Kategorie -Jugendliche

Das haben sie sich selbst zuzuschreiben: Preisverleihung von „Jugend schreibt“

Beide Jugend-schreibt-Preise der FAZIT-Stiftung gehen in diesem Jahr in die Schweiz an die Kantonsschule Uetikon am See. Ausgezeichnet wurden am Donnerstag ein Kurs und eine Autorin. Originelle Themen, gut recherchierte Texte und aufgeweckte Schweizer Gymnasiasten waren nach Frankfurt am Main gereist, um im großen Saal des F.A.Z.-Towers Lob und Preis zu erhalten. Gerald Braunberger ist als Herausgeber der Wirtschaftsredaktion für die beiden Jugendprojekte zuständig und hatte dementsprechend ein paar Zahlen parat: Rund 56.000 Schüler haben bisher an der Lese- und Schreibwerkstatt Jugend schreibt teilgenommen, die die F.A.Z. jetzt zum 37. Mal gemeinsam mit dem medienpädagogischen Izop-Institut anbietet. 1.388 Seiten mit Beiträgen sind bisher erschienen.

Ursula Kals

Redakteurin in der Wirtschaft, zuständig für „Jugend schreibt“.

Fast noch wichtiger als die Möglichkeit, selbst Artikel zu schreiben, ist das E-Paper, das die Kurse ein Jahr lang kostenlos erhalten. Denn Lesefreude zu entwickeln ist alles andere als ein Selbstläufer. So lesen sich andere Zahlen über den Medienkonsum junger Menschen weniger erfreulich: Der Anteil der 12- bis 19-Jährigen, die Zeitungen oder Bücher lesen, sinkt stetig. Laut der repräsentativen JIM-Studie 2023 sind die 12- bis 19-Jährigen durchschnittlich 224 Minuten täglich online. Dabei spielen insbesondere Messenger und Social Media eine große Rolle. Whatsapp wird von 94 Prozent regelmäßig genutzt. Doch nur 12 Prozent lesen täglich gedruckte Bücher. Gedruckte Zeitungen und Zeitschriften sowie deren Onlineangebote sind noch schwächer in den Alltag der 12- bis 19-Jährigen inte­griert.

„Eine völlig neue Erfahrung“

Das war bei den 100 Kursen, die im vergangenen Jahr an Jugend schreibt teilgenommen haben, anders. So wie bei der Klasse von Matthias Böhni. „Ich glaube, die Klasse hat sehr viel gelernt. Nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim kritischen Zeitunglesen. Der Kurs hat zwei Semester wöchentlich ein Lesejournal geführt, und das haben alle gut gemacht, ich würde sogar sagen, das Lesejournal war mindestens so gut wie die Artikel. Die Schülerinnen und Schüler erkannten, wie originell Titel, Bilder, Texte sein können, wie viel Arbeit und Geist hinter einer hochwertigen Zeitung steckt und was es alles für interessante Themen gibt, sei es im Sport – Fußball war hier besonders beliebt –, in der Technik, der Politik oder der Kultur“, sagt der Lehrer.

Danach haben die Schüler die Seiten gewechselt und selbst Artikel geschrieben. Matthias Böhni sagte, dass er ziemlich kritisch gewesen sei, viel verlangt habe, um sie zu begeistern. Die Hürde war hoch: „Für die Klasse war es ja eine völlig neue Erfahrung plötzlich als Reporter der großen F.A.Z. aufzutreten. Ich musste ihnen zuerst auch Mut machen und ein bisschen Selbstbewusstsein einflößen.“ Das Ergebnis spricht für sich. Insgesamt 14 Beiträge von seinem Kurs sind auf der immer montags erscheinenden Seite bisher veröffentlicht worden.

Fünf Schüler nahmen stellvertretend für die anderen den mit 2500 Euro dotierten Preis entgegen. Sara Engi, Jasmine Sege, Ilari Kind, Joshua Meister und Gina Brupbacher freuten sich über die Ehrung und Urkunden für ihre Arbeit: Darin wurden zwei Berufswechsler porträtiert: ein Medienmanager betreibt jetzt erfolgreich einen Foodtruck, ein Architekt hat zum Busfahrer umgeschult. Auch sportlich ging es zu: So besuchten die jungen Reporter einen Fußballer, der es in die U-17-Mannschaft geschafft hat sowie einen Ruderclub am Zürichsee. „Die Berge kriegen jeden klein“ lautet eine feine Beobachtung darüber, was Menschen wirklich auf einer einsamen Alp im Wallis machen. Unter dem Titel „Bei ihm sehen alle alt aus“, wird ein Mann vorgestellt, der antike Motorräder und Fahrräder sammelt. Ein anderes Por­trät widmet sich einer Frau, die aus ausrangiertem Segeltuch Taschen fertigt. Vorgestellt wird ein Unternehmer, der mit einem Erotikshop Millionen verdiente, ihn dann verkauft hat, inzwischen bewusst minimalistisch lebt und nun als Curler für Olympia trainiert.

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Schutz von Minderjährigen: Großbritannien sagt Einweg-E-Zigaretten den Kampf an

Das Dampfen von E-Zigaretten ist bei Jugendlichen länderübergreifend beliebt. In Großbritannien wird eine Alltäglichkeit des Konsums befürchtet. Premier Sunak greift deshalb zu einem drastischen Schritt. Auch in Deutschland wird ein hartes Durchgreifen gefordert.

Einweg-E-Zigaretten sollen in Großbritannien zum Schutz von Minderjährigen verboten werden. Ziel sei, den Anstieg des Konsums bei Jugendlichen zu bekämpfen und die Gesundheit von Kindern zu schützen, teilte die britische Regierung mit. Dazu soll die Auswahl der Geschmacksrichtungen eingeschränkt werden. Hersteller müssten schlichtere und optisch weniger ansprechende Verpackungen produzieren, hieß es. Die sogenannten Einweg-Vapes dürfen zudem nur noch außerhalb der Sicht von Minderjährigen und fern von Produkten wie Süßigkeiten angeboten werden, die auf Kinder abzielen.

