Leonberg – Hallo, bist du 16 und darfst schon wählen? Interessierst du dich für Kommunalpolitik?“, spricht der Stadtrat Frank Albrecht einen Jugendliche über das Mikrofon an. Der dreht sich zwar kurz um, geht aber ohne Antwort weiter. Gemeinsam mit Michael Moroff (CDU) und Birgit Widmaier (Grüne) hat Albrecht kurzfristig eine Wahlinformationsveranstaltung auf die Beine gestellt, die sich an Jugendliche richtet. Der Platz vor der Römergalerie scheint günstig gewählt. Die Schüler aus drei weiterführenden Bildungseinrichtungen gehen hier entlang auf dem Weg zum Bus oder ins Leo-Center. Um 13 Uhr an diesem Mittwoch haben viele Mittagspause.
Doch kaum einer bleibt stehen. Da helfen auch die Brezeln als Wahlkampfgeschenk wenig. „Sonst ist hier die Hölle los“, sagt Albrecht. Liegt es am tollen Wetter? Am knurrenden Magen? Am zu leisen Mikrofon? Oder interessiert die Jugendlichen die Kommunalwahl kein bisschen? Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Diejenigen, die stehen bleiben und den Kommunalpolitikern Fragen stellen, kann man an einer Hand abzählen. „Das interessiert mich schon. Aber ich bin auch stehen geblieben, weil es die Brezel für lau gibt“, sagt ein Gymnasiast. Dann verabschiedet er sich schnell, der Hunger ist trotz Backwerk noch nicht besiegt.
Zuvor hat er sich mit zwei Mitschülern angehört, warum den Stadträten, zu denen auch der Grüne Martin Riethmüller und Rüdiger Beising von der SPD gestoßen sind, die Interessen der Jugendlichen wichtig sind. Dass der Gemeinderat über viele Dinge entscheidet, die sie direkt in ihrem Lebensumfeld betreffen. Sei es, dass Sportstätten und Bäder gebaut und unterhalten werden oder ein Kino-Betreiber gesucht wird. „Wir wollen keinen Wahlkampf machen. Wir wollen, dass ihr wählen geht“, sagt der Salz-Mann Albrecht mehr als ein Mal an diesem Mittag. Ob es hilft? „Ich denke schon, dass ich wählen gehe“, sagt ein Schüler, aber es klingt wenig enthusiastisch. Ein junger Mann nimmt gern eine Brezel, aber für Politik hat er keinen Kopf. „Wir haben gerade Mathe-Prüfung geschrieben“, erklärt der Realschüler. Sein Kumpel meint: „Ich gehe nicht wählen. Es ändert sich doch eh nichts.“
Obwohl die Jugendlichen jetzt schon ab 16 Jahren wählen dürfen, hält sich die Begeisterung in Grenzen. „Sie sind sehr zurückhaltend, selbst wenn sie sich für das Thema interessieren“, meint Moroff. Zwei Mädchen mit Tüten einer Burger-Kette in der einen und einem Eis in der anderen Hand machen einen großen Bogen um die Kommunalpolitiker. Burger und Eis schlagen Wahlkampf-Brezel.
An diesem Mittag finden Politiker und Jungwähler kaum zueinander. „Warum kommt ihr nicht einfach zu uns an die Schule?“, fragt ein 16-Jähriger. Das geht nicht so einfach, antworten die Politiker. Dann müsste von jeder Partei und Liste jemand dabei sein.
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Wo früher heimlich eine Schachtel Zigaretten auf dem Schulhof herumgereicht wurde, beginnt die heutige digitale Generation Z das Rauchen mit einer E-Zigarette. Doch der Schritt zu einer Schachtel üblicher Glimmstängel ist kurz – und zunehmend gängige Praxis.
