Interrail: Das Leben genießen – in vollen Zügen


Ist das nicht total gefährlich?“ So reagieren Leonidas Schöngarths Instagram-Follower auf seine geteilten Beiträge. Der Grund zu dieser Annahme sind die Updates, die Leo in den fünf Wochen regelmäßig veröffentlicht hat und dort über seine Reise durch Europa teilt. Nicht unüblich für einen Abiturienten, die Welt erkunden zu wollen. „Ich hatte das Gefühl, dass ich in meinem Umfeld zu Hause stagniere und etwas Neues erleben muss“, sagt Leo. „Und da ich sowieso für nächsten Sommer eine Interrail-Reise geplant hatte, habe ich die einfach ein wenig vorverlegt.“ Also kaufte sich der Bergfelder aus dem nördlichen Berliner Umland für 548 Euro ein Interrail-Ticket, mit dem er für zwei Monate unbegrenzt und mehr oder weniger flexibel durch alle teilnehmenden Länder Europas fahren konnte, egal ob mit Bus, Bahn oder Fähre.

Die ersten zwei Wochen seiner Reise hat der 19-Jährige bei verschiedenen Freunden verbracht. So ging es mit nur einem vollgepackten Rucksack von Berlin über Magdeburg und Dresden nach Bayern. Dieser Teil seiner Reise verlief noch relativ organisiert, doch Leo hatte anderes im Sinn. „Mir war von Anfang an klar, dass ich mich nicht großartig mit der Planung meines Trips beschäftigen will. Ich wusste zwar ungefähr, welche Länder ich sehen möchte, aber weder der genaue Ort noch der Zeitraum standen fest“, erklärt der braunhaarige Junge. Das Motto war somit: „Nicht wissen, wo man am Ende des Tages landet.“

„Schöne Stadt, leckeres Essen, günstiges Hotel“

Seine Reise führte Leo, teilweise auch zu Fuß, nach Österreich. „Bereits in Innsbruck habe ich festgestellt, wie einfach es ist, neue Leute kennenzulernen.“ So hat es sich aus Zufall ergeben, dass Leo die folgenden zehn Tage mit einer 19-jährigen Österreicherin aus Innsbruck unterwegs war, die mindestens genauso reisebegeistert ist wie er. Es ging über Slowenien nach Südeuropa, um Ende Oktober noch einmal Sonne und Sommer spüren zu können. „Poli­gnano a Mare in Süditalien war im Endeffekt auch einer der Orte, wo ich es am schönsten fand“, sagt Leo im Rückblick . Ähnlich ging es ihm später auch in Nizza: „Schöne Stadt, leckeres Essen, günstiges Hotel.“ In Erinnerung an diese schönen Momente hat sich der Bergfelder zwei Schmuckstücke gekauft, die er jetzt an seinem linken Ohr und seiner Nase trägt.

Wieder komplett allein unterwegs, sollte Sizilien der Höhepunkt von Leos Aufenthalt in Italien sein. Jedoch stellte er dort das erste Mal fest, welch große Schwierigkeiten ihm seine Planlosigkeit bereiten kann. „Bisher gab es eigentlich nie große Probleme mit meiner Spontaneität, da ich von Anfang an in Erwägung gezogen hatte, auch mal in der Natur zu übernachten.“ Doch als er wenig später auf der Insel angekommen ist, hat er sich wie in einer kriminellen Kleinstadt gefühlt. Umgeben von Obdachlosen und Betrunkenen musste er sich mitten in einem Gewerbegebiet einen Platz zum Schlafen suchen. „Das war definitiv nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Das erste Mal in den fünf Wochen wollte ich wieder zurück nach Hause, und mir kamen Zweifel, ob ich mit meiner Planlosigkeit nicht vielleicht doch zu naiv bin“, sagt er in Gedanken versunken. Sizilien war damit abgehakt, und nach einer ungemütlichen, kurzen und regnerischen Nacht ging es mit der Fähre direkt zurück aufs Festland.

Nach einem kurzen Schock flüchtete er

Über Nizza und Marseille reiste er in die Pyrenäen: „Endlich wieder Berge.“ Für den Flachländer erscheint die Landschaft dort noch immer irgendwie surreal. 18 Grad und Sonnenschein, während auf dem nächstgelegenen Gipfel bei eisiger Kälte gerade ein Schneesturm tobt. Um diese Umgebung besser einfangen zu können, ist Leonidas nahe der spanischen Grenze auf fast 2900 Höhenmeter gewandert, um dort erneut in freier Wildbahn zu übernachten. Er dachte, er hätte dort eigentlich nichts großartig zu befürchten bis auf die eisigen Temperaturen und den Schnee. Jedoch erfahren seine Instagram-Follower direkt: „Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht, weil 20 Meter entfernt ein Bär stand und mich anbrüllte“, berichtet er fassungslos. Denn obwohl die Population der dort lebenden Bären in Relation zur Fläche klein ist und die Region, in der Leo übernachtet hat, offiziell dafür empfohlen ist, wurde der Stadtjunge eines Besseren belehrt. Nach einem kurzen Schock ist er auf ein Hotelgrundstück geflohen und hat dort die restliche Nacht verbracht.

Im Anschluss an diese Erfahrungen gestaltete sich Leos Weg nach Hause verhältnismäßig entspannt. Er besichtigte noch einmal das neblige Paris und genoss seine Zeit in Amsterdam, bevor er voller Vorfreude zurück nach Brandenburg fuhr. „Abgesehen davon, dass ich die Zeit alleine unfassbar wertgeschätzt habe, zieht es einen nach fünf Wochen irgendwie schon mal wieder nach Hause“, sagt der Backpacker. Vor allem auf sein eigenes Bett hat er sich gefreut. Auf der Suche nach neuen Erlebnissen wird sich Leo aber wieder auf den Weg machen, um bis in die letzte Ecke Europas zu reisen: „In Schweden möchte ich mir zum Abschluss meiner Reise die Polarlichter anschauen.“

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