Die Zunahme des E-Zigarettenkonsums bei Minderjährigen sei einer der besorgniserregendsten Trends, sagte Premierminister Rishi Sunak. „Deshalb müssen wir handeln, bevor er endemisch wird.“ Die langfristigen Auswirkungen seien unbekannt, und das enthaltene Nikotin könne süchtig machen. „Daher kann Dampfen zwar ein nützliches Instrument sein, um Rauchern beim Aufhören zu helfen. Die Vermarktung von Vapes an Minderjährige ist jedoch nicht akzeptabel“, sagte Sunak. Das Parlament in London muss dem Vorhaben noch zustimmen.

Gesundheits- und Umweltaktivisten begrüßten den Schritt. Jede Woche werden schätzungsweise fünf Millionen Einweg-Vapes weggeworfen. Im vergangenen Jahr waren es noch 1,3 Millionen. Etwa jeder zehnte Jugendliche in Großbritannien zwischen 11 und 15 Jahren nutzt E-Zigaretten. Lehrerinnen und Lehrer berichten über Anzeichen von Suchtverhalten im Klassenzimmer. Jährlich sterben im Vereinigten Königreich etwa 80.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.

Premier Sunak hatte bereits zuvor scharfe Anti-Tabak-Gesetze angekündigt. Kinder und Jugendliche, die in diesem Jahr 15 werden, sollen nach den Plänen nie in ihrem Leben legal eine Zigarette kaufen können. Dazu will Sunak das Mindestalter für den Kauf von Tabakprodukten jedes Jahr um ein Jahr erhöhen.

Ärztekammer fordert Verbot von Einweg-E-Zigaretten

In Deutschland hatte die Ärztekammer Nordrhein im November auf ihrer Tagung in Düsseldorf ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten verlangt. Beim Erhitzen der Liquids entstehen Aerosole, die das Herz-Kreislauf-System schädigen und Atemwegserkrankungen und Allergien auslösen können, wie die Kammer betonte. Zudem würden Einweg-E-Zigaretten häufig im normalen Hausmüll entsorgt, statt im Elektroschrott. „Entsprechend hoch sind die Umweltbelastungen durch Plastik, Metall und Lithium-Ionen-Batterien.“

Es brauche am besten ein Verbot, mindestens aber eine deutliche und zügige Beschränkung von Einweg-E-Zigaretten. Allein zwischen 2021 und 2022 sei der Absatz von E-Zigaretten und Einweg-E-Zigaretten um 40 Prozent gestiegen. Formen und oft bunte Farben der E-Zigaretten zielten vor allem auf junge Konsumentinnen und Konsumenten, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, laut Mitteilung. Der Gesetzgeber müsse zudem Kinder, Jugendliche und Schwangere besser vor den Folgen von Passivrauchen schützen. Im Tabakrauch seien rund 250 giftige und 90 krebserregende Substanzen enthalten.

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Die Zwinglipasshütte – mit der Solidarität geht es bergauf


Weit oben fern des Alltagstrubels steht die Zwinglipasshütte. Ein Gebäude aus Stein und Holz, alt und modern zugleich. Im Nordwesten ragen die steilen Kalkwände des Altmanns in die Höhe, die majestätisch das Panorama dominieren. Die Gegend um den Zwinglipass an der Grenze zwischen den Kantonen Appenzell Innerrhoden und St. Gallen ist von mehreren Schneefeldern gesäumt, die die von Wind und Wetter geschliffenen Steine und das braune Alpingras überdecken. Draußen ist es dunkel, drinnen brennt noch Licht. Das Hüttenteam verpflegt sich nach einem anstrengenden Tag in der Gästestube mit einer Suppe. Die Lampen und die hellen Holzwände machen den Raum heimelig. Die Zwinglipasshütte ist eine von rund 153 Berghütten des Schweizer Alpenclubs (SAC), dem größten Bergsportverband der Schweiz. Sie thront auf 2000 Meter über Meer am Rande eines kleinen Hochplateaus, die Aussicht ins Tal ist atemberaubend.
Manfred Weber, den hier oben alle nur „Mani“ nennen, hat braune Haare und ist einer von vielen Freiwilligen, die die Hütte betreiben. Sie verdienen dabei nichts: „Wir machen das aus purer Freude und nicht wegen dem Geld“, meint Mani. Bezahlen müssen die Gäste während ihres Aufenthalts lediglich Konsumgüter und die Halbpension fürs Übernachten. Das ist speziell: Häufig wird das Hüttenteam nämlich für seine Arbeit bezahlt. Nicht so hier: Vom Geld, das über die Theke geht, stecken sich die Freiwilligen keinen Cent ein. Mani, Jahrgang 1974, ist gelernter Elektroniker und seit mehr als 30 Jahren regelmäßig auf der Hütte. Er hat sowohl den Anbau der Terrasse in den 90ern als auch die Renovierung vor sechs Jahren miterlebt. Das Hüttenfieber hat ihn nicht mehr losgelassen: Beim Erzählen strahlt er bis über beide Ohren. Er kennt zu jedem Winkel eine kleine Anekdote.

