Massenpsychose: Wenn die ganze Clique Krämpfe bekommt

Mysteriöse Krämpfe, ein Zucken des Gesichts und seltsame Anfälle: Gleich 15 Mädchen im Teenager-Alter melden sich mit Tourette-ähnlichen Symptomen in Le Roy im Staat New York. In diesem und in weiteren, ähnlichen Fällen finden die Ärzte trotz intensiver Untersuchungen keinerlei körperlichen Ursachen. Sie kommen zu dem Schluss, dass es sich um Ausbrüche von Massenpsychose handeln muss. Was dahinter steckt und warum meistens Mädchen betroffen sind.

Körperliche Symptome ohne greifbare Ursache

Bei diesem Phänomen, das zu den Konversionsstörungen gezählt wird, berichten mehrere Menschen von denselben nicht greifbaren Krankheitssymptomen. Die Betroffenen leiden tatsächlich an diesen Symptomen, die Ursache wird als rein psychisch vermutet. Die Diagnose fällt oft erst, wenn alle anderen potenziellen Gründe ausgeschlossen wurden. Oft stoßen die Experten in dem Zusammenhang auf irgendeine Art von Stress in der Vorgeschichte.

Warum vor allem Mädchen betroffen sind

Das Krankheitsbild an sich ist häufig – in einzelnen Fällen. Massenausbrüche hingegen sind selten, jedoch weltweit immer wieder aufgetreten. Im Jahr 2007 litten rund 600 Internatsschülerinnen in Mexiko an Fieber, Übelkeit und einknickenden Knien. Zahlreiche Tests stießen auf keine physische Erklärung oder Einflüsse von Schadstoffen. Meist sind weibliche Personen betroffen, häufig Jugendliche. Über die Gründe rätseln die Forscher noch. Einige vermuten, es habe damit zu tun, wie Mädchen erzogen werden, mit Stress umzugehen. Andere geben zu bedenken, dass Mädchen und Frauen möglicherweise eher medizinische Hilfe suchen und daher diese Fälle eher registriert werden.

Symptome reichen von Übelkeit bis zu Lähmungen

Bei den Ausbrüchen wurden schon viele verschiedene Symptome genannt, darunter Übelkeit, Lähmungen oder der Verlust des Sehvermögens. Wie bei ansteckenden Krankheiten scheint zunächst oft nur eine Person betroffen zu sein, dann folgen Bekannte. Fachleute vermuten, dass beim ersten Fall häufig körperliche Ursachen vorliegen, bei den folgenden Patienten aber eine unterbewusste Nachahmung. Immer wieder wird vermutet, dass die Erkrankung vorgetäuscht sei. Doch die Experten gehen davon aus, dass die Symptome echt sind und von den Patienten nicht bewusst kontrolliert werden können.

Die ganze Schule nach Schadstoffen abgesucht

Im Fall von Le Roy wurde die Schule auf den Kopf gestellt. Weder Formaldehyd noch Kohlenmonoxid oder Kohlendioxid, weder Schimmel noch Lösungsmittel oder sonstige Umweltursachen wurden gefunden. Sogar die bekannte Umweltaktivistin Erin Brockovich schaltete sich ein. Doch auch ihre Befürchtung, der Unfall eines Zuges mit Chemikalien 1970 habe das Grundwasser belastet, bestätigte sich nicht.

Ventil für verdrängte seelische Erschütterungen?

Die Erklärung, dass es sich um eine von Stress ausgelöste psychische Erkrankung handeln müsse, war für einige der Mädchen und ihre Eltern schwer zu fassen. „Ich will eine Antwort, eine klare Antwort“, erklärte eines der Mädchen im Fernsehen. Bei der Neurologin Jennifer McVige wurden zehn der betroffenen Schülerinnen vorstellig. „Bei allen der Kids war etwas Größeres vorgefallen“, bemerkte die Ärztin, „etwa eine Scheidung der Eltern oder eine andere erschütternde Situation.“

Aufmerksamkeit der Medien verstärkt die Symptome

Frühere Ausbrüche verschwanden in der Regel nach einigen Wochen oder innerhalb weniger Monate. In Le Roy tauchten die meisten Fälle Anfang des Jahres auf, bald darauf zeichnete sich eine Besserung ab. Als die Medien sich jedoch zunehmend dafür interessierten, wurden die Symptome bei etwa der Hälfte der Betroffenen wieder schlimmer.

Merkwürdig: Beim Schminken hört das Zucken auf

Ein BBC-Bericht über die mysteriöse Krankheit entlockte den Experten Lachen: Darin war ein Mädchen mit zuckendem Arm zu sehen, das sich plötzlich ruhig und kontrolliert die Augen schminken konnte. Als sie fertig war, fing das Zucken wieder an. Das weise darauf hin, dass es sich nicht um eine wirkliche neurologische Störung handeln könne, erklärte José Maldonado, der Leiter der psychosomatischen Abteilung der Stanford-Universität. Das bedeute aber nicht, dass das Mädchen etwas vorspiele. „Ich sage nicht, dass sie vortäuscht. Ich sage nur, dass es nicht neurologisch aussieht.“

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