalb viele Menschen in solchen Ländern leisten, weniger zu arbeiten. Das könnte sich in Deutschland infolge der zahlreichen Krisen ändern. Bislang legen die Erwerbstätigen aber noch keine Schippe drauf.
Zur Datenlage: Die Eurostat-Daten basieren auf dem Labour Force Service, einer jährlichen Haushaltsbefragung, die die nationalen statistischen Institute in der EU selbst durchführen anhand vorgegebener harmonisierter Klassifikationen. In Deutschland wird diese Befragung im Rahmen des Mikrozensus erhoben. Die normalerweise geleistete wöchentliche Arbeitszeit gibt an, wie viele Stunden Erwerbstätige – dazu gehören Arbeitnehmer, Selbstständige und mithelfende Familienangehörige – pro Woche gewöhnlich, also über einen längeren Zeitraum, arbeiten. Diese Zahl kann von der vertraglich geregelten Arbeitszeit abweichen. In der Regel ist sie höher. Nicht berücksichtigt sind Urlaubstage, Feiertage, Elternzeit oder konjunkturelle Schwankungen wie Kurzarbeit. Grundlage für den Text sind die Daten aus den EU-27-Staaten plus Serbien als EU-Anwärter, und hier jeweils die Betrachtung der Gruppe der 20-64-Jährigen, da diese die höchste Erwerbsbeteiligung aufweist.
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