Was mit dem Heli entsorgt wird

Der Bau der Hütte in den Jahren 1969/70 glich einem Abenteuer: Mit Pickel und Schaufel gruben sich die Arbeiter in das unwegsame Gelände. Mani zeigt auf ein nahes, steil abfallendes Steinfeld: „Etwa so hat dieser Ort ausgesehen, bevor die Hütte errichtet wurde.“ Alles Material für den Bau stammt aus der Region: die Steine, das Holz, der Putz. Die Arbeiter mussten das gesamte Material die 900 Höhenmeter von Wildhaus auf den Berg hochschleppen. Heute müsste man nicht mehr alles mühsam den Hang hochbuckeln: Der Helikopter hat diese Arbeit übernommen. Doch auf der Zwinglipasshütte kommt er sehr selten zum Einsatz: „Wir haben nur zwei bis drei Flüge pro Jahr, welche unersetzbar sind, zum Beispiel um die Exkremente zu entsorgen. Alles andere tragen wir und unsere Helfer selbst hoch.“ Damit meint Mani die acht Tonnen Material, die jede Saison benötigt werden. Deshalb gibt es die „Hötteträgete“ am letzten Juniwochenende. „Bei der Hötteträgete können alle kommen, welche uns unterstützen möchten. Die einen nehmen kilogrammweise Teigwaren oder einen Stapel Brennholz mit auf die Hütte, andere nur eine Flasche Wein, aber alle helfen mit und tragen etwas Wundervolles zur Hütte bei. Bei uns geht es nicht ums Geld, sondern um die Solidarität.“ Solidarität scheint für Mani höchste Priorität zu haben. „Am Schluss müssen die Menschen zusammenleben können.“ Auf der Hütte seien alle willkommen. Ab und zu kämen auch Höhlenforscher. Er öffnet eine Tür im Keller, hinter der sich viele Kletterseile verbergen. Denn unweit der Hütte befindet sich ein Höhleneingang zu einem weitverzweigten System von Gängen und Stollen, die den Alpstein durchziehen. In den vergangenen Jahren wurden intensive Forschungen an der Schneehöhle oder der Schachthöhle Z7 angestellt, die bis heute andauern. Auf der Hütte gibt es für die Forscher einen Lagerraum.

Strom vom hauseigenen Solarkraftwerk

Was im Keller ebenfalls auffällt, sind die Gestelle voller Holz, die bis zur Decke mit Scheiten gefüllt sind. Das Brennholz wird für das Anfeuern des Ofens benutzt, auf dessen Herd gekocht wird. Jeder weiß, was zu tun ist. Damit das Essen rechtzeitig auf dem Tisch steht, müssen alle Abläufe sitzen. Das sei zu Beginn schwierig, erzählt Mani, denn jedes Freiwilligenteam funktioniere anders. Besondere Priorität hat die Klimaeffizienz der Hütte. So stammt der Strom aus der Steckdose vom hauseigenen Solarkraftwerk. In den Batterien lassen sich gut 48 Volt speichern. Durch einen Wechselrichter wird diese Energie dann zu Wechselstrom umgewandelt, der fast einschränkungslos genutzt werden kann. „Gleichzeitig staubsaugen und waschen funktioniert allerdings nicht so gut, da sagt die Sicherung schnell mal ‚Auf Wiedersehen‘“, scherzt Mani. Das Regenwasser wird durch ein System aus Röhren und Filtern bis annähernd Trinkwasserqualität gereinigt.Stolz ist Mani auf die Holztreppe, die dem SAC Toggenburg, der für die Hütte zuständigen Sektion, geschenkt wurde: „Früher musste man eine sehr steile Treppenleiter benutzen, um die Stockwerke zu wechseln. Da fiel schon einmal der eine oder andere Gast hinunter. Mit der neuen Treppe haben wir dieses Problem nicht mehr – und zudem erst noch mehr Platz.“ Noch vor wenigen Stunden war die Gästestube prall voll. Die meisten Gäste schlafen nun bereits, denn Frühstück gibt es zeitig. Mani wird um sechs oder früher aufstehen, um aufzutischen. Auch wenn es manchmal stressig werden kann, sieht er es gelassen: „Ich erlebe hier oben jeden Tag viele neue Begegnungen, und es gibt auch ruhige Momente.“ Ist es schwierig, Freiwillige zu finden? Er schmunzelt. „Nein, das ist kein Problem. Wir haben eher zu viele.“

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Tötungsdelikt in Sankt Leon-Rot: 18-Jährige hatte Täter zuvor bereits angezeigt

Noch sind die Hintergründe unklar: Eine Schülerin wird in dem kleinen Ort Sankt Leon-Rot getötet. Der 18-jährige Täter war der Polizei bekannt. Die Jugendliche, die er nun getötet haben soll, hatte ihn erst vor wenigen Wochen angezeigt.

Sankt Leon-Rot ist ein kleiner Ort: Rund 14.000 Einwohner, ein Golfclub, ein See, es gibt drei Fußballvereine und ein großes Straßenfest. Am Mittag rauscht der Name der Gemeinde nahe Heidelberg auf tragische Weise bundesweit durch die Schlagzeilen. Überall blinkt Blaulicht in dem Örtchen. Die Feuerwehr ist da, Rettungskräfte, die Polizei. Beamte sperren die Straßen ab, Einsatzleiter rufen nervös durch die Gegend. Verunsicherte Bürger versammeln sich vor dem Rathaus. Sirenengeheul. Vermummte, schwer bewaffnete Einsatzkräfte begeben sich durch die Glasfront in das Löwenrot-Gymnasium.

Eine Gewalttat in dem modernen Schulgebäude erschüttert die kleine Gemeinde. Um 10.19 Uhr geht ein Notruf bei der Polizei ein. Zunächst ist die Rede von einer Frau, die in dem örtlichen Gymnasium schwer verletzt worden sei. Bald aber ist klar: Es handelt sich um eine 18-jährige Schülerin. Sie hat den Angriff nicht überlebt. Wiederbelebungsversuche noch am Tatort scheitern. Sie wurde niedergestochen mit einem Messer.