So fängt es heute an: Mit einem knallbunten Vape kommt der Jugendliche zum ersten Mal mit Nikotin in Berührung. Es schmeckt nach Cola oder Pfirsich-Maracuja. Der weiße Rauch sieht nicht so schlimm aus – und er riecht auch noch gut. Oder zumindest nicht nach Rauch. Die Einweg-Vapes, die wie Textmarker oder USB-Sticks aussehen, sind immer griffbereit und können leicht im Internet bestellt werden. Das Problem: „Sie werden komplett verharmlost“, erklärt Karin Vitzthum, Psychologin am Institut für Tabakentwöhnung und Raucherprävention im Vivantes Lungenkrebszentrum.
Denn damit ist es oft noch nicht getan. Schon bald wird aus dem Einweg-Vape eine richtige Zigarette. Und dann noch eine. Immer mehr junge Menschen greifen inzwischen zu Tabakprodukten. Das zeigen die neuesten Ergebnisse der Deutschen Erhebung zum Rauchverhalten (DEBRA-Studie). Demnach hat sich der Anteil der Tabakraucher unter den 14- bis 17-Jährigen in den vergangenen zwölf Monaten fast verdoppelt: von 8,7 auf 15,9 Prozent. Die Zahlen bedeuten hochgerechnet, dass es etwa 200.000 mehr minderjährige Raucherinnen und Raucher gibt als 2021. Seit Beginn der DEBRA-Studie im Jahr 2016 hat es noch nie so eine hohe Tabakraucherquote unter Jugendlichen gegeben wie jetzt.
Der Pandemie-Faktor
Noch können Forscher nicht genau sagen, warum junge Menschen wieder öfter zu Zigaretten greifen. Zeitlich gesehen kann man aber davon ausgehen, dass die Pandemie eine große Rolle bei der neuen, doch erschreckenden Statistik spielt. Der Lockdown, die geschlossenen Bars und Freizeiteinrichtungen boten wenig Möglichkeiten, sich auszutoben und neue Erfahrungen zu machen. „Die Jugendlichen wollen aber trotzdem ihre Grenzen austesten“, sagt Vitzthum.
Dafür eignen sich die kleinen Einweg-Vapes perfekt. Im Lockdown wurde ohnehin alles nach Hause geliefert, natürlich auch elektronische Zigaretten. Der Zugang war also schon mal gesichert. Der Umstieg auf die Packung Zigaretten fällt dann viel leichter, wenn man einmal den Nikotinrausch durch die Vapes kennt.
Hinzu kommt der Stressfaktor. Zwar wird ein gestresster Jugendlicher, der noch nie geraucht hat, nicht direkt zu Zigaretten greifen, um sich zu entspannen. Aber diejenigen, die rauchende Erwachsene um sich herum haben, haben während der Pandemie möglicherweise mehr Zigaretten zu Hause gesehen. Das Gleiche gilt übrigens auch für andere Rauschmittel wie Alkohol – Kinder und Jugendliche lernen früh, dass Tabak und Alkohol in stressigen Zeiten oft als Krücke für Erwachsene dienen. „Sie wachsen mit dem Wissen auf: Wenn es mir nicht gut geht, dann rauche ich eine“, erklärt Vitzthum.
Rauchen ist wieder cool
Diejenigen, die es nicht zu Hause sehen, bekommen es immer häufiger auf Netflix oder in den sozialen Medien gezeigt. Während in den 1980er- und 1990er-Jahren Werbeplakate das Rauchen als etwas Cooles zeigten, findet die Pop-Kulturalisierung des Rauchens heute in Serien und im Internet statt. Hauptfiguren von Netflix-Serien ziehen auf einmal wieder an einer Zigarette – und sie sind immer die Coolen. Auf Tiktok nuckeln viele Gamer und Influencer an den bunten Vapes.
Besonders im Alter von 13 und 14 Jahren spielt dieser Medienkonsum eine große Rolle, sagt Vitzthum. In diesem Alter wechseln die Jugendlichen von Kindersendungen zu Netflix. Während auf Kika Rauchen absolut tabu ist, greift die coole Hauptfigur Maeve in der Netflix-Show „Sex Education“ häufig zu einer Kippe. „Wenn ein Klima geschaffen wird, in dem Rauchen cool ist, kann sich sehr schnell eine Raucherepidemie im Freundeskreis entwickeln“, erklärt Vitzthum.
