ADHS-Report: Zahl der Diagnosen steigt weiter

Dafür, dass ADHS eine Modeerscheinung sein soll, hält sich das Krankheitsbild nun schon zu lange. Immer wieder wird die Diagnose Aufmerksamkeitsstörung von Experten angezweifelt und diskutiert. Jetzt stellt die Barmer Krankenkasse wieder einen Anstieg der Diagnosen fest.

Jeder Zappelphilipp wurde vor ein paar Jahren noch als ADHS-Kind abgestempelt. Zu schnell und zu häufig, wie viele fanden. Vor allem das umstrittene Ritalin wurde zu rasch verordnet, so die Kritik.

Mittlerweile wurde es ruhiger um das Thema Hyperaktivität. Doch die neue Barmer-Studie könnte die Diskussion um ADHS und Ritalin wieder anfachen.

Der Report der Barmer GEK thematisiert die auffällige Zunahme von Diagnosehäufigkeiten. Auch gebe es erhebliche regionale Unterschiede bei der Häufigkeit der ADHS-Diagnosen und bei Verordnungen von Methylphenidat – besser bekannt unter dem Handelsnamen Ritalin.

Der aktuelle Arztreport bezieht Daten bis zum Jahr 2014 ein und basiert auf den Versicherten der Barmer GEK. Gesamtzahlen für ganz Deutschland haben die Macher der Studie aus den Versichertendaten hochgerechnet.

Das sind die Trends bei ADHS-Diagnosen

ADHS-Diagnosen wurden auch in den letzten Jahren altersübergreifend noch häufiger als im Jahr 2011 dokumentiert. Der Anstieg um 11,6 Prozent von 2011 bis 2014 betrifft allerdings ausschließlich Kinder im Alter ab etwa zwölf Jahren und dabei insbesondere ältere Jugendliche.

Innerhalb des Jahres 2014 wurde in Deutschland bei schätzungsweise 808.000 Menschen die „gesicherte“ Diagnose ADHS, beziehunsgweise der ICD10-Code F90 „Hyperkinetische Störungen“ dokumentiert. Diese Zahl entspricht einem Anteil von einem Prozent der Bevölkerung in Deutschland.

Vor allem Jungs sind betroffen

Am häufigsten waren auch im Jahr 2014 Jungen im Alter von zehn Jahren mit einem Anteil von 11,4 Prozent betroffen, im Jahr 2011 waren es noch 11,9 Prozent.

Mädchen erhalten deutlich seltener die Diagnose ADHS: Am häufigsten wurde sie im Jahr 2014 bei Mädchen im Alter von neun Jahren gestellt, nämlich bei 4,3 Prozent der Mädchen.

Mehr Ritalin für ältere Kinder

Seit 2011 wird Kindern unter 15 Jahren seltener Ritalin verordnet. Doch in höheren Altersgruppen ist es – mitbedingt durch veränderte Verordnungsmöglichkeiten – zu einem Anstieg der Verschreibungsraten gekommen. 

Quer durch alle Altersstufen erhielten im Jahr 2014 in Deutschland insgesamt schätzungsweise 330.000 Menschen ein Rezept für Ritalin. Am häufigsten bekamen Jungen im Alter von zwölf Jahren mit einer Behandlungsrate von 6,2 Prozent das Medikament, 2011 waren es bei Jungen im Alter von elf Jahren noch 6,9 Prozent.

Erst seit wenigen Jahren wird zur Behandlung der Symptome auch Dexamphetamin beziehungsweise Lisdexamfetamin eingesetzt. Dies ist erst eine Option, wenn andere Behandlungsversuche wirkungslos waren. Bislang erkennt die Barmer-Studie keine Zunahme der medikamentösen ADHS-Behandlung durch die neu verfügbaren Substanzen.

Insgesamt bekamen in Deutschland schätzungsweise 355.000 Menschen ein Medikament gegen ADHS verschrieben.

Regionale Unterschiede

Wie bereits im Jahr 2011 gab es auch im Jahr 2014 gravierende Unterschiede im Hinblick auf ADHS-Diagnoseraten sowie Methylphenidat-Verordnungen zwischen Kreisen und kreisfreien Städten. So wurde zum Beispiel auch im Jahr 2014 bei Kindern und Jugendlichen aus Würzburg eine ADHS-Diagnose noch mehr als 2,5 Mal häufiger als im Bundesdurchschnitt dokumentiert und rund drei Mal häufiger Ritalin verordnet.

Eine Ursache für diese deutliche Abweichung könnte darin liegen, dass die medizinischen Fakultät der Uni Würzburg genau auf diese Fachrichtung spezialisiert ist und in dem Gebiet eine hohe Zahl von Kinder- und Jugendpsychiatern tätig ist.

Das ist ADHS

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, ist im Wesentlichen eine Funktionsstörung im Gehirn. Die Hauptmerkmale sind Aufmerksamkeitsschwäche, Impulsivität und Hyperaktivität. Diese psychische Störung beginnt in der frühen Kindheit und kann bis in das Erwachsenenalter fortbestehen.

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