Wer für ihren Tod verantwortlich ist, bleibt zunächst unklar. Doch schon früh sprechen die Einsatzkräfte davon, dass es sich wohl um eine Beziehungstat handelt. Der Verdächtige ist auf der Flucht. Ein Polizeihubschrauber fliegt über den Ort, fahndet nach ihm. Zwar gehen die Beamten nicht von einer Gefahr für die Bevölkerung aus, aber ein Sprecher räumt ein: „Ich kann nicht in den Kopf der Person reinschauen, vieles ist möglich.“

312 Kilometer Flucht

Der Täter ist indes bereits weit weg. Er flieht mit dem Auto. Erst in Seesen in Niedersachsen, rund 312 Kilometer Luftlinie vom Tatort, wird er schließlich festgenommen – nachdem er einen Unfall baut und dabei verletzt wird. Die Staatsanwaltschaft will am morgigen Freitag beim Amtsgericht in Heidelberg einen Haftbefehl gegen ihn beantragen. Die Nationalität des Tatverdächtigen teilten die Behörden nicht mit.

Es handelt sich um einen 18-jährigen Schüler. Er ist bei der Polizei offenbar kein Unbekannter. Bereits im November 2023 habe die Schülerin Strafanzeige gegen ihn wegen körperlicher Gewalt gestellt, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit. Abgesehen davon sei der Verdächtige strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten. Aus welchen konkreten Gründen der junge Mann die gleichaltrige Schülerin tötete, ist bislang offen. Die Polizei nennt keine Einzelheiten.

Das Gymnasium wurde 1998 als Privatgymnasium Leimen mit einer Elterninitiative gegründet. Derzeit werden nach Angaben der Schule dort 685 Schüler von 85 Lehrkräften unterrichtet. Rund 650 Schüler werden am Vormittag evakuiert und an eine Sammelstelle gebracht, laut Polizei in eine Sporthalle. Eltern holen sie nach und nach ab.

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Nur 1 Prozent Frauen in der Schweizer Armee


Warum tust du dir das freiwillig an? Dies ist oft die erste Reaktion von Männern auf Frauen im Militär“, meint Pascal Muggensturm, der seit zweieinhalb Jahren als Kommandant die Informatikschule 61 in Frauenfeld in der Schweiz leitet. Heute steht er mit seiner Ausgangsuniform auf der Bühne im Casino Frauenfeld, wo er Männer und Frauen zu Unteroffizieren und Unteroffizierinnen erhebt. Larissa Stadler macht mit ihrer farbig bestickten Bluse und den Bluejeans einen lockeren Eindruck. Sie gehört mit ihren 25 Jahren bereits zur Führungsstaffel der Infanterie. „In den ersten drei Wochen gehört diese Frage schon zum Alltag einer militärdienstleistenden Frau. Irgendwann hat man es auch satt, darauf zu antworten.“ Sie lächelt verschmitzt. Seit 1903 kann man sich als Frau beim Roten Kreuz engagieren, und seit 1939 gibt es den Frauendienst, den Vorreiter des Militärdienstes für Frauen. Doch erst seit 2004 sind alle militärischen Funktionen für Frauen frei zugänglich. In der Schweizer Gesamtarmee beträgt der Frauenanteil laut Statista etwa 1 Prozent.

Mental noch zu weit von ihnen entfernt

Während in einem Café die Kaffeemaschine zischt, dudelt aus den Lautsprechern leise Musik. Stadler sagt: „Leider haben viele Frauen Angst, ins Militär zu gehen. Grund dafür sind die vielen Männer oder schlicht die Angst, die einzige zu sein. Bei den Besuchstagen finde ich es immer wieder schön, wenn kleine Mädchen kommen und unsere Soldatinnen sehen. Sie sehen, dass wir auch Dienst leisten können.“ Auch Muggensturm bedauert, dass sich so wenige Frauen für das Militär entscheiden. „Ich denke, es ist auch so, dass das Militär mental noch zu weit von den Frauen entfernt ist. Viele können sich nicht mit der Rolle beim Militär identifizieren.“ Das Militär hingegen ist daran interessiert, die Frauenquote zu erhöhen. Das hätte diverse Vorteile, etwa bei Abstimmungen. „Momentan ist es so, dass das Militär bei sicherheitspolitischen Abstimmungen nur circa 50 Prozent der Bevölkerung erreichen kann“, sagt Muggensturm beim Apéro zur Brevetierungsfeier. „Gäbe es mehr dienstleistende Frauen, könnte man auch in der Politik mehr für das Militär tun.“ Larissa Stadler zögert kurz: „Grundsätzlich haben wir in der Schweiz ein Milizsystem, das Militär wird nebenberuflich und nicht hauptberuflich ausgeführt, das heißt, alle Leute, die zu uns kommen, verfügen schon über bestimmte Fähigkeiten, wir müssen für sie nur den richtigen Platz finden. Wäre die Frauenquote höher, würde anders an gewisse Probleme herangegangen werden. Es könnte sein, dass sich auch die Kriegsführung verändern würde.“ Die Aufnahme von Frauen in die Armee ist wie folgt aufgebaut. Wenn eine Frau sich zur Rekrutierung stellt, gelten für sie die gleichen Bedingungen wie für Männer. Sie müssen gleich viele Sportpunkte erreichen wie die Männer, um eine entsprechende Funktion erfüllen zu können. Anders verhält es sich bei den Sportabzeichen, hier sind die Anforderungen den Geschlechtern angepasst.

