Neue Regeln bei U21-WM – ATP testet die Tennis-Revolution


Die besten acht U21-Profis spielen in Mailand um den Titel. Zumindest in der Theorie. In der Praxis fehlt der Allerbeste, denn Alexander Zverev hat sich für das große ATP-Finale in London qualifiziert und seinen Start bei der Version für die „Kleinen“ abgesagt. So müssen die Zuschauer in Mailand mit den drei Russen Andrej Rublew, Karen Katschanow und Daniil Medwedew, dem Kanadier Denis Shapovalov, dem Südkoreaner Hyeon Chung, dem US-Amerikaner Jared Donaldson, dem Kroaten Borna Coric und Lokalmatador Gianluigi Quinzi vorlieb nehmen – und sich an ganz neue Regeln gewöhnen.

Seit Jahren gibt es im Tennis Gedankenspiele, die Matches zu verkürzen und für TV-Zuschauer attraktiver zu machen. Bei Showturnieren werden immer wieder neue Formate getestet. Auch bei den „ATP Next Gen Finals“ geht es nicht um Weltranglistenpunkte. Und so wird die inoffizielle U21-WM zum Versuchslabor.

In Mailand geht es über fünf Gewinnsätze. Um sich einen Satz zu holen, muss der Spieler aber nur vier Spiele gewinnen statt wie üblich sechs. Steht es 3:3, geht es in den Tiebreak. Zudem gibt es, wie das im Doppel schon seit Jahren praktiziert wird, keinen Einstand mehr. Steht es in einem Aufschlagspiel 40:40, entscheidet also der nächste Punkt. Wie in offiziellen Turnieren hat der Aufschläger 25 Sekunden Zeit, um wieder zu servieren. Doch anders als auf der ATP-Tour steht in Mailand eine Stoppuhr auf dem Platz, die für alle hörbar gnadenlos runtertickt und eine deutlich strengere Regelauslegung mit sich bringt. Zudem ist die Einschlagphase kürzer.

Keine Linienrichter, Coaching ist erlaubt

Doch die neuen Regeln gehen noch weiter. So wird einfach weitergespielt, wenn der Aufschlag die Netzkante berührt. Zudem dürfen die Trainer mit den Spielern kommunizieren und ihnen taktische Tipps geben. Die Zuschauer dürfen auch während der Ballwechsel einfach auf den Tribünen herumwandern – eigentlich ein klarer Bruch der Etikette im Tennis.

Mit Spannung wird eine weitere Änderungen erwartet. Den Linienrichter wird man während der Veranstaltung vergeblich suchen. Stattdessen wird das sogenannte Hawkeye durch einen Ton anzeigen, wenn ein Ball im Aus war. Bislang wurde dieses System nur angewendet, um Entscheidungen der Linienrichter nachträglich zu überprüfen.

ATP-Präsident Chris Kermode ist überzeugt, dass sich im Tennis etwas ändern muss. „Die Sport- und Unterhaltungslandschaft befindet sich in einem rasanten Wandel und auch die Art, wie Fans den Sport konsumieren, ändert sich“, erklärt der Brite. „Bei dem Event geht es nicht nur um die nächste Generation von Spielern, sondern auch um die nächste Generation von Fans.“

Bei der aktuellen Fan-Generation werden die Änderungen aber skeptisch gesehen. „Ihr macht unseren Sport kaputt“, lautet der Vorwurf vieler Anhänger in den sozialen Netzwerken. Positive Reaktionen gibt es nur wenige. Auch die Spieler äußerten sich verhalten. „Manche Änderungen sind vernünftig und werden von der Mehrheit der Spieler akzeptiert. Andere eher weniger“, sagte Novak Djokovic, als er im Mai auf die neuen Regeln angesprochen wurde.

The ATP NextGen Milan draw ceremony made players select models to determine their groups. Stunningly uncomfortable, cringeworthy and trashy. pic.twitter.com/g63OfK5IOK

— Ben Rothenberg (@BenRothenberg) November 5, 2017

Auch der Weltranglisten-Erste Rafael Nadal hatte sich in der Vergangenheit vor allem zur Stoppuhr kritisch geäußert. „Es geht doch darum, was die Fans wollen. Wenn sie kurze Punkte befürworten, bei denen die Spieler nicht viel nachdenken und nur auf Winner gehen, ist die Shot Clock vielleicht gut. Du kannst aber keine Rallys mit 50 Schlägen erwarten, wenn du in 25 Sekunden bereit für den nächsten Punkt sein musst.“

Bei aller Skepsis: Welches Turnier wäre besser geeignet, um neue Regeln auszutesten, als die Show-WM der Jungprofis? Das neue Event steht aber seit Sonntag aus einem anderen Grund unter keinem guten Stern. Bei der Auslosung wurden die Spieler den zwei Gruppen zugelost, indem sie sich für ein weibliches Model entscheiden mussten. Für diesen gar nicht modernen Sexismus ernteten die Veranstalter den nächsten Shitstorm.

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