Je früher, desto schlechter
Doch nicht überall ist das Rauchen wieder cool. In Neuseeland rauchen 1,1 Prozent der Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren. Im Jahr 2006 lag die Zahl noch bei 14 Prozent. Das Land will eine praktisch rauchfreie Generation erziehen. Wer nach 2008 geboren ist, soll in dem Inselstaat niemals in seinem Leben legal Zigaretten kaufen dürfen. Das ist genau die Generation, die in Deutschland wieder verstärkt zu rauchen beginnt.
Im EU-Vergleich tut Deutschland sehr wenig, um eine wirksame Raucherentwöhnung zu unterstützen. In der Tabakkontrollskala liegt die Bundesrepublik auf Platz 34 von 37, hinter Ländern wie Zypern, Kroatien und der Ukraine. In Deutschland fehlen noch Maßnahmen wie neutrale Verpackungen und höhere Steuern: In Frankreich sehen inzwischen alle Zigarettenpackungen gleich aus – braun, mit einem Schockbild. Die Marke ist lediglich in kleinen Buchstaben vermerkt. In Irland kostet eine Schachtel Marlboro 13,78 Euro, in Frankreich 10 Euro – in Deutschland waren es 2021 nur 7 Euro.
Den Preis für die fehlenden Maßnahmen zur Raucherentwöhnung zahlen jetzt die Jugendlichen. Unter dem Hashtag #vaping finden sich auf Tiktok Millionen von Videos, die bisher insgesamt mehr als 2,5 Milliarden Mal angesehen wurden. Am bemerkenswertesten sind jedoch die kurzen Videos von Teenagern und jungen Menschen, die bereits versuchen, wieder mit dem Rauchen aufzuhören. Eine junge Frau nimmt ihre fast 75.000 Follower mit auf eine Reise, auf der sie versucht, vom Dampfen loszukommen. In den Kommentaren unter den Videos schreiben junge Nutzer und Nutzerinnen, dass sie auch gerne aufhören würden, es aber einfach nicht schaffen. Das, sagt Vitzthum, ist keine Überraschung. „Man rutscht leicht rein, aber nicht leicht wieder raus.“
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Der einschmeichelnde Klang der portugiesischen Gitarre stellt sich dem Trommeln des ununterbrochenen Regens auf das Dachfenster entgegen. In dem nur halb renovierten Wohnzimmer sieht man durch die Fenster den grauen Himmel über der Mündung des Douro. Nuno Alexandre spielt mit geblähten Nasenlöchern und einer selbst gedrehten Zigarette im Mund ein Paar Akkorde von klassischen Fadoliedern, an die er sich erinnern kann. „Hörst du, wie viel Gefühl hier drinsteckt?“, fragt der passionierte Spieler mit dem grauen Bart und den zerzausten Haaren. Er sitzt auf seinem abgewetzten Sofa und erklärt, was die portugiesische Gitarre von einer normalen unterscheidet. Als Erstes das besondere und weichere Timbre, das von den sechs doppelten Reihen von Metallsaiten erzeugt wird. Dann die einzigartige Form, die ihren Ursprung in der europäischen Zither der Renaissance hat.