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„In Zukunft besser schützen“: Doping macht Minderjährigen schwer zu schaffen

Der Sport soll eigentlich ein sicherer Raum für Kinder und Jugendliche sein – die Welt-Anti-Doping-Agentur zeigt jedoch in einem Bericht auf, dass das oft nicht der Fall ist. Die Verantwortlichen zeigen sich beunruhigt und haben Maßnahmen entwickelt, um die Situation zu verbessern.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat einen Bericht zu Auswirkungen von Dopingstrafen auf die Psyche Minderjähriger im Sport vorgelegt. Unter dem Titel „Operation Zuflucht“ wird detailliert über das tiefe Trauma und die Isolation von jungen Athleten und Athletinnen nach einem positiven Test und einer Strafe berichtet.

„Die Daten, Schlussfolgerungen und Geschichten in dem Report sollten bei uns allen in der gesamten Sportwelt einen lauten Widerhall finden“, sagte WADA-Präsident Witold Banka. Er hoffe, dass vor allem die Berichte aus erster Hand von Minderjährigen und ihren Unterstützungsnetzen in der Anti-Doping-Gemeinschaft ein starkes Gefühl für die Dringlichkeit von Maßnahmen hervorrufen werden, mit denen man sie „in Zukunft besser schützen“ könne.

Unabhängig von der Ebene des Wettbewerbs müsse der Sport ein sicherer Raum für Kinder bleiben. „In erster Linie ist in der gesamten Anti-Doping-Gemeinschaft eine bessere Koordinierung beim Umgang mit Minderjährigen im Rahmen des Anti-Doping-Prozesses erforderlich“, betonte Banka. Der Bericht skizziere Sofortmaßnahmen, die von Anti-Doping-Organisationen und Regierungen ergriffen werden müssten, um spezifische Strategien oder Praktiken für den Umgang mit Minderjährigen umzusetzen.

„Die ‚Operation Zuflucht‘ rückt ein schwieriges, aber wichtiges Thema ins Rampenlicht“, sagte der deutsche WADA-Direktor für Ermittlungen, Günter Younger. Eine Vielzahl von Berichten, die über die „Speak Up!“-Plattform über Dopingaktivitäten unter minderjährigen Athleten eingingen, hätten die Besorgnis verstärkt. „Dank dieser Initiative sind wir dabei, einen besseren Weg für Minderjährige auf der ganzen Welt zu finden“, sagte Younger. „Wir setzen uns dafür ein, dass sich die Erfahrungen der im Rahmen dieser Operation befragten Personen nicht mehr wiederholen.“

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Punks aus der Ukraine über den Krieg


Lässige Kleidung und eine Frisur, die ein wenig beängstigend ist. Viel Alkohol und Zigarettenrauch. Punks stellen sich außerhalb des Systems und sind bereit, die Konsequenzen dafür in Kauf zu nehmen. Punks sind in der Ukraine in ständiger Konfrontation mit der Polizei. Sie leben in einer Kultur mit Graffiti und Musik und haben ihre eigene Ideologie. In letzter Zeit hat sich die Situation für sie jedoch drastisch verändert, und zwar definitiv nicht in Richtung des pazifistischen Teils dieser Nonkonformisten, die sich im Allgemeinen gegen militaristische Strukturen aussprechen. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat das Leben aller verändert, einschließlich der Gedanken der Punks in Bezug auf das Militär. Viele von ihnen sind in den ukrainischen Streitkräften, um ihre Heimat zu verteidigen, während andere sie unterstützen, indem sie Geld und lebenswichtige Güter sammeln.

„Früher hatte ich Millionen Ausreden“

Wie konnte es geschehen, dass Menschen mit einem weißen „A“ in einer schwarzen Flagge, die staatliche Institutionen insgesamt ablehnen, als Freiwillige mit Waffen in der Hand kämpfen, um die Souveränität der Ukraine zu verteidigen? Ein 19-jähriger Ukrainer aus Lemberg (der Name ist der Redaktion bekannt) versuchte sich von der staatlichen Ordnung zu distanzieren, doch fand er sich letztlich in den Reihen der Verteidiger wieder. Die Waffenbrüder nennen diesen Jungen „Punk“. „Ich habe meine Zukunft nie in militaristischen Strukturen gesehen, und diese Meinung über den Militärdienst in Friedenszeiten habe ich bis heute beibehalten“, sagt er während seines kurzen Urlaubs, als er ein paar Tage nach Hause darf. Er reinigt sein Gewehr mit einem Stück Stofffetzen vom Schmutz. Trotz seiner Einstellung zum Wehrdienst, die sich mit seiner Selbstwahrnehmung als Nonkonformist im Alter von 15 Jahren entwickelt hatte, zögerte er nicht bei seiner Entscheidung. „Früher hatte ich Millionen Ausreden, um mich vor der Wehrpflicht zu drücken. Ich konnte nicht untätig sein, während um mich herum solch ein Grauen geschieht.“ Punk teilt seine Eindrücke vom Leben an der Front: „Der Krieg und der Militärdienst haben viele meiner Stereotypen über die Armee zerstreut, aber meine Einstellung zur Armee hat sich praktisch nicht geändert.“ Er gibt sich individualistisch. Auf seiner Kleidung trägt er Aufnäher mit Piratenschädeln, sein langes Haar ist nachlässig unter dem Helm verborgen. Sein Lächeln erinnert ein wenig an junge Jesusdarstellungen. Deshalb erhielt er unter seinesgleichen in Lemberg den Spitznamen „Jesus“.

