Neue StudieKirche geht gezielter auf Jugendliche zu
Stuttgart – Die Konfirmation soll für Jugendliche eine Brücke ins Leben der Erwachsenen sein. Aber allzu oft stellt diese Zeit auch einen Bruch dar. Jugendliche bleiben immer seltener hängen – am Gemeindeleben und den dortigen Angeboten. Der Kontakt zur Kirche verliert sich zunehmend, weil die Barrieren zur Teilnahme zu hoch sind. Damit setzte sich nun die evangelische Jugendstudie „Brücken und Barrieren“ des Sinus-Instituts auseinander.
Sinus-Studienleiterin Inga Borchard stellte eine ganze Liste auf, warum Jugendliche nach der Konfirmandenzeit keine Bindung zur Jugendarbeit bekommen: Manchmal sind es Zeitprobleme, mal ist das Angebot schwer verständlich oder alltags- und jugendfern. „Hier wird viel Potenzial verschenkt“, resümiert Inga Borchard.
Auch weil es immer noch starre Denkmuster bei der Betrachtung Jugendlicher gibt. Schon in diesem Ansatz liegt das Problem. Den Jugendlichen gibt es schon lange nicht mehr. Nur ein Angebot entspricht nicht allen Bedürfnissen. Die Sinus-Studie hebt diesen Fehler auf. Sie unterscheidet Jugendliche nach ihren Motivationen und teilt sie in fünf Motivationstypen ein: den religiös Motivierten, den Gemeinwohl-Motivierten, den Spaß-Motivierten, den Nutzen-Motivierten und den Distanzierten.
Die Empfehlung der Autoren dieser Studie und des Leiters des Württembergischen Jugendwerks, Gottfried Heinzmann, lautet daher: diese unterschiedlichen Typen als solche wahrzunehmen und entsprechend ihrer Neigungen anzusprechen. Schon in der Konfirmanden-Zeit müsse man weg von verpflichtenden Gottesdienstbesuchen und dem Abfragen von auswendig Gelerntem. Stattdessen müsse das kirchliche Angebot Freude machen. Dies sei jedoch keineswegs eine Hinwendung zur Spaß- und Event-Gesellschaft, erklärt Pfarrer Steffen Kaupp vom Evangelischen Jugendwerk: „Es ist eher ein Impuls für eine neue Verständniskultur, die sich an Jugendliche annähert.“
Keiner hat dies offenbar so verinnerlicht wie Pfarrer Ralf Vogel. Vielen Stuttgartern ist Vogel durch seine unorthodoxen Nachtschicht-Gottesdienste bekannt. Wenige wissen, dass die andere Hälfte seiner Tätigkeit seit September 2012 der Konfirmandenarbeit in Stuttgart gewidmet ist. Und mit dieser Arbeit hat er große Erfolge erzielt. „Gerade in Obertürkheim, wo wir wenig Jugendliche haben, bricht uns nach der Konfirmation kaum einer weg“, sagt er stolz.
Seine Erfolgsformel hat er in einem Artikel in der Studie „Brücken und Barrieren“ veröffentlicht. Sein Credo in Kurzform: „Konfirmanden- und Jugendarbeit müssen Hand in Hand gehen. Es muss neben dem Pfarrer weitere Ansprechpartner geben.“ Die Zauberworte lauten: individuelle Betreuung und Beziehungen aufbauen. Vogel: „Wir nennen dies Kuschelgruppen, wo man sich themen- und geschlechtsspezifisch austauschen kann.“ Auch die Gottesdienste laufen nach diesem Muster ab: „Ich spreche Jugendliche dort direkt an – und lasse sie aktiv teilnehmen. Nur wenn ich sie mit ins Boot nehme, profitieren sie auch davon.“ Übrigens: Das oft verwendete Kontroll- und Teilnahmebüchlein mit der Unterschrift des Pfarrers hat Vogel abgeschafft. „Von diesem Zwang halte ich nichts“, sagt er. Auch den Konfi-Unterricht hat er vom klassischen Mittwoch aufs Wochenende verschoben. Vogels Begründung: „Nur da haben auch meine ehrenamtlichen Mitarbeiter Zeit.“
Wer sich vom Sinn und vom Nutzen seiner Strategien überzeugen will, den lädt Vogel zum sogenannten Konfi-Laboratorium ein: „Da können Kollegen sehen, wie wir arbeiten“, sagt er und merkt selbstbewusst an: „Wir sind bereits einen tollen Weg gegangen, jetzt wollen wir daraus Standards entwickeln.“ In Obertürkheim soll man lernen, wie Brücken geschlagen und Barrieren abgebaut werden.
Brücken und Barrieren. Jugendliche auf dem Weg in die Evangelische Jugendarbeit. 384 Seiten, 19,90 Euro. Verlag buch + musik/ Neukirchener 2013.
