„Sehr heterogene Gruppe“: Beratungsstelle erwartet IS-Rückkehrer


Sie beraten Familien, in denen sich Jugendliche radikalen Islamisten anschließen wollen oder dies schon getan haben. Nun bereiten sich die Experten des Deradikalisierungs-Netzwerks darauf vor, dass mehr Kämpfer aus Syrien und dem Irak nach Deutschland zurückkehren.

Islamismus-Experten bereiten sich nach den immensen Gebietsverlusten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf eine zunehmende Rückkehr von IS-Kämpfern sowie deren Frauen und Kindern aus bisherigen Kampfgebieten in Syrien und im Irak vor. „Dieses Thema wird 2018 vermehrt auf die Sicherheitsbehörden, aber auch auf das Beratungsnetzwerk zukommen“, sagte der Leiter der Beratungsstelle Radikalisierung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Florian Endres.

Florian Endres von der Beratungsstelle Radikalisierung in Nürnberg.

„Wir versuchen derzeit, dafür bestehende Strukturen weiter auszubauen“, so Endres. Die unterschiedlichen Behörden müssten bei diesem Thema eng zusammenarbeiten. Mit Blick auf die Kinder müssten vor allem die Jugendämter eingebunden und unterstützt werden, sagte Endres. „Wir müssen zur Bearbeitung dieser Fälle möglichst breit aufgestellt sein.“ Erst kürzlich war das Kind einer im Irak inhaftierten deutschen mutmaßlichen IS-Anhängerin nach Deutschland gebracht worden.

Die Bundesregierung vermutete zuletzt, dass mehr als 100 Kinder von ausgereisten IS-Anhängern in die Heimat zurückkehren könnten. Mit dem Thema Rückkehr befassen sich die Deradikalisierungs-Berater laut Endres schon seit längerem. „Seit 2014/2015 gibt es hier erste Erfahrungen mit einzelnen Rückkehrern.“ Bei diesen ehemaligen Kämpfern seien die Familienangehörigen meist schon zum Zeitpunkt der Ausreise in Kampfgebiete betreut worden. „Man hat sich also seit längerem auf die Rückkehr vorbereitet.“

Rückkehrer sind eine „sehr heterogene Gruppe“

Die Berater helfen Familien, in denen junge Leute in die salafistische Szene abdriften. Der Salafismus ist eine besonders konservative Ausprägung des Islam und gilt als ein wesentlicher Nährboden für Terrorismus. Am häufigsten rufen verzweifelte Mütter bei der Hotline an, danach kommen Lehrer und Behördenmitarbeiter. Etwa 950 Islamisten aus Deutschland sind über die Jahre in Richtung Syrien und Irak ausgereist, um sich dort der Terrorgruppe Islamischer Staat anzuschließen. Mindestens 145 von ihnen sind tot, ein Drittel ist wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Doch nur ein eher kleiner Teil von ihnen befinde sich in Deradikalisierungs-Programmen, sagte Endres.

Die Rückkehrer seien eine „sehr heterogene Gruppe hinsichtlich der Alterszusammensetzung, der Motivation der Rückkehr und der Erfahrungen in den Kampfgebieten“, sagte Endres. Für jeden Einzelfall sei daher eine eigene Herangehensweise nötig. „Nicht jeder von ihnen ist ausstiegswillig oder geläutert.“ Eine enge Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden sei nötig „und die findet auch statt“. Endres räumte zugleich ein, dass die Beratungsstellen vermutlich nicht jeden Rückkehrer deradikalisieren oder zum Ausstieg bringen könnten.



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