Bis dahin hilft der 19-Jährige ehrenamtlich

Nicht alle sind grundsätzlich gegen den Militärdienst. Lew Sanytsch zum Beispiel aus der Stadt Kamjanske, die zur Sowjetzeit Dniprodserschynsk hieß, ist ebenfalls 19 Jahre alt und Punk, seit er 13 ist. Seine unkonventionelle Entwicklung verlief ohne Streitigkeiten, obwohl es auch Momente gab, die in seinem Gedächtnis eine Abneigung gegen die Polizei prägten. Der junge Nonkonformist hat den Militärstrukturen im Allgemeinen und dem Beruf des Soldaten eher eine neutrale bis positive Einstellung gegenüber. „Wenn es in der Familie Berufssoldaten gibt und der eigene Vater ehemaliger Zollmilizionär und Militärverbindungsoffizier im Ruhestand ist, dann ist es schwierig, sich der Militärpflicht zu widersetzen“, sagt Sanytsch. Nach Beginn des Krieges wollte er genauso wie viele andere Freiwillige sein Land verteidigen, aber familiäre Umstände haben seine Entscheidung verändert: „Ich muss mich zu Hause um meinen älteren Bruder kümmern, der aufgrund seiner Schwerbehinderung pflegebedürftig ist. Doch sollte sich die Möglichkeit ergeben, möchte ich zum Dienst, aber bis dahin bin ich ehrenamtlich tätig. Ich sammle Spenden, besorge die Dinge, die die Soldaten benötigen, und kümmere mich darum, dass sie die Sachen auch schnell bekommen.“ Der junge „Jesus“ sagte einmal: „Punk ist ein Stigma, ihn zu verlassen bedeutet, für sich selbst und andere zu sterben.“

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Auf eisigem Weg ausgerutscht?: 16-jährige Deutsche stirbt in Südtirol

In Südtirol bricht eine 16-jährige Deutsche am frühen Morgen zu einem Spaziergang auf – kehrt jedoch nicht zurück. Rettungskräfte suchen mit Hubschraubern und Hunden das unwegsame Gelände ab. Schließlich können sie nur die Leiche der Jugendlichen bergen.

Bei einem Familienurlaub in Südtirol ist ein 16 Jahre altes Mädchen aus Deutschland vermutlich durch einen Sturz ums Leben gekommen. Die Leiche der Jugendlichen wurde am Freitag in der Nähe der norditalienischen Gemeinde Innichen in den Dolomiten am Fuße eines Bergwegs gefunden, wie die Bergrettung mitteilte. Zuvor hatte die Familie sie als vermisst gemeldet.

Das Mädchen war demnach früh am Morgen von seiner Unterkunft zu einem Spaziergang aufgebrochen und nicht mehr zurückgekehrt. Zur Herkunft der Familie machte die Bergwacht zunächst keine Angaben. Vermutet wird, dass die 16-Jährige bei ihrem Spaziergang auf einem eisigen Weg ausrutschte und dann mehrere Meter in die Tiefe stürzte.

Zunächst suchten Bergretter mit einem Hubschrauber nach dem Teenager. Sie überflogen Medienberichten zufolge die mit herkömmlichen Mitteln kaum zu erreichende Stelle, an der sie die 16-Jährige vermuteten, mit einer Wärmebildkamera – allerdings ohne Erfolg. Auch eine Hundestaffel des Rettungsdienstes kam zum Einsatz. Schließlich wurde die Jugendliche, nachdem man ihr Handy geortet hatte, in unwegsamem Gelände von einem Hund entdeckt. Die Fundstelle liegt in einer Höhe von etwa 1450 Metern. Die Retter versuchten noch, sie wiederzubeleben. Für die 16-Jährige kam jedoch jede Hilfe zu spät.

Die Staatsanwaltschaft ordnete inzwischen eine Obduktion an. Damit soll auch geklärt werden, ob das Mädchen erfroren ist. Notfallsanitäter versorgen die Familie des Opfers.

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TRI Train Rental vermietet alte Züge – auch an die Deutsche Bahn


Der Anblick eines Zugs der TRI Train Rental GmbH mag Verwunderung auslösen. Statt Klimaanlage gibt es Fenster zum Herunterschieben, die Türen lassen sich nur per Hand mit einem Hebel öffnen statt auf Knopfdruck, und es gibt kein WLAN.

Der Gründer und Geschäftsführer von TRI, Tobias Richter, war Bundesbahnbeamter in Nürnberg und sammelte privat historische Züge, keine Modellbahnen, sondern ausgemusterte Fahrzeuge der Deutschen Bahn. Das mag ungewöhnlich klingen, doch laut Richter kann jeder Züge sammeln, der Interesse an alten Zügen hat – sofern man einen Abstellplatz besitzt. Denn an die Wagen, in Richters Fall Reisezugwagen, komme man recht einfach, beispielsweise über das Stillstandsmanagement der Deutschen Bahn.

Richter stellte seine Züge im Deutschen Dampflokomotiv Museum im bayrischen Neuenmarkt ab. Höhepunkt seiner Sammlung seien die Wagen des TEE Rheinpfeil gewesen. Dieser Fernverkehrszug wurde 1965 vom Rheinpfeil zum TEE (Trans-Europ-Express) aufgewertet und 1987 durch den EC (Eurocity) ersetzt. Um seine gesammelten Züge zu erhalten, gründete er 2013 mit seinem Sohn Maximilian Richter die TRI Train Rental GmbH.

Mit ersten Vermietungen verdienten sie Geld, um weitere Lokomotiven und Wagen zu erwerben. TRI vermietete, bis zum Beginn der Corona-Pandemie, Reisezugwagen des ehemaligen Trans-Europ-Express an die AKE-Eisenbahntouristik in Gerolstein, ein Unternehmen, das hochwertige Sonderzugreisen anbietet.

Ein Doppelstockwagen kostet 400.000 Euro

Laut Maximilian Richter kostet ein Doppelstockwagen rund 400.000 Euro und ein Singledeck zwischen 30.000 und 50.000 Euro. „Bei den Kosten für ein Fahrzeug muss man aber beachten, dass der Kauf gern mal nur einen kleinen Teil ausmacht.“ Für die Aufarbeitung – sie wird von Partnerunternehmen durchgeführt – und die Wiederinbetriebnahme müsse man weitere und oft höhere Kosten einrechnen.

Als die Geschäftsführer mitbekamen, dass immer mehr Nahverkehrsanbieter nicht genug eigene Zugreserven besaßen, entwickelten sie ihre Geschäftsidee: „Die TRI springt dort ein, wo der eigentliche Schienenpersonennahverkehrsanbieter nicht mehr kann – ein Alleinstellungsmerkmal am Verkehrsmarkt“, erklärt Richter. Wegen einer stetig wachsenden Nachfrage stockte TRI das Personal und den Fahrzeugbestand auf. Laut Richter stehen fast alle namhaften Schienenpersonennahverkehrsanbieter auf der Kundenliste, etwa DB Regio, Transdev, Netinera, Abellio, Go-Ahead und Eurobahn.

„Unsere blau-weißen Züge fahren aktuell täglich im Rheinland, in Württemberg und Bayern, zuletzt auch von Juli bis September im S-Bahn-Ersatzverkehr in Stuttgart. Aber auch im Nachtzugverkehr beginnen wir, uns zu profilieren; der European Sleeper von Berlin nach Brüssel beispielsweise fährt mit Reisezugwagen von TRI“, berichtet Richter. Auch Sonderfahrten bietet TRI an, zum Beispiel zu Fußballspielen.

Der Familienbetrieb besitzt nach eigenen Angaben 14 elektrische Lokomotiven unter anderem der Baureihe 110 (E10), 111 und 113 (E10.12) und mehr als 100 Reisezugwagen, darunter auch Schlafwagen, Liegewagen und Speisewagen; teilweise sind sie für eine Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern ausgelegt. Als Nächstes sollen klimatisierte Doppelstockwagen für einen modernen Nahverkehr folgen.

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Eklatante Personalnot: Jugendhilfe-Beschäftigte sehen Kinderschutz in Gefahr

Überall fehlen Fachkräfte, auch bei den Jugendämtern. Die müssen sich gleichzeitig um immer mehr hilfebedürftige junge Menschen kümmern. Die Folgen können dramatisch sein, im schlimmsten Fall geht es um Leben und Tod.

Kita-Gruppen müssen zusammengelegt werden, weil Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Immer wieder fällt wegen Lehrkräftemangels Unterricht an Schulen aus. Weniger im öffentlichen Bewusstsein ist, dass auch Jugendämter, soziale Dienste, Heime oder Wohngruppen für Minderjährige unter einem dramatischen Fachkräftemangel leiden. Dabei sollte das Mitte 2021 in Kraft getretene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz eigentlich Mädchen und Jungen aus einem belasteten Umfeld besser unterstützen.

Die Realität sieht anders aus. „Wir können an manchen Stellen den Kinderschutz nicht mehr gewährleisten“, sagt Kerstin Kubisch-Piesk. Die Berlinerin ist Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD). Sie vertritt die Mitarbeitenden in den rund 560 Jugendämtern in Deutschland, die sich unter anderem um den Kinderschutz, Familienberatung und die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge kümmern.

In den vergangenen Jahren seien die Aufgaben und Fallzahlen beim ASD gewachsen, gleichzeitig fehle Personal, klagt Kubisch-Piesk, die seit rund 30 Jahren im Jugendamt arbeitet. Nach Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln gibt es bei den Sozialarbeitern neben den Erziehern die größte Fachkräftelücke unter allen Berufen. Manche jungen Kolleginnen müssten zum Berufsstart gleich 70 bis 80 Familien betreuen, berichtet Kubisch-Piesk. „Wir müssen priorisieren, und wir können oft auch nicht so viele Hausbesuche machen, wie notwendig wären.“ Teilweise sei nicht mehr sicherzustellen, dass nach Meldungen eines Verdachts auf Kindeswohlgefährdung jeder Fall von zwei Personen begutachtet wird, wie es die Standards erfordern.

Fehler mit tödlichen Folgen

Im Jahr 2022 nahmen die Jugendämter insgesamt 66.300 Kinder und Jugendliche zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut. Dies war ein Anstieg um 18.900 Fälle oder 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Neuere Zahlen hat das Statistische Bundesamt noch nicht veröffentlicht. Aus der Praxis ist zu hören, dass sich die Situation abermals verschärft habe – auch weil die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten weiter gestiegen sei. Für diese Jugendlichen sind die Jugendämter zuständig.

In die Schlagzeilen geraten Jugendämter meist nur, wenn Fälle falsch eingeschätzt wurden. Fehler können tödliche Folgen haben. Im Fall des in der Nähe von Hannover getöteten vierjährigen Fabian wurde im Prozess gegen die Mutter und den Stiefvater öffentlich, dass der inzwischen gemeinsam mit der Mutter wegen Mordes verurteilte Stiefvater dem Jugendamt bekannt war.

Er soll seine frühere Ehefrau und deren Sohn misshandelt haben. Die Behörde könnte in diesem Zusammenhang Hinweise auch auf Misshandlungen der Kinder der neuen Lebensgefährtin des Mannes erhalten haben. Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft Hannover ein Ermittlungsverfahren gegen eine Mitarbeiterin des Jugendamts aufgenommen. Es gehe um den Verdacht der Körperverletzung im Amt durch Unterlassen, sagt eine Sprecherin der Anklagebehörde .

Für bundesweites Entsetzen hatte im Oktober 2006 der Tod des zweijährigen Kevin in Bremen gesorgt. Polizisten entdeckten die Leiche des Kindes im Kühlschrank seines drogensüchtigen Ziehvaters. Kevin starb Monate zuvor, sein Körper wies Spuren zahlreicher Misshandlungen auf. Ein Untersuchungsausschuss und Gerichtsprozesse deckten Behördenversagen auf. Das Jugendamt Bremen hatte zu Kevins Todeszeitpunkt die Vormundschaft. Der Fall war Auslöser für Reformen im Kinderschutz.