Sie können mehr von den Nachrichten auf lesen quelle
Zu Spitzenzeiten der Coronavirus-Pandemie blieben Schulen geschlossen. Kinder und Jugendliche wurden digital unterrichtet. Bildungsministerin Stark-Watzinger sieht in der Retrospektive vor allem die „gravierenden Nebenwirkungen“ der Maßnahme. Das soll sich nicht wiederholen.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat vor erneuten breiten Schulschließungen zur Eindämmung des Coronavirus gewarnt. „Im Ergebnis waren die flächendeckenden Schulschließungen ein Fehler, den wir nicht wiederholen dürfen“, sagte die FDP-Politikerin im Rückblick auf die vergangenen zwei Pandemie-Jahre. „Es darf keine flächendeckenden Schulschließungen mehr geben.“
Bettina Stark-Watzinger (FDP)
Es gibt Studien, die zeigen, dass es etwa im Bereich der Lesekompetenz von Viertklässlern bis zu sechs Monate Rückstand gibt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Stark-Watzinger verwies auf „gravierende Nebenwirkungen“ wie Gewichtszunahme, psychische Auffälligkeiten und Vereinsamung sowie auf deutliche Lernrückstände bei Kindern und Jugendlichen. „Es gibt Studien, die zeigen, dass es etwa im Bereich der Lesekompetenz von Viertklässlern bis zu sechs Monate Rückstand gibt.“ Zudem gehe es um Bildungsgerechtigkeit. So seien junge Menschen, die zu Hause Unterstützung bekämen und gut selbstorganisiert lernen könnten, besser durch die Pandemie gekommen als diejenigen ohne diese Voraussetzungen.
Im Frühjahr 2020 sowie im folgenden Winter und Frühjahr 2021 hatten die Bundesländer zur Eindämmung der Pandemie ihre Schulen monatelang geschlossen oder nur eingeschränkt im Betrieb. Im vergangenen Winter verhinderte dann eine auf starkes Betreiben der FDP beschlossene Änderung des Infektionsschutzgesetzes die Möglichkeit, Schulen erneut flächendeckend zu schließen. In den Klassen kam es aber über Wochen hinweg zu zahlreichen Ausfällen von Lehrkräften und Schülern wegen vieler Corona-Infektionen und aufgrund der Quarantänevorschriften.
Ampelkoalition plant Startchancen-Programm
Um die entstandenen Bildungsrückstände abzubauen und die sozialen und psychischen Probleme in Folge der Pandemie abzufedern, legte der Bund ein Corona-„Aufholprogramm“ über zwei Milliarden Euro auf für Lernförderprogramme und die Aufstockung sozialer Projekte für Kinder, Jugendliche und Familien. Die Kultusminister der Länder forderten zuletzt, dieses Programm zu verlängern und um weitere 500 Millionen Euro aufzustocken.
Stark-Watzinger sagte dazu: „Der Bund hat den Ländern zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die noch gar nicht komplett ausgegeben sind. Insofern sollte dieses Geld zunächst eingesetzt werden.“ Als Möglichkeit hierfür nannte sie die Aufarbeitung der Corona-Folgen, aber auch einen langfristigen Prozess. „Und da bin ich mir einig mit der Kultusministerkonferenz. Wir müssen allerdings über den richtigen Weg beraten.“
Die Ministerin sprach sich dafür aus, Schülerinnen und Schüler „sehr gezielt“ zu unterstützen und warb für das sogenannte Startchancen-Programm, das die Ampelkoalition plant. Mit diesem Programm sollen bundesweit 4000 Schulen „in besonders schwierigem Umfeld“ unterstützt werden, mit mehr Geld, zusätzlichen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und besserer Infrastruktur.
Welche Schulen das sein werden, nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden und um wie viel Geld es sich handeln wird, darüber sei man im intensiven Austausch mit den Bundesländern, sagte Stark-Watzinger. Sie kündigte ein Konzept bis zum Herbst an. Dann kenne man auch die Größenordnungen. „Wir werden jetzt also in die konkrete Planung gehen und die Länder dabei einbinden.“
Sie können mehr von den Nachrichten auf lesen quelle
Das hellblaue Wasser glitzert im Licht der Abendsonne, die für jedes Theaterstück eigens gebaute Bühne steht am Bodenseeufer, die Stimmen des Publikums verklingen, und die Schauspieler sind bereit. Die Atmosphäre ist voller Vorfreude und gespannter Erwartung. Jeden Sommer von Juli bis August führt das Schweizer See-Burgtheater im Kreuzlinger Stadtpark ausgewählte Stücke vor. Die Tribüne besteht aus zehn Reihen und sichert 400 Zuschauern den Blick auf das Bühnenbild mit dem See im Hintergrund. Sie wird nach dem Festspiel wieder abgebaut. Ein Bistrozelt verkauft regionale Produkte, wie selbst gebrautes Bier, Würstchen und Brezeln. Der Park ist ein Ort des Zusammenkommens: Es gibt das Schloss Seeburg, das Seemuseum, Tierpark, Spielplatz, Tennis- und Minigolfplätze sowie ein Restaurant.
