Mehr als 400 Festnahmen: Nächtliche Unruhen in Frankreich halten an

Die fünfte Nacht in Folge kommt es in Frankreich zu Ausschreitungen. Unter anderem in Marseille liefern sich Polizei und Jugendliche Straßenkämpfe. So wie es aussieht, ist die Lage jedoch etwas ruhiger als in den vier Nächten zuvor.

Die Unruhen in Frankreich nach dem Tod eines 17-Jährigen durch eine Polizeikugel haben sich die fünfte Nacht in Folge fortgesetzt – die Gewalt nahm dabei aber offenbar ab. Mindestens 427 Menschen seien landesweit festgenommen worden, twitterte Innenminister Gérald Darmanin am frühen Morgen. Trotz alledem sei die Nacht „dank des entschlossenen Vorgehens der Ordnungskräfte“ eine ruhigere gewesen. In der Vornacht hatte es landesweit mehr als 1300 Festnahmen gegeben.

Die weltberühmte Pariser Einkaufsmeile Champs Élysées wurde von einem großen Polizeiaufgebot unter Einsatz von Tränengas geräumt, wie „Le Figaro“ berichtete. Auch in Lyon und Nizza kam es erneut zu Plünderungen. In Marseille lösten die Sicherheitskräfte Ansammlungen junger Menschen im Stadtzentrum auf. Die Gruppen der Protestierenden waren demnach kleiner als in der Nacht zuvor. Die Polizei feuerte Tränengas ab und lieferte sich bis spät in die Nacht Straßenkämpfe mit Jugendlichen.

Auf dem Prachtboulevard Champs-Elysées in Paris war die Präsenz der Sicherheitskräfte massiv. Kleine Gruppen von in Schwarz gekleideten jungen Männern liefen unter den Augen der Polizisten an den Geschäften entlang, die durch Gitter und Holzplanken vor Plünderungen geschützt waren. Gegen 01.30 Uhr begannen die Sicherheitskräfte damit, die letzten verbliebenen Gruppen von Protestierenden aufzulösen.

45.000 Sicherheitskräfte mobilisiert

Innenminister Darmanin hatte am Samstagabend angekündigt, dass landesweit wieder 45.000 Polizisten und Gendarmen mobilisiert würden – dieselbe Zahl wie in der Nacht zuvor. Wie schon am Vorabend wurde landesweit der Verkehr von öffentlichen Bussen sowie von Straßenbahnen eingestellt. Örtliche Behörden im gesamten Land verboten Demonstrationen. In der Nacht zum Samstag waren nach Angaben der Behörden bei den Krawallen 1350 Fahrzeuge angezündet, 266 Gebäude in Brand gesetzt oder beschädigt sowie 2560 Brände auf Straßen gelegt worden. 79 Polizisten und Gendarmen wurden demnach verletzt.

Die Proteste und Ausschreitungen waren durch den Tod des 17-jährigen Nahel M. ausgelöst worden. Der Jugendliche, dessen Familie aus Algerien stammt, war am Dienstag bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre von einem Polizisten erschossen worden.

17-Jähriger im engsten Familienkreis bestattet

Der 17-Jährige wurde am Samstagnachmittag in seiner Heimatstadt Nanterre unter Ausschluss der Medien bestattet. Die Anwälte der Familie hatten im Vorfeld an die Medien appelliert, den Trauerfeierlichkeiten fernzubleiben. Der Tod des Jugendlichen ließ den Groll vieler Menschen gegen mutmaßliches „racial profiling“ der Polizei in den einkommensschwachen und multikulturellen Vororten Frankreichs wieder aufflammen. Von „racial profiling“ ist die Rede, wenn Menschen wegen ihrer äußeren Merkmale, etwa der Hautfarbe, kontrolliert werden. Der mutmaßliche Schütze sitzt in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags.

Präsident Emmanuel Macron verschob wegen der Krawalle einen ab Sonntag geplanten Staatsbesuch in Deutschland. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte dafür „vollstes Verständnis“, wie es in Berlin hieß. Der Staatsbesuch sollte bis Dienstag dauern und war von langer Hand vorbereitet worden. Nach Einschätzung des SPD-Außenpolitikers Michael Roth stellen die schweren Ausschreitungen eine Gefahr für die „Stabilität des Landes“ dar. Der französische Staat müsse „mit aller Konsequenz“ gegen die Gewalt vorgehen, denn „die Sicherheit vieler Menschen und die Stabilität des Landes stehen auf dem Spiel“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag der „Bild am Sonntag“.

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