Er liebt die Studenten-Fado-Serenaden
Die Studenten-Fado-Serenaden waren für ihn eine unvergessliche Erfahrung. Xandinho liebt die Portuenser Nächte, in denen sich Tausende, alle schwarz gekleidet, nahe der „Sé“, Portos Kathedrale, treffen, um traditionelle portugiesische Musik zu hören, die in ernstem und wehmütigem Ton gesungen und von der „guitarra portuguesa“ begleitet wird. „Für Tausende von Menschen zu spielen, die alle ganz still auf die Musik achten, ist ein unbeschreibliches Gefühl“, sagt er. „Verblüffend ist, wie sich die Leute hinterher bedanken.“ Statt zu klatschen, machen sie ein Geräusch mit dem Hals, so als ob man sich räuspern muss. Auf Portugiesisch heißt es „pigarrear“. Laut einer alten Geschichte konnten die Mädchen, denen die Serenaden von verliebten jungen Männern gewidmet waren, nicht klatschen, sonst hätten sie jemanden anderen in der Nacht aufgeweckt. Sie haben also diese Art von Dank erfunden. „Wenn Tausende Menschen es gleichzeitig machen, ist das Gefühl überwältigend.“
Rockige Mischung als „brutaler Zufall“
Trotz der klassischen Erfahrungen mit der portugiesischen Gitarre spielt Xandinho zurzeit in der Rockband 47 de Fevereiro, in der das traditionelle Instrument mit einem relativ modernen Musikstil kombiniert wird. Diese Mischung basiere auf einem „brutalen Zufall“. Einmal sei er mit der Gitarre zu einer Probe gekommen. Eines der Bandmitglieder hat vorgeschlagen, die portugiesische Gitarre hinzuzufügen. Mit der auf das Sofa gelegten Computermaus surft er durch den Streamingdienst Spotify auf dem großen Fernseher. Im Wohnzimmer hört man nun Carlos Paredes, einen der großen portugiesischen Gitarristen, bekannt als Mann mit den tausend Fingern. „Wenn du genau zuhörst, ist das Heavy Metal“, meint Xandinho und zeigt die Faszination für das Instrument. Mithilfe der großen Harmon/Kardon-Stereoanlage teilt er den Ton so, dass man nur die Gitarre hören kann. Mit geschlossenen Augen nimmt er die Musik und das damit verbundene Gefühl in sich auf.
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Die Ermittler im Fall des Messerangriffs in einem Regionalzug in Schleswig-Holstein haben erstmals Einzelheiten zu den Identitäten der Verletzten bekannt gegeben. Drei Personen liegen demnach noch in Krankenhäusern – für zwei Jugendliche gibt es hingegen Entwarnung.
Nach dem Messerangriff eines 33-Jährigen in einem Zug in Schleswig-Holstein werden weiterhin drei Verletzte in Krankenhäusern behandelt. Es handle sich um zwei Frauen im Alter von 27 und 54 Jahren sowie einen 62-jährigen Mann, teilte die Polizei in Itzehoe mit. Sie seien „bei Bewusstsein und derzeit stabil“. Zwei weitere Verletzte seien inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden. Bei ihnen handle es sich um zwei junge Männer im Alter von 22 Jahren.
Damit veröffentlichten die Ermittler zugleich erstmals Einzelheiten zu den Identitäten der Verletzten der Attacke, bei der eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger getötet worden waren. Wie die beiden Getöteten stammen die meisten Verletzten demnach aus Schleswig-Holstein, lediglich die noch im Krankenhaus behandelte 27-Jährige kommt aus Hamburg.
Ein wenige Tage zuvor in Hamburg aus Untersuchungshaftanstalt entlassener wohnsitzloser 33-Jähriger hatte in einem Regionalexpress zwischen Kiel und Hamburg auf Fahrgäste eingestochen. Er wurde von Passagieren überwältigt und nach einem Stopp des Zuges im Bahnhof von Brokstedt von Polizisten festgenommen. Der Mann sitzt wegen des Verdachts des zweifachen Mordes und mehrfachen versuchten Totschlags inzwischen in Untersuchungshaft. Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen seit 2014 in Deutschland lebenden staatenlosen Palästinenser, der wiederholt straffällig wurde. Er lebte zunächst in Nordrhein-Westfalen, später in Schleswig-Holstein und Hamburg.
In der Woche vor der Tat wurde er in Hamburg aus einer etwa einjährigen Untersuchungshaft entlassen. Hintergrund war eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung wegen einer gefährlichen Körperverletzung. Die Motive des Verdächtigen sind nach Angaben der Ermittler bislang völlig offen. Hinweise auf einen etwaigen terroristischen Hintergrund gibt es demnach nicht, ebenso fehlen Hinweise auf eine möglicherweise geplante Tat.
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