Fast chancenlose Systemsprenger

Inzwischen gibt es eine Vielzahl rechtlicher Vorschriften, doch was helfen diese, wenn sie in der Praxis nicht einzuhalten sind? Wenn Kinder oder Jugendliche zu ihrem eigenen Schutz aus ihren Familien geholt werden müssen, ist es oft schwierig, sie unterzubringen. Eine Kollegin habe auf der Suche nach einem Platz 50 Einrichtungen abtelefoniert, erzählt Kubisch-Piesk. Gerade jüngere Kinder sollten im Idealfall gemeinsam mit einer Bezugsperson untergebracht werden, doch dies sei selten möglich.

Besonders schwierig ist es, Plätze für Kinder und Jugendliche mit besonders herausforderndem Verhalten zu finden – sogenannte Systemsprenger. Seit über zehn Jahren gibt es in Südostniedersachsen einen „Systemsprenger“-Verbund, bei dem sechs Jugendhilfe-Träger kooperieren, um zu verhindern, dass Maßnahmen frühzeitig abgebrochen werden und junge Menschen von Einrichtung zu Einrichtung wechseln müssen.

Die AWO Braunschweig ist ein großer Träger in dem Verbund, insgesamt verfügt sie über 170 stationäre Jugendhilfe-Plätze. Davon können wegen des zusätzlichen personellen Aufwands allerdings nur wenige an sogenannte Systemsprenger vergeben werden. „Wenn wir Plätze freihaben, dann nur, weil wir nicht das Personal haben, um Kinder und Jugendliche aufzunehmen“, berichtet Nils Borkowski, Leiter des Geschäftsbereichs Jugend- und Erziehungshilfen. „Wir könnten aktuell jeden Platz mehrfach belegen. Es vergeht kein Tag, an dem bei uns nicht Anfragen aus ganz Deutschland eingehen, von Bayern bis Schleswig-Holstein.“

Auch die Träger klagen über einen „katastrophalen Fachkräftemangel“, wie Borkowski sagt. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter hätten eine Vielzahl an Job-Möglichkeiten, immer häufiger entscheiden sie sich ihm zufolge gegen den Schichtdienst in einer Wohngruppe. Im Gegensatz zu einem Kindergarten könne eine Wohngruppe ihre Öffnungszeiten nicht reduzieren oder mal für einen Tag geschlossen werden. „Das ist das Zuhause der Kinder“, betont Borkowski.

Jugendpolitik nach Kassenlage?

Neun Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren wohnen in einer AWO-Wohngruppe im Nordwesten von Braunschweig zusammen. Drei Jungen, vier Mädchen, zwei sind transgender. In der Etage darüber sind Appartements für Jugendliche, die sich auf die Selbstständigkeit vorbereiten. Unter dem Dach gibt es eine Tagesgruppe für Sechs- bis Zwölfjährige. In ihrer Familie habe sie Traumatisches erlebt, erzählt eine 19-jährige Transperson, die seit 2021 in der Einrichtung lebt. „Hier konnte ich zur Ruhe kommen.“ Gleichzeitig sei immer ein Erwachsener ansprechbar. Die 19-Jährige zeichnet und malt in ihrer Freizeit gern, eine andere spielt Gitarre. In der Gruppe wird auch mal gemeinsam gekocht oder an der Playstation gezockt.

„Wenn das Jugendhilfesystem versagt, hat das dramatische Folgen“, gibt Borkowski zu bedenken: „Bei den Kleinen geht es um Leben und Tod, bei den Älteren um eine sehr ungesunde Lebensführung.“

Heike Wiemert ist Dekanin und Professorin mit Schwerpunkt Kinderschutz an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen. Nach ihrer Analyse hat sich die Situation in den Jugendämtern immer weiter verschärft. Erfahrene Mitarbeitende scheiden altersbedingt aus, für die Einarbeitung junger Fachkräfte fehle Personal. „Zugleich ist die Personal-Fluktuation auf dem Höchststand“, berichtet die Wissenschaftlerin.

Notwendig seien ein Monitoring zum Fachkräftebedarf im ASD und bei den Hilfen zur Erziehung, der Ausbau staatlich finanzierter dualer Studienplätze für Soziale Arbeit sowie eine Qualifizierung von Quereinsteigenden, sagt Wiemert. Derzeit würden im Allgemeinen Sozialen Dienst Studierende zur Kompensation fehlender Fachkräfte als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt, bedauert sie.

Die Forscherin beklagt, dass Kinder- und Jugendpolitik zu häufig nach Kassenlage gemacht werde und Kinder keine so starke Lobby hätten wie etwa die Automobilindustrie. „In diesem Jahr werden Kommunen angesichts der Tarifsteigerungen weitere Einsparungen in der Kinder- und Jugendhilfe nicht vermeiden können, wenn vom Bund oder Land keine Entlastung geboten wird“, befürchtet Wiemert. „Weitere Einbußen beim Kinderschutz sind zu befürchten.“

Schon vor einem Jahr hatten Beschäftigte aus Jugendämtern und Jugendhilfe einen Kinderschutzgipfel unter Federführung der Bundesregierung gefordert. Jetzt organisieren mehrere Verbände – darunter SOS-Kinderdorf – ein solches Treffen am 9. April 2024 selber und haben dazu Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfamilienministerin Lisa Paus eingeladen. Laut einem Ministeriumssprecher hat der Schutz der Kinder für das Bundesfamilienministerium „höchste Priorität“. Schon seit Jahren leiste das Ministerium Unterstützung bei der Fachkräftesicherung.

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