Das in den Neunzigerjahren von Gregor Vogel und Hans-Ruedi Binswanger gegründete Theater spielte zu Beginn im Schloss Seeburg und zog nach einigen Jahren an das 30 Meter entfernte Ufer um. Die Mitbegründerin Astrid Keller machte mit ihrem Mann Leopold Huber das Theater groß, nachdem sie 1994 offiziell die Leitung übernommen hatte. Als Ko-Leiterin, Regisseurin und Schauspielerin ist sie in alle Entscheidungen eingebunden. Seit 1976 ist die heute 65-Jährige „mit Aufs und Abs“ in der Theaterbranche tätig. Ein „Ab“, das Keller noch lange nach dem Vorfall beschäftigte, hatte sich während des Stückes „Land ohne Worte“ von Dea Loher ereignet. Während die Schauspielerin einen eineinhalbstündigen Monolog hielt, erlitt einer der Zuschauer einen Herzinfarkt. Die Situation zwischen Fiktion auf der Bühne und der Begebenheit im Publikum war verwirrend. „Ich spielte etwas auf der Bühne, einem Zuschauer ging es schlecht, aber ich konnte nicht fragen, ob er Hilfe brauche, weil ich wegen des Theatergesetzes weiterspielen musste.“ Das Theatergesetz besagt, dass keiner auf der Bühne das Spiel abbrechen darf. Die einzige dazu berechtigte Person ist der Abendspielleiter. Die gebürtige Schaffhauserin absolvierte eine Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien und spielte bisher mehr als 150 Rollen. Highlights waren das von ihr inszenierte Stück „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ im See-Burgtheater und „Der Bettelstudent“ in Vaduz. Aber auch andere nationale und internationale Schauspieler aus der Schweiz, Deutschland und Österreich wirken in den Vorstellungen mit. Klassiker wie „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch, Brechts „Dreigroschenoper“ und „Die Schweizermacher“ von Rolf Lyssy führte das Theater bereits auf.
Bis die Mikrofone ausgehen
Das Konstanzer Stadttheater in der deutschen Nachbarstadt, das ebenfalls jeden Sommer am Münsterplatz Freilichtvorstellungen gibt, stelle keine Konkurrenz dar: „Eine Gegend kann nicht genug Theater haben.“ Die Mutter von drei erwachsenen Kindern sagt, dass das Schauspiel sich letztendlich qualitätsmäßig durchsetzen muss, „wenn man nicht gut genug ist, kommen die Leute nicht“. Damit die Worte der Schauspieler auch die letzten Reihen erreichen, werden die ausgebildeten Stimmen über Mikrofone verstärkt. Das war aber nicht immer so: Eine lange Zeit hatte das See-Burgtheater keine Mikrofone, weswegen die Schauspieler häufig schreien mussten. Heute ist das Ensemble glücklich darüber, Mikrofone nutzen zu können, über die Variation der Tonlage kann der Schauspieler seine Rolle gestalten. „Durch die Schreierei ist viel von der Interpretation der Rollen weggenommen worden“, sagt die Frau mit dem grauen Bob. Schlechtes Wetter macht den Schauspielern keine Angst: „Wir spielen, bis die Mikrofone ausgehen.“ Tatsächlich werden die Schauspieler sogar sehr oft nass, aber daran sind sie gewöhnt. Zum Beispiel gab es 2021 bei 18 von 20 Aufführungen des Stücks „Die Schweizermacher“ immer wieder Regenschauer. Bei starken Stürmen muss die Vorstellung aufgrund der hohen schwankenden Laubbäume, die das Areal umgeben, jedoch abgebrochen werden.
Sie können mehr von den nachrichten auf lesen quelle
Für manche ist es Beweis für das enorme Potenzial, das im deutschen Bus- und Bahnverkehr steckt. Andere sehen es als Beleg für dessen strukturelle Verdorbenheit. Das 9-Euro-Ticket für den deutschen Nahverkehr hat in den vergangenen Wochen immer wieder für überfüllte Züge gesorgt, einzelne Bahnen mussten sogar gestoppt und geräumt werden. Für die Jugendorganisation der Grünen sind 30 Prozent mehr ÖPNV-Nutzer ein Hoffnungsschimmer: Sie will das 9-Euro-Ticket verlängern. Mobilität sei eine Frage der gesellschaftlichen Teilhabe und müsse deshalb erschwinglich sein, schreibt die Grüne Jugend in einem Forderungspapier, das ntv vorliegt. Bereits durch die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen wie des Dienstwagenprivilegs, des Dieselprivilegs und der Steuerbefreiung für Kerosin sei das zu finanzieren.
Sie können mehr von den Nachrichten